Mittwoch, 21.09.2016:

Wecker wieder um 7 Uhr, flott aufgestanden, alle Taschen gepackt und, da das Frühstück ja erst um 8:30 Uhr fertig ist, schon mal das Fahrrad beladen und alles verzurrt. Das Fahrrad konnte ich übrigens wunderbar im Gartenschuppen der Bergbauern Pension unterbringen. Prima. Dann noch gefrühstückt. Diesmal sogar etwas mehr als sonst und nur eine belegte Semmel eingepackt, da ich ja heute mit dem Rad nur eine Halbtagesetappe vor mir habe. Da es nämlich in Oberstdorf keine Mietwagenstation gibt, muss ich heute nach Kempten zurück.

Losgefahren bin ich dann um 9:20 Uhr, was noch gut in der Zeit war, allerdings musste ich erst noch in der Tourismus-Info vorbei, um meinen Zipfelpass abstempeln zu lassen. Der Zipfelpass ist eine Besonderheit der vier Gemeinden an den äußersten Ecken Deutschlands. Bekommen habe ich ihn damals in Görlitz in Sachsen, welches ganz im Osten liegt. Im Süden ist es Oberstdorf, und da ich hier ja übernachtet habe, konnte ich mir den entsprechenden Stempel abholen. Im Norden ist es leider nicht Flensburg, sondern List auf Sylt, und im Westen ist es die Gemeinde Selfkant. Da war ich zwar neulich zweimal auf Radtouren zum Training, aber ohne Übernachtung, weil ich dafür zu nah dran wohne. – Ist natürlich eigentlich völlig unwichtig, aber der Mensch ist ja nun mal Jäger und Sammler… daher macht Stempelsammeln natürlich schon irgendwie Spaß. Mal sehen, ob/wann ich mal nach List komme und ob vielleicht mal eine Übernachtung im Selfkant drin ist. We’ll see…

Der Weg die Iller runter lief übrigens wesentlich besser als rauf. Insbesondere die ersten ca. 20 km von Oberstdorf aus laufen super, weil es auf der Strecke ca. 70 Höhenmeter Gefälle gibt. So waren Geschwindigkeiten von z. T. über 20 km/h trotz voll beladenem Rad und Schotterstrecke möglich. Umkehrt, also Iller aufwärts, sah das vor zwei Tagen noch ganz anders aus. 😉

Und wie üblich hier der Track:

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So war ich überraschenderweise schon kurz nach 13 Uhr bei Europcar in Kempten. Leider hatte ich den Wagen erst für 15 Uhr bestellt, aber so hatte ich zumindest Zeit, ganz in Ruhe mein Rad abzuladen, mich etwas frisch zu machen und umzuziehen (verschwitzte Radklamotten aus, Jeans, T-Shirt etc. an), schon mal den heutigen Track vom Garmin zu laden und diesen Blogeintrag zu beginnen. 😉

Gegen 14:30 Uhr kam dann der für mich reservierte Wagen bei der Mietwagenstation an. Statt des eigentlich bestellten VW Passat Kombi, war es ein Kia Carens, weil man ja immer nur eine Fahrzeugklasse buchen kann und kein ganz konkretes Fahrzeug. Der Wagen ist zwar recht kurz, aber dennoch ausreichend groß – insbesondere schön hoch – für mein Rad, so dass es (zumindest mit dem vorne umgeklappten Kurbelbaum) prima hineinpasste. Und das Gepäck noch dazu.

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Der Wagen war sogar besser ausgestattet als gebucht, denn er hatte sogar Automatik. Sehr praktisch. Außerdem war es ein durchzugsstarker Diesel, der dennoch nur geringen Durst hatte, so dass die Spritkosten erfreulich gering blieben, obwohl ich den Wagen zwischenzeitlich auch mal ordentlich ausgereizt habe. Der schaffte glatt die 200 km/h und war dabei immer noch sehr gut beherrschbar. Bisher bin ich noch keine asiatischen Automodelle gefahren, aber ich muss sagen, ich bin von den Fahreigenschaften und der Fahrleistung sehr beeindruckt. Was mir jedoch nicht so gefiel, waren die Anzeigen und die Menüführung etc. – So zeigt mir z. B. der Tempomat nicht an, welche Geschwindigkeit aktuell eingestellt war. Das kann sogar mein 10 Jahre alter VW Passat schon, und der Opel Insignia von der Hinfahrt konnte das natürlich auch. Außerdem gibt es Dinge, die man in einem Auto einfach NICHT sehen will und dazu gehören ganz sicher Meldungen wie diese, welche sich noch im Stand beim Einrichten und Kennenlernen des Autos recht hartnäckig zeigte und nur schwer wieder loszukriegen war. 🙁 Irgendwann startete sich das System dann doch mal ganz neu und alles war wieder gut.

