Sonntag, 11.09.2016:

p1000744
Campingplatz Rotenburg an der Fulda kurz vor dem Aufbruch am Morgen; nur noch Zelt abbauen und Fahrrad beladen. Im Vordergrund: hochgelegter Stromkasten (Hochwasserschutz). Im Hintergrund (hinter den BĂ€umen): die Fulda.

Da es gestern wieder spĂ€ter wurde als geplant, habe ich mir heute Morgen eine halbe Stunde lĂ€nger gegönnt. Wecker auf 7:30 Uhr, Abfahrt dann um 9:40 Uhr. Nicht gerade ein neuer Rekord, aber immerhin. 😉

p1000747
Sonne hinter morgentlichem Hochnebel.

Als ich losfuhr tauchte der Morgennebel noch alles in einen stillen Schleier und die Sonne war nur zu erahnen… aber mit ihrer immer noch großen Kraft vertrieb die Sonne den Nebel recht schnell, so dass es schon bald sehr warm wurde.

In Bebra habe ich zunĂ€chst den Bahnhof gesucht und gefunden, weil ich dort zu Recht einen Hotspot gesucht habe, um noch einmal zu probieren wieder mit dem Notebook ins Internet zu kommen. Gefunden habe ich dann einen Telekom-Hotspot, den ich gratis nutzen kann, weil mein DSL-Vertrag das beinhaltet. Da es mit einem manuellen Connect nicht klappte, habe ich sogar extra noch die Telekom-Anwendung zum Verbindungsaufbau mit dem Handy heruntergeladen. Es waren nur 14 MB oder so, so dass es mit LTE rasend schnell ging. Dann musste ich die Installationsdatei jedoch per Bluetooth aufs Notebook schicken, was quĂ€lend langsam war und eine gefĂŒhlte Ewigkeit (mehrere Minuten) gedauert hat. Als es dann endlich soweit war, habe ich das Programm installiert und es konnte auch mit meinen Login-Daten erfolgreich eine Verbindung aufbauen, d.h. wie schon bei Tethering klappte die WLAN-Verbindung, ich hatte eine IP-Adresse, ein Standardgateway und einen DNS-Server der funktioniert. “ping www.google.de” ging, aber jeder Zugriff per Webbrowser nicht. Zum MĂ€usemelken! – Nein, ich habe keinen Proxy eingetragen. Sonst noch Ideen?

Als ich hier dann zum wiederholten Mal entnervt aufgegeben habe, suchte und fand ich eine BĂ€ckerei, aber die verkauft sonntags nur trockene Brötchen, d.h. ohne Belag. 🙁 Tja, wenn sie mein Geld nicht wollen, dann trag ich’s eben mal wieder zur Tankstelle (diesmal war es JET mit einem Spar Express Shop drin), wo es sehr leckere belegte Brötchen mit guter Auswahl gab. Das eine mit Frikadelle hab ich als – wie ĂŒblich – verspĂ€tetes FrĂŒhstĂŒck sofort gegessen, das mit Kochschinken fĂŒr spĂ€ter aufgehoben. Durch die gekĂŒhlten GetrĂ€nke blieb das in der leichten KĂŒhltasche trotz der Temperaturen bis zum Nachmittag ausreichend frisch. – Als ich von der Tankstelle aufbrach, hatte ich zwar “schon” knapp 10 km auf dem Tacho, Ă€h, GPS, aber eigentlich ging es dann erst so richtig los. Die weitere Fahrt war schön. Zwar ging es immer mal wieder etwas rauf und runter, aber man gewöhnt sich dran, und hier in der Gegend geht es aufgrund der Topologie leider nicht anders. Und leider kann es nicht immer einen Radweg direkt am Fluss geben, was natĂŒrlich ideal wĂ€re.

Von Bebra ging es dann weiter Richtung Bad Hersfeld. Kurz vor Bad Hersfeld lag mitten in der Walachei ein großes DHL-Verteilzentrum. Hmm, hat nicht Amazon eine Niederlassung in Bad Hersfeld? Na, wenn das mal nicht zusammenhĂ€ngt…

p1000755

Wenig spĂ€ter wurde ich vor die Wahl gestellt, friedlos zu werden, Ă€h, nach Friedlos zu fahren… oder eben doch weiter nach Bad Hersfeld. Ich habe mich fĂŒr letzteres entschieden und bin weiter auf dem D9 aka R1 aka Fuldaradweg gefahren. Nicht nur bis Bad Hersfeld, sondern auch bis Schlitz und weiter… War wohl besser so.

p1000756

UngefĂ€hr drei Stunden nach dem FrĂŒhstĂŒck bzw. 52 km nach dem Start gönnte ich mir die Mittagsrast auf einer Bank im Schatten (wichtig!) sowie das zweite Brötchen und ein Radler. Die Pause sollte aber nicht allzu lange dauern, da ich ja noch was schaffen wollte.

Übrigens stehen hier manchmal auch einfach so TĂŒrme in der Gegend rum. Nein, ok, es war nur der eine, aber das sah schon irgendwie kurios aus. Mich wĂŒrde interessieren, was da frĂŒher mal stand. – Geht das mit dem Zeitreisen eigentlich jetzt? Doc Brown, Marty McFly, könnt Ihr mich mal kurz abholen?

p1000770

(Nachtrag: Genau diesen Turm aus fast gleicher Perspektive hat die Tagesschau vom 18. Mai 2017 gezeigt.)

Heute war mit Sicherheit der heißeste Tag meiner bisherigen Tour, denn ich habe erstmalig – zusĂ€tzlich zu Cola und Radler, was zusammen ein Liter ist – auch eine 3-Liter-Trinkblase schon wĂ€hrend der Fahrt um 16:30 nach nur 74 km komplett geleert. Bisher war meistens noch ein kleiner (oder grĂ¶ĂŸerer) Rest drin, den ich abends getrunken habe. Nach der Tour habe ich sicher auch schon wieder mindestens 1,5 Liter in mich reingekippt. Insgesamt habe ich heute am Tag also sicher wieder 5,5 Liter oder sogar noch etwas mehr getrunken. Bei Sonne und Bewegung schwitzt sich eben ganz schön was weg.

Mein Ziel fĂŒr heute war, mindestens bis Fulda zu kommen und das habe ich auch geschafft. Übrigens, fĂŒr die, die es noch nicht wussten: Fulda liegt doch tatsĂ€chlich, man glaubt es kaum… tadaaa… an der Fulda! Nein, wie, oh, doch! 😉

Leider gibt es hier in und um Fulda keine CampingplĂ€tze, jedenfalls haben weder OpenStreetMap noch Tante Google was Passendes ausgespuckt. Ich hĂ€tte mich also entscheiden mĂŒssen, entweder schon deutlich frĂŒher Feierabend zu machen (das wollte ich nicht) oder ein recht großes StĂŒck weiter fahren zu mĂŒssen (was wieder seeehr spĂ€t geworden wĂ€re; auch blöd!). Aber in Fulda hatte ich eine Jugendherberge auf der Liste, welche sogar recht nah an meiner Route lag. Leider jedoch – wie ich dann feststellen musste – ein gutes StĂŒckchen den Berg hoch. Naja, was soll’s. Zur Sicherheit hatte ich kurz vor Fulda schon mal bei der Jugendherberge angerufen und gefragt, ob noch ein Zimmer fĂŒr mich frei sei, was bejaht wurde. (Gestern hatte ich prophylaktisch schon mal in der Jugendherberge in Bad Hersfeld angerufen, weil ich da noch dachte, dass ich so weit kommen könnte, ging dann aber aufgrund der Radprobleme nicht, aber die waren schon komplett ausgebucht. Naja, es kam dann ja eh alles anders… – Aber vorher anrufen ist auf jeden Fall eine gute Idee.)
Ich hatte fĂŒr mich (und die Familie) ja extra Jugendherbergsausweise besorgt, damit ich diese Option auch habe, was sich jetzt ausgezahlt hat. 🙂

p1000789
Meine WÀscheleine im Jugendherbergszimmer; die Socken und UnterwÀsche, die an den WÀscheklammern rechts hingen, sind schon abgenommen und verpackt.

Luxuriöserweise habe ich ein Einzelzimmer fĂŒr 32,- € gebucht, weil ich ja sonst auch immer ein Einzel”zimmer” im Zelt habe. 😉 Jetzt sitze ich in einem Zimmer mit zwei Doppelstockbetten und kann mir aussuchen in welchem der vier Betten ich schlafe. Ein eigenes WC sowie Bad mit Dusche habe ich auch auf dem Zimmer. Luxus pur! Das bin ich von CampingplĂ€tzen nicht gewöhnt. So habe ich die Gelegenheit gleich genutzt und mal wieder in Ruhe Haare und Bart getrimmt, wo ich doch ein Badezimmer mit Steckdose und Dusche fĂŒr mich alleine habe. Und als krönenden Abschluss konnte ich sogar ohne Extrakosten meiner WĂ€sche waschen, was eh langsam mal wieder Zeit wurde. Ich habe zwei SaugnĂ€pfe, eine WĂ€scheleine und einige leichte Mini-ReisewĂ€scheklammern dabei, so dass ich die Sachen zum Trocknen in meinem Zimmer aufhĂ€ngen konnte. Morgen kann ich dann direkt in die Klamotten von der Leine steigen und den Rest fĂŒr die nĂ€chsten Tage einpacken. Super, so verliere ich nicht wieder einen halben Tag fĂŒr die WĂ€sche. – In die WĂ€scheleine habe ich auf einer Seite in gewissen AbstĂ€nden einige Knoten gemacht, damit die KleiderbĂŒgel an den Knoten hĂ€ngenbleiben und nicht alle in der Mitte zusammenrutschen, da die WĂ€scheleine aufgrund des Gewichts doch etwas durchhĂ€ngt.