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Zum Glück tauchte die Meldung später nicht mehr auf, aber es passierte schon mal, dass das Entertainment-System plötzlich aufhörte, die Musik von meinem USB-Stick zu spielen. Dann half nur noch USB-Stick ziehen und wieder neu einstecken. Dann ging es weiter. Das ist während der Fahrt mehrfach passiert. Sowas kenne ich von meinem VW Passat oder auch dem Opel auf der Hinfahrt nicht. Insofern scheint Kia auf diesem Gebiet noch etwas an der Stabilität arbeiten zu müssen.

Um 15 Uhr bin ich dann losgefahren, und bereits um 21:15 Uhr hatte ich die 629 km lange Strecke bis zu mir nach Hause schon absolviert. Ich bin die Route über die A7 (bis Würzburg), A3 (bis Köln) und A4 gefahren, weil es – laut Google Maps – auf der A8 einige Baustellen mit Stau-bedingten Verzögerungen mehr gegeben hätte. Es lief auf meiner Route also – wie von Google Maps vorhergesagt – echt gut durch. Der kleine Stau bei Würzburg hat höchstens 15 Minuten gekostet, und später war nochmal ein bisschen stockender Verkehr vor einer Baustelle, aber auch das war nicht so schlimm.

Abendimpression auf der Autobahn.
Abendimpression auf der Autobahn.

 

Gegen 19 Uhr habe ich mir dann in Limburg sogar noch eine halbstündige Pause zum Abendessen gegönnt. Dennoch konnte ich abends noch meine Frau und überraschenderweise sogar die Kinder (so gerade noch) wach antreffen und in die Arme schließen. Ich wurde sogar mit einem selbstgemalten Willkommensschild meiner Lieben sowie mit Radler im Kühlschrank überrascht. Ein schöner Tages- und Tourabschluss! 🙂

Bis morgen 15 Uhr werden wir dann noch den Mietwagen volltanken und zu Europcar nach Aachen zurückbringen.

PS:
Ich habe jetzt mal die ganzen Sachen gewogen, die ich so auf der Reise dabei hatte. Ich komme – inkl. voller Getränkevorräte etc. – auf ein morgendliches Startgewicht von ca. 50 kg Gepäck. Dadurch, dass über den Tag einiges weggetrunken und weggegessen wird, wurde es zum Abend hin etwas weniger, aber mehr als 45 kg werden es dennoch zu jedem Zeitpunkt gewesen sein. Durch die Erfahrungen, die ich jetzt gemacht habe, könnte ich in Zukunft bei ähnlichen Touren – sofern es sowas denn nochmal geben sollte – ein paar Dinge einsparen, allerdings muss ich schon sagen, dass ich das meiste, was ich dabei hatte, auch irgendwann mal gebraucht habe. Das gilt für das Werkzeug und Ersatzteile nur eingeschränkt, aber da sollte man – denke ich – nicht zu sehr sparen, da ich ja festgestellt habe, dass auch sehr unerwartete Dinge kaputt gehen können. 😐

PPS: Ich hatte ja ab Tag 7 (oder so) das Problem, dass mein Notebook plötzlich keine richtige Internetverbindung mehr bekam, obwohl die Verbindung stand (IP zugewiesen, Gateway und DNS-Server auch) und sogar ping funktionierte, klappten Web-Zugriffe nicht. Hier zuhause habe ich dann mal alles wichtige von meinem Notebook gesichert und wollte ihn schon komplett zurücksetzen, aber über das “Netzwerk- und Freigabe-Center” und das Status-Fenster habe ich zuvor nochmal die (Windows-Netzwerk-)Diagnose aufgerufen und konnte dort veranlassen, dass (nur) alle Netzwerk-Interfaces zurückgesetzt werden. Ich meine, dass ich die Diagnose auch unterwegs schon mal aufgerufen hätte und da nichts dergleichen angeboten wurde, aber egal… jedenfalls, hat das Zurücksetzen und ein anschließender Reboot das Problem tatsächlich behoben! Hey, ich kann wieder übers Notebook ins Internet. Endlich. 🙂

 

Samstag, 17.09.2016:

Wecker 7 Uhr. Dann war erst mal einiges zu tun, da ich ja in einer Jugendherberge übernachtet habe: Bett abziehen, Wäsche aus Trockenraum im Keller einsammeln (alles trocken!), Brötchen schmieren im Frühstücksraum und natürlich das Übliche (Zähne putzen, Taschen packen etc.). Das Frühstücksbuffet war OK, aber insgesamt war die Auswahl in der JH in Fulda besser und der O-Saft schmeckte dort auch wesentlich leckerer, dabei war die JH Fulda sogar ein bisschen günstiger (32,- € inkl. Waschen, statt jetzt 38,80 € zzgl. 3,- € fürs Waschen). Aber deshalb konnte/wollte ich ja nicht nach Fulda zurück. 😉 Losgefahren bin ich dann immerhin um 9:15 Uhr.

Von Ulm, welches zu Baden-Württemberg gehört, ging es dann über die Donaubrücke, wo ich nach Neu-Ulm in Bayern kam. Ulm/Neu-Ulm ist eine Doppelstadt in zwei verschiedenen Bundesländern; nur durch die Donau getrennt. Ansonsten ist dann die Iller in weiten Teilen die Grenze zwischen den beiden Bundesländern, so dass ich immer mal wieder im einen und dann wieder im anderen Bundesland bin. Merkt man nix von – d.h. Schilder gibt es vor Ort keine – aber lustig ist es schon.

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Blick zurück auf Ulm.

Von der Jugendherberge, welche auf 562 m ü. NN liegt, ging es erst mal kräftig bergab auf 487 m ü. NN nach Neu-Ulm bzw. auf das Niveau der Donau und Illermündung. Von da an ging der Weg fast immer direkt an der Iller entlang, so dass das Höhenniveau langsam und kontinuierlich anstieg, was aber gut machbar war. Beim heutigen Endpunkt hatten sich die Iller und ich so schon wieder auf 590 m ü. NN raufgeschraubt. Die Unterkunft für heute lag nochmal 20 m höher.

Ich war übrigens überrascht, dass die Iller hier ein so breiter und recht viel Wasser führender Fluss ist. Nach den kleineren Flüssen wie Fulda, Sinn oder Wörnitz in den letzten Tagen hatte ich, weil es ja “nur” ein Nebenfluss der Donau ist, irgendwie wieder was Schmäleres erwartet. Ich finde die Iller durchaus beeindruckend und schön, denn sie führt recht viel Wasser, hat – im Gegensatz zu allen bisherigen Flüssen, an denen ich bisher entlanggefahren bin – eine recht hohe Fließgeschwindigkeit und wird auch durch diverse kleine (künstliche) “Wasserfälle” und sonstige Stromschnellen interessant. Außerdem fließt die Iller – bisher zumindest – angenehm gerade aufs Ziel zu, d.h. ohne allzu viel Schlenker und Schleifen. 😉

p1020138So begeistert ich von der Iller als Fluss bin, so enttäuscht bin ich vom Illerradweg, denn der ist echt eine Katastrophe. Von der bisher gefahrenen Strecke war der überwiegende Teil, d.h. bestimmt mehr als 50 km, nur Schotterspur rechts und Schotterspur links sowie in der Mitte mal mehr mal weniger Gras! Auf dem Donauradweg zwischen Donauwörth und Ulm gab es das ja auch schon, aber hier an der Iller wurde es noch schlimmer, weil die Spuren z. T. noch schmäler waren und der Schotter zwar manchmal angenehm fest, aber dann auch immer wieder unangenehm locker war. Für Zweiräder ist das mit den engen Spuren sicher noch ganz gut machbar, aber auch mit einem Zweirad würde ich nur ungerne so lange auf Schotter fahren. Mit dem LiegeDREIrad jedoch ist es aufgrund des Grünstreifens in der Mitte eine Qual, da man einfach sehr schlecht vorwärtskommt. Der Rollwiderstand mit drei Rädern ist ja ohnehin schon ein bisschen höher, was sich auf Schotter noch verstärkt, aber wenn mindestens ein Rad – manchmal sogar zwei Räder – über Gras rollen müssen, bremst das einfach extrem! Es kostet Kraft wie eine permanente Bergauffahrt, geht aber vor allem stark zu Lasten der Geschwindigkeit, was das größere Problem ist. Eigentlich wollte ich heute wieder gut 100 km fahren und bis hinter Kempten kommen, aber bei der Wegbeschaffenheit war das leider unmöglich. Von der Kraft/Ausdauer her hätte das vermutlich trotzdem noch geklappt, denn ich bin ja mittlerweile ordentliche, lange Steigungen gewöhnt, aber ich möchte nicht erst im Dunkeln ankommen.