Nachdem ich dann also das Zimmer bezogen, mich gepflegt und geduscht habe, wurde also erstmal die WĂ€sche reingeschmissen und dann draußen im Sitzbereich mit dem Trangia gekocht. Heute gab’s Nudeln mit Pilzsoße und dazu ein Bifi aus dem Vorrat, da ich ja heute, am Sonntag, nicht einkaufen konnte. Obwohl, naja, vielleicht hĂ€tte ich im Tankstellen-Shop was bekommen, aber da habe ich gar nicht erst nachgeschaut, weil ich ja ausreichend versorgt war.

p1000790
Das Loch rechts ist von mir; die anderen SchÀden waren vorher schon drin.

Übrigens, aus recht dĂŒnnem Plastik geflochtene Tische eignen sich NICHT als Unterlage fĂŒr den Traniga. Also, die WĂ€rmeabstrahlung des Trangia nach unten ist recht gering, weil der Brenner selbst ja Abstand vom Boden hat und die Flamme nach oben geht. Jedenfalls habe ich schon zuhause auf einem Kunstoff-Gartentisch und auf CampingplĂ€tzen auch auf recht trockenem Gras und sogar auf der Baumarktplane, die ich als Unterlage fĂŒr’s Zelt nehme, gekocht. Alles ohne Probleme, aber ich wunderte mich dann eben doch, dass unten im Windfang kleine Flammen erschienen, wo keine hingehören. Es war aber nicht die Brennerflamme, sondern der Kunststoff, der sich wohl selbst entzĂŒndet und ein kleines Loch hineingebrannt hatte. Die Flamme ließ sich leicht auspusten. Ich habe dann auf dem Steinboden weitergekocht. Mit Zelt koche ich ja auch immer am Boden. Der Tisch hatte auch schon ein paar andere kleinere Löcher. Also besonders stabil scheint das Teil eh nicht zu sein, aber… dass der direkt anfĂ€ngt zu brennen, obwohl er keinesfalls direkt mit einer Flamme in Kontakt gekommen sein kann, hat mich doch sehr verwundert. Ich habe das mal gemeldet, aber die DJH-Angestellte wusste jetzt auch nicht, was sie mit der Info machen soll. Morgen frĂŒh sei der Chef wieder da. Naja, schauen wir mal, ob da noch was nachkommt. Meine Kontaktdaten haben sie ja und ich hoffe mal, dass notfalls die Haftpflicht einspringen wĂŒrde. Shit happens… 😉

Und wie ĂŒblich noch der Track:

2016-09-11_track

Samstag, 10.09.2016:

Gestern bin ich ja nach den 123 km recht spĂ€t am Campingplatz angekommen und daher hat sich auch alles andere entsprechend verschoben. Daher habe ich den Wecker mal auf 8 Uhr gestellt und den Morgen etwas ruhiger angehen lassen. Abfahrt somit erst gegen 10:30 Uhr, aber was soll’s. 😉

Auf geht’s, weiter die Fulda rauf. Die nĂ€chste BĂ€ckerei auf meiner Route war in Melsungen, was aber noch ein ganzes StĂŒck zu fahren war. Die normale Route, d.h. mein D9 bzw. aktuell der Fuldaradweg, welcher hier in Hessen R1 heißt, fĂŒhrt meist schön nah an der Fulda, aber eben nicht an passenden GeschĂ€ften vorbei. Wie so oft fand ich zuerst eine Tankstelle und holte dort zumindest schon mal die gekĂŒhlten GetrĂ€nke. Leider waren die Brötchen in dieser Tankstelle nicht so berauschend, so dass ich verzichtet und weitergesucht habe. Kurz danach fand ich dann eine BĂ€ckerei in einem Supermarkt, der “tegut” heißt. Das scheint eine Kette zu sein, denn den gleichen Supermarkt fand und nutzte ich spĂ€ter auch in Rotenburg an der Fulda. Allerdings muss das wohl eine lokale Kette sein, denn bei mir zuhause im Rheinland kenne ich die nicht. Von der GrĂ¶ĂŸe und Ausstattung wĂŒrde ich die mit Edeka vergleichen. Nun ja, das erste Brötchen des Tages wurde dann jedenfalls beim Rausrollen aus der Stadt auf dem Rad vertilgt. Da die Bedienung zwar gesagt hatte, sie wĂŒrde Butter drauf tun, stattdessen aber wohl doch (auch?) Remoulade verwendet hat, musste ich jedoch auch mal anhalten, um das ganz vorsichtig zu essen, damit nichts kleckert. Dieses “FrĂŒh”stĂŒck bzw. eher “SpĂ€tstĂŒck” gab’s also heute erst nach 12 Uhr.