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Dadurch ergab sich das Problem, dass die anvisierte Unterkunft aus meiner Tourenliste nicht erreichbar war und es unterwegs in erreichbarer Entfernung auf meiner Liste keine geeigneten Campingplätze oder – bei dem Wetter besser – Jugendherbergen gibt. Bei Memmingen gibt es zwar eine JH, aber die ist in Ottobeuren und damit ein ganzes Stück abseits der Route. Da ich ohnehin gerade so schlecht vorankomme, möchte ich ungern auch noch große Umwege fahren. Daher habe ich unterwegs mal mit der “Bett & Bike”-App sowie der Hotel-Suche von Google gesucht, was es denn für erschwingliche Unterkünfte in der Nähe bzw. einigermaßen auf der Route gibt. Die beiden Unterkünfte von Bett & Bike waren leider schon ausgebucht und alle anderen Unterkünfte waren in Memmingen, aber die Stadt Memmingen hatte ich bereits links liegen lassen und wollte auf keinen Fall dorthin zurückfahren. Von einer der belegten Unterkünfte bekam ich den Tipp, es mal beim Gästehaus Schmid in Volkratshofen zu probieren, doch leider ging da niemand ans Telefon. – Ich sah mich also schon mein Zelt im Regen auf irgendeiner Wiese aufstellen… oder zumindest bei Bauernhöfen fragen, ob ich mein Zelt wenigstens irgendwo in einer trockenen Scheune aufstellen kann. – Zum Glück habe ich etwas später nochmal beim Gästehaus Schmid angerufen und – siehe da – es ging nicht nur jemand dran, sondern sie hatten auch noch ein Zimmer für mich frei! 🙂 Also bin ich bei nächster Gelegenheit vom Illerradweg Richtung Volkratshofen abgebogen. Bevor ich auf eine Teerstraße stieß (herrlich!), verengte sich der Weg allerdings zu einem Trampelpfad. Unglaublich, dass das der offizielle Abzweig vom Illerradweg Richtung Volkratshofen war.

Im Prinzip ist ja eine Qualität des Illerradwegs (zumindest auf den ersten gut 50 km), dass er sehr naturnah ist, d.h. keine Stadt im Weg, fast immer nah am Fluss und Wald… auf der anderen Seite brauchen Radreisende ja auch einiges, nämlich Restaurants/Cafés/Biergärten für Pausen, sonstige Einkaufsmöglichkeiten und eben Unterkünfte. Hier könnte man – finde ich – deutlich mehr machen. Und wenn es schon nichts in unmittelbarer Nähe gibt, dann könnte man wenigstens Hinweisschilder und Wegweiser mit Kilometer-Angaben aufstellen. – Aber deutlich wichtiger wäre es, einmal mit der Teermaschine von Neu-Ulm nach Oberstdorf an der Iller entlang zu fahren. 😉

Ach ja, nachdem es ja gestern Abend und in der Nacht schon geregnet hatte, war auch für heute Regen angesagt. Ich hatte allerdings Glück, denn am Morgen war es trocken und blieb trocken bis 15 Uhr. Bis dahin hatte ich zwar sicherheitshalber schon mal die Regenjacke angezogen, aber alle Reißverschlüsse offen gelassen für möglichst gute Belüftung. Nach 50 km gegen 15 Uhr setzte dann aber doch noch der Regen ein. Den ganz schlimmen ersten Schauer wartete ich unter einer Brücke ab, die zum Glück gerade kam (siehe Bild; nicht schön, aber trocken). Die Zeit habe ich aber genutzt, um auch die Regenhose und die Überschuhe anzuziehen sowie die Jacke komplett zu schließen. Das war auch gut so, denn nach einer kurzen Regenpause setzte der Regen bald wieder für einige Zeit ein. Die Regensachen hielten aber gut dicht. 🙂

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Um 17:15 Uhr kam ich dann im Gästehaus Schmid in Memmingen-Volkratshofen an und entlug erst mal mein Rad und brachte alles aufs Zimmer. Mein Rad konnte ich im Fahrradschuppen trocken unterbringen. Sehr erfreut war ich, dass man hier sogar für ordentliche Preise gekühlte Getränke kaufen kann, da auf dem Illerradweg bisher ja absolut nichts war, wo man hätte einkaufen können. Sogar eine Flasche Wasser, ein gemachtes Bett, WLAN gratis, TV auf dem Zimmer und Handtücher im Bad gibt es. So viel Luxus bin ich nach 2 Wochen Camping und zweimal Jugendherberge gar nicht mehr gewöhnt. – Nötig ist das nicht, aber nett ist es schon. 🙂 Außerdem haben sie neben dem Frühstücksraum sogar eine komplette Küche zur Benutzung durch die Gäste. Da habe ich direkt mal den Wasserkocher für meine Instant-Nudeln genutzt. So konnte ich dem Trangia eine Pause gönnen bzw. etwas Brennspiritus sparen, denn wenn ich jetzt sparsam bin, wird die 1 Liter Flasche für die Tour wohl ausreichen, so dass ich nicht nachkaufen muss.

Und wie üblich noch der Track:

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