Notiz an mich selbst:
In BĂ€ckereien unbedingt drauf bestehen, dass nur(!) Butter verwendet wird und keine(!) Remoulade.
Habe ich bisher immer vergessen dazuzusagen, aber gefragt haben sie auf meiner bisherigen Tour noch nie. 🙁 Bei meiner StammbĂ€ckerei in Aachen-Haaren fragen sie normalerweise. Das finde ich besser. – Es schmeckt ja super mit Remoulade, aber es kleckerst eben leider auch ziemlich.

Fluss: Anfangs sah man fast keinen Unterschied zwischen der Weser und der Fulda, was wohl aber auch daran lag, dass es eine Reihe von Staustufen gab, die die Fulda tiefer und breiter aussehen machten als sie eigentlich ist. Mittlerweile gibt es keine Staustufen mehr und die Fulda Ă€hnelt in Breite und Tiefe der Rur (die ohne “h”) bei DĂŒren oder JĂŒlich.

p1000701

Das positive Highlight des heutigen Tages war die Überquerung der Fulda. – Was? Diese FluĂŸĂŒberquerungen mache ich doch andauernd und fahre mal auf der rechten und mal auf der linken Seite. Stimmt, aber bisher gab’s immer BrĂŒcken, diesmal nur eine schwebende Seilzug”fĂ€hre” mit Handbetrieb! Als ich eintraf, verließ gerade eine Gruppe von Radfahrer, die wohl in zwei Gruppen fahren musste, da maximal 4 Personen und 4 FahrrĂ€der zugelassen sind, die “FĂ€hre”. Praktischerweise war die Gondel damit immerhin schon mal auf der richtigen Seite. Ich habe mein Fahrrad vorsichtig hineingeschoben (es passte so gerade), die TĂŒren geschlossen und dann fing das Kurbeln an. In der “Bedienungsanleitung” stand, dass zwei Leute kurbeln sollen, aber ich war allein, also wurde auch allein gekurbelt. Sonst sind ja immer nur die Beine aktiv, aber jetzt mussten die Arme mal ran. Meine Beine sind allerdings gut trainiert und können ohne Probleme den ganzen Tag lang viele Stunden in die Pedale treten. Die Arme dagegen waren froh, als einige Minuten spĂ€ter die Anlegestelle auf der anderen Seite erreicht war. Es ist ĂŒbrigens schon irgendwie ein… Ă€h, sagen wir mal… interessantes GefĂŒhl, so allein mitsamt Rad mitten ĂŒber dem Fluss zu schweben… mit nichts unter einem als einem Metallgitter. Es machte zwar alles einen neuen, stabilen Eindruck, aber ich habe schon kurz ĂŒberlegt, was ich mache, wenn der Korb mit mir und Rad doch ins Wasser fallen sollte. Sicher ist sicher… 😉

p1000724

Um 14:30 die erste richtige Pause mit auf einer Bank sitzen, (zweites) Brötchen essen und Radler trinken.

Ich bin von meinem Liegedreirad (Trike) immer noch total begeistert, da man damit einfach sehr bequem reisen kann und es sich gut anfĂŒhlt, damit zu fahren. Der Spaßfaktor ist einfach höher als beim normalen Rad. So ein bisschen Go-Kart-Feeling umschreibt es vielleicht am besten. Und dennoch hat mein Rad heute leider auch das negative Highlight gesetzt. Schon sehr frĂŒh auf der Fahrt heute, hatte ich subjektiv das GefĂŒhl, dass ich langsamer voran komme als sonst, was aber wohl nicht nur mit den mittlerweile hĂ€ufiger und höher werdenden Bergen zu tun hat. Selbst objektiv war meine Durchschnittsgeschwindigkeit heute einige km/h niedriger als bisher. Komisch, dass sich das Rad so langsam anfĂŒhlt, aber es gab keine merkwĂŒrdigen GerĂ€usche, die Schaltung funktionierte auch gut. Muss ich mir also irgendwie einbilden… habe wohl mĂŒde Beine nach den letzten beiden langen Etappen… dachte ich. Aber irgendwas war doch komisch. Ich bemerkte nĂ€mlich zunĂ€chst, dass die Kippgefahr in schnellen Linkskurven scheinbar höher war als sonst. Gut, normalerweise liegt das Trike ja auf der Straße wie ein Brett, wenn man’s nicht zu sehr ĂŒbertreibt bzw. sich gut in die Kurven reinlehnt. Mit meiner vollen Beladung ist der Schwerpunkt deutlich höher und ich weiß, dass die Kippneigung in Kurven und bei schrĂ€gem Untergrund damit deutlich grĂ¶ĂŸer ist als normal. Daher fahre ich auf der Tour viele Stellen deutlich defensiver und langsamer als im Alltag mit wenig und niedriger Beladung. Es schien aber mit der Zeit schlimmer zu werden. Als ich mal anhielt, um nach dem Rechten zu schauen stand das Trike am Straßenrand, der minimal nach rechts abschĂŒssig war, und sobald ich den Sitz verließ, fing das Trike von selbst an auf die rechte Seite zu kippen! Ich konnte es so gerade noch festhalten. Hallo? Das macht es doch sonst nicht!? Also habe ich die Ladung ĂŒberprĂŒft. Naja, ok, die Sachen scheinen schon leicht nach rechts verrutscht und rechts ist auch der schwerere Beutel mit dem Zelt usw., aber eigentlich dĂŒrfte das nichts ausmachen. Ging ja bisher auch. Wieder aufgestiegen, weitergefahren… aber bald wieder angehalten und nochmal geschaut. Ja, es hĂ€ngt schon irgendwie alles nach rechts. Hmm, vielleicht doch zu ungleich beladen? Komisch, aber wer weiß. Ich habe mich dann dazu durchgerungen, die obere Schicht mit den Beuteln und dem Fahrradrucksack nochmal neu zu positionieren. Also, Spanngurte lösen, oben alles ab und in neuer Reihenfolge, d.h. mit mehr Gewicht auf der linken Seite, wieder drauf. Puh. Dann weitergefahren, aber gemerkt, dass es nicht wirklich besser geworden ist. Schließlich noch ein paar Dinge von der rechten auf die linke Seite umgerĂ€umt, um die rechte Seite weiter zu entlasten… aber es half alles nichts. Mein eigentliches Tagesziel, an das ich mal so grob gedacht hatte, war lĂ€ngst aufgrund der langsamen Fahrt und der vielen Extrapausen zum Checken und Umbauen in weite Ferne gerĂŒckt. Daher habe ich beschlossen, bereits den nĂ€chsten Campingplatz in Rotenburg an der Fulda – NICHT verwechseln mit Rothenburg ob der Tauber – anzusteuern. Ein Schild verriet bald, dass es noch knapp 10 Kilometer seien. Normalerweise sind 10 Kilometer fĂŒr mich nicht besonders viel, aber mit einem solchen Rad können auch 10 Kilometer ganz schön lang werden. Und es wurde immer schlimmer: Geteerte Feldwege sind oft nicht ganz flach, sondern in der Mitte etwas höher und zum Rand hin leicht abfallend. Aufgrund meiner SchrĂ€glage, was es noch ganz OK, in der Mitte zu fahren, besser noch auf der linken Seite, damit die hĂ€ngende Radseite auf dem etwas höheren Mittelteil des Weges fĂ€hrt, aber das geht natĂŒrlich nur, wenn kein Gegenverkehr kommt. Bei Gegenverkehr musste ich mit dem ohnehin schon nach rechts hĂ€ngenden Rad auch noch auf die leicht nach rechts abfallende Wegseite. Das wurde so schlimm, dass dann das Hinterrad hörbar stĂ€rker radierte und ich mich auf dem Sitz extraweit nach links auf die Kante setzen musste, was auf Dauer nicht so angenehm ist. 5 km vor Rotenburg – es wurde immer schlimmer – beschloss ich, nochmal zu halten und mal genau zu schauen, ob nicht vielleicht irgendwas am Rahmen gebrochen oder verbogen war. Da glaubte ich zwar nicht wirklich dran, da der Rahmen eigentlich sehr stabil gebaut ist, aber es konnte einfach nicht mehr nur an ungleicher Beladung liegen. Aufgrund des ganzen GepĂ€cks hat man keinen guten Einblick, aber als ich mich dann mal hinter mein Rad gelegt habe, sah ich sofort das Problem. Nichts gebrochen, nichts verbogen… sondern verdreht! Dazu muss man wissen, dass das Wild One von Steintrike bzw. Bike Revolution quasi aus zwei Teilen besteht. Das Vorderteil mit den RadaufhĂ€ngungen rechts und links, dem Kurbelmast etc. und das Hinterteil mit der Hinterradgabel und dem GepĂ€cktrĂ€ger. Die Basis der beiden Teile sind Metallrohre, die ineinander gesteckt und mit zwei Schrauben verschraubt bzw. durch Zusammenziehen des Ă€ußeren Rohres verklemmt werden. Genau um diese Achse hatte sich jetzt das Hinterteil nach rechts verdreht. Vermutlich erst nur ein bisschen und dann nach und nach immer mehr. Klar, wenn einmal ein klein wenig SchrĂ€gstand da ist, machen die GepĂ€cklast und sonstige Belastungen beim Fahren das ĂŒbrige. Also blieb mir nicht anderes ĂŒbrig, als alles GepĂ€ck abzuladen, die Packtasche, in der das Werkzeug ist, auszurĂ€umen, denn das schwere Werkzeug ist natĂŒrlich ganz unten in der Tasche. FĂŒr kleinere Malheurs habe ich Ersatzschlauch, Flickzeug, Pumpe etc. und ein Multitool im direkten Zugriff im Fahrradrucksack, der leicht zugĂ€nglich oben drauf befestigt ist, aber hier brauchte ich einen recht dicken Inbus-SchlĂŒssel, den ich nicht immer griffbereit haben muss. Nachdem das ganze GepĂ€ck weg war, sah man die Bescherung auch endlich richtig deutlich; siehe Foto unten. Nun, dann also Fahrrad auf die Seite gelegt, die beiden Schrauben gelöst, Rad zurĂŒckdrehen und alles richten und zuletzt die Schrauben wieder – so fest wie möglich – anziehen. NatĂŒrlich zum wiederholten Male GepĂ€ck draufpacken, Gurte spannen usw. – Die letzten 5 km nach Rotenburg an der Fulda, liefen dann endlich wieder ganz wunderbar. SO macht Trikefahren wieder Spaß. Aber die 40 km davor waren echt schlimm. Ich frage mich natĂŒrlich, warum ich das Problem nicht frĂŒher erkannt habe. Nun, erstens hatte ich das Problem zuvor noch nie. Zweitens lief das Rad ja mit gleicher Beladung am Vortag noch perfekt, denn sonst wĂ€ren die 132 km nicht möglich gewesen. Drittens konnte man den Schiefstand durch das viele GepĂ€ck darĂŒber und daneben nicht so leicht erkennen. Viertens sind mir keine merkwĂŒrdigen GerĂ€usche aufgefallen. Weder das Verdrehen der Rahmenrohre noch die wegen des schiefen Hinterrades sicher auch leicht verdrehte KettenfĂŒhrung, die zum schwereren Treten beigetragen haben könnte, haben besondere GerĂ€usche gemacht. Jedenfalls keine, die mir aufgefallen sind. Naja, egal, jetzt weiß ich was es war. Die Frage ist noch, warum es passiert ist, wenn’s vorher so lange gut gegangen ist. Da bin ich mir nicht ganz sicher, aber ich erinnere mich, dass ich mich heute Morgen beim Zusammenpacken – entgegen meiner sonstigen Gewohnheit – einmal leicht auf den GepĂ€cktrĂ€ger gesetzt habe. Nicht mal mit vollem Körpergewicht, aber vielleicht ist dabei schon was passiert? Ansonsten könnte ich mir noch vorstellen, dass die besonders rasante, da steile und leicht kurvige Abfahrt relativ frĂŒh heute Vormittag, auf der ich ohne Treten ĂŒber 60 km/h erreicht habe, vielleicht bei der schweren Beladung des Guten etwas zu viel war? Wer weiß… – Ich gehe jedenfalls davon aus, dass ein minimaler, anfĂ€nglicher SchrĂ€gstand schon ausgereicht hat und die GepĂ€cklast in Verbindung mit Kurvenfahrten es dann nach und nach verschlimmert hat.

p1000732

Wetter: Leider wieder etwas Morgentau auf Wiese und Zelt heute Morgen, aber dann war den ganzen Tag Sonne pur. Insofern war heute die komplette Strecke ein

p1000728

Leider gab’s relativ wenige schattige Abschnitte und an Steigungen machte mir vor allem der fehlende Fahrtwind zu schaffen, aber ich fahre lieber in der Sonne (und schwitze und trinke entsprechend viel) als bei Regen. Insofern ist gerade alles super mit dem Wetter. Zum GlĂŒck soll es wohl auch noch eine Weile so weitergehen. Das wĂ€re prima. 🙂

Der Rest des Tages in Kurzfassung, da eigentlich wie immer:
Abendessen kaufen, Campingplatz aufsuchen, Zelt aufbauen, Essen kochen, Essen, AbspĂŒlen, Duschen (inklusive!), Bloggen, Schlafen. (Hoffentlich, denn die Bahn ist recht nah und es fahren viele GĂŒterzĂŒge. Hoffentlich nachts keine oder zumindest deutlich weniger. – Nachtrag: Alles OK, ich konnte gut schlafen und habe nachts, vielleicht auch Dank der Ohrstöpsel und meiner MĂŒdigkeit, keine GĂŒterzĂŒge mehr gehört.) – Insgesamt einer der gĂŒnstigsten, aber dennoch sehr schönen, gut gepflegten und freundlich gefĂŒhrten CampingplĂ€tze. Dies war ĂŒbrigens der einzige Campingplatz auf der ganzen Reise, der auf der Preisliste offiziell “Strom fĂŒr ein Zelt” aufgefĂŒhrt hat, was aber mit 60 Cent sehr gĂŒnstig war. So war die Übernachtung trotz der Stromkosten immer noch gĂŒnstiger als die meisten anderen CampingplĂ€tze, wo ich den Strom gratis bekommen habe. => Empfehlenswert!

Und wie ĂŒblich noch der Track:

2016-09-10_track

Freitag, 09.09.2016:

Losfahr-Rekord: Abfahrt schon um 8:40 Uhr, allerdings war ich auch schon kurz vor dem Wecker (stand auf 7 Uhr) wach. Morgentau gab es zwar hier – Campingplatz Höxter – wieder etwas, aber es hielt sich noch in Grenzen.

Blöderweise konnte ich gestern Abend diesen fertigen Artikel hier nicht mehr online stellen, weil irgendwann das Tethering (d.h. die Bluetooth-Verbindung) zwischen Notebook und Smartphone nicht mehr funktionierte, d.h. genau genommen sieht alles gut aus, aber es tut’s trotzdem nicht. Das Smartphone ist online (getestet) und stellt einen mobile WLAN-Hotspot zur VerfĂŒgung. Das Notebook (mein Surface Pro 3 mit Windows 10) verbindet sich auch und sagt, er habe Internet. Ich kann sogar erfolgreich ein “ping www.google.de” absetzen, aber Webseiten gehen trotzdem nicht. NatĂŒrlich habe ich beide GerĂ€te mal neu gestartet, aber das Ă€ndert leider gar nichts.

Daraufhin habe ich versucht, in Höxter ein freies WLAN zu finden, mit dem ich mich per Notebook verbinden kann, um den fertigen Blogeintrag noch schnell hochzuladen, aber das war trotz zeitraubender, mehrfacher Versuche an unterschiedlichen Stellen mit unterschiedlichen Netzen leider nicht von Erfolg gekrönt. Teilweise bekam ich ĂŒbers Smartphone Zugang, aber auf dem Notebook klappte es dann trotzdem nicht. 🙁 Irgendwann habe ich dann entnervt aufgegeben und bin losgefahren. Nicht ohne mich vorher bei einem BĂ€cker mit der ĂŒblichen Tagesration (2 belegte Brötchen, 1 Teilchen und 1 Cola) einzudecken. Diverse Kilometer spĂ€ter kamen dann an einer Tankstelle noch zwei Radler hinzu. – Nun ja, als ich dann endlich richtig aus der Stadt Höxter losfuhr war es dann schon ca. 9:30 Uhr (oder sogar noch etwas spĂ€ter?). In der FußgĂ€ngerzone hatte ich noch ein Foto von diesen schönen HĂ€usern gemacht:

p1000613

Das Minimalziel fĂŒr heute war die Drei-FlĂŒsse-Stadt Hann. MĂŒnden (frĂŒher: Hannoversch-MĂŒnden), wo sich Werra und Fulda zur Weser vereinen. An dieser Stelle war ich gegen 14:45 Uhr.

p1000665

Ich war ĂŒberrascht, dass dort sogar der Merkspruch auf einem Stein eingraviert war, mit dem man sich die Namen der FlĂŒsse merken kann. Dies scheint mir das Original von 1899 zu sein. Ich kenne seit meiner Kindheit/Jugend eine etwas weniger nationalistische Variante: “Wo Werra und Fulda sich kĂŒssen / und ihren Namen lassen mĂŒssen / da entsteht durch diesen Kuss / der Weser-Fluss.” – Was der Spruch mir aber nicht beigebracht hatte, ist, dass der Zusammenfluss in der Stadt Hann. MĂŒnden geschieht. Tja, wieder was gelernt.

p1000662

Das war da zwar eine richtig schöne Stelle, aber um kurz vor 15 Uhr und mit nur 71 km wollte ich noch nicht Schluss machen. Außerdem hatte ich ja gerade Bekanntschaft mit der Fulda gemacht und wollte wenigstens noch ein StĂŒck an ihr entlangfahren. Das Problem ist, dass der nĂ€chste Campingplatz auf meiner Liste noch ca. 50 km entfernt lag. DafĂŒr war die Zeit eigentlich nun doch ein bisschen knapp, da ich ja eigentlich vor 18 Uhr auf dem Campingplatz sein möchte, lieber frĂŒher, damit ich alles Wichtige noch im Hellen erledigen kann. Das wĂŒrde wohl nicht mehr ganz klappen, aber was bleibt mir anderes ĂŒbrig. Die nĂ€chste Station ist Kassel und dort habe ich nur eine Jugendherberge auf der Liste, aber da das Wetter gut ist, möchte ich ja – wie die ganzen letzten Tage schon – zelten. Daher war also das neue Ziel der Campingplatz in Guxhagen. Die erste und einzige richtige Pause hatte ich in Hann. MĂŒnden, wo ich auch endlich das 2. Brötchen und ein Radler vertilgte. Vormittags das FrĂŒhstĂŒcksbrötchen und am spĂ€teren Nachmittag das Teilchen (heute eine Nussecke, die sich zwischen den kalten Radlern trotz Schokolade ĂŒberraschend gut in der kleinen KĂŒhltasche gehalten hat) habe ich wĂ€hrend der Fahrt zu mir genommen, um keine weitere Zeit zu verlieren. Also, kurz anhalten und die Sachen rausholen, musste ich natĂŒrlich schon, aber zum Essen habe ich mich eben nicht auf eine gemĂŒtliche Bank gesetzt, sondern auf meinen mindestens ebenso gemĂŒtlichen Liegesitz. Und wo ich da gerade schon mal so sitze, kann ich ja auch ein bisschen in die Pedale treten und Strecke machen… 😉

Und tatsĂ€chlich habe ich es dann geschafft, den Campingplatz Fuldaschleife bei Guxhagen um ziemlich genau 19 Uhr nach 123 km zu erreichen. 🙂
Ich bin sehr zufrieden, wieder mal einiges ĂŒber 100 km geschafft zu haben, denn in den nĂ€chsten Tagen kommen wohl auch hĂ€rtere Passagen mit kilometerlangen Steigungen, so dass ich dann vermutlich kĂŒrzere Etappen einlegen muss.

Bisher habe ich es immer geschafft, ohne Aufpreis Strom in mein Zelt zu bekommen. FĂŒr Wohnwagen/-mobile kostet sowas i.d.R. 2 – 4 €, allerdings verbrauchen die ja auch viel mehr, weil sie meist KĂŒhlschrank, Kochplatten, Licht etc. haben. Das habe ich in meinem Zelt ja alles gar nicht. Ich betreibe nur fĂŒr ein paar Stunden mein Notebook und lade mein Smartphone und diverse Akkus (Fotoapparat, Garmin GPS, Lampe vorne, Lampe hinten) auf. Alles zusammen sind das nur ca. 0,1 kWh, also echt nicht viel. Heute hat es aber leider nicht geklappt, weil scheinbar kein Platz mehr direkt neben einer Steckdose frei war. Mir wurde aber gesagt, dass auf der Zeltwiese eine Kabeltrommel sei und ich mir diese ausleihen könnte, um von dem Bauwagen, der als Abwaschwagen dient und auch eine Steckdose hat, den Strom zu meinem Zelt zu legen. Das habe ich dann auch gemacht, aber ich musste dann feststellen, dass die Kabeltrommel wohl leider defekt ist. So habe ich nur das nötigste direkt im Bauwagen aufgeladen, und das Handy wird aktuell am Notebook und bei Bedarf spĂ€ter noch an einer Powerbank aufgeladen.

Heute habe ich mir ausnahmsweise mal nichts selbst gekocht, sondern habe mir ein Schnitzel mit Pommes und Salat im Campingplatz-Restaurant gegönnt! Warum? Nicht nur, weil es schon spĂ€t war und das Kochen im Zelt immer so viele Insekten anlockt, sondern vor allem zur Feier der mutmaßlichen Halbzeit, denn der GesamtstreckenzĂ€hler zeigt 687 km an, was ungefĂ€hr die HĂ€lfte der zuvor ermittelten Gesamtstrecke ist! Kann natĂŒrlich sein, dass die Gesamtstrecke durch ein paar Umwege noch etwas lĂ€nger wird, aber so ungefĂ€hr kommt das hin.

Somit war das mal wieder ein gelungener Tag mit gutem Wetter, vielen Kilometern, dem Abschluss des Weserradweges und dem Erreichen der Halbdistanz!

Zum Wetter: Heute Vormittag war es recht dunstig/bewölkt, was aber ganz gut war, denn dadurch war es nicht ganz so heiß. SpĂ€ter kam dann die Sonne raus und es wurde deutlich wĂ€rmer, aber immer noch etwas kĂŒhler als gestern. Morgen und in den nĂ€chsten Tagen sollen die Temperaturen aber wieder krĂ€ftig steigen. Vielleicht nicht ganz optimal, aber deutlich besser als Regen! Daher habe ich wettermĂ€ĂŸig im Moment RiesenglĂŒck, denn ich hatte erst einen richtigen Regentag. 🙂

Nochmal zu der Norwegerin, die ich neulich getroffen habe: Ich hatte ihr erzĂ€hlt, dass ich zu Beginn meiner Ericsson-Zeit – so 1999/2000 – öfters in SĂŒdnorwegen direkt an der KĂŒste war. Ich bin damals immer von DĂŒsseldorf ĂŒber Kopenhagen nach Kristiansand geflogen. Von dort ging es mit dem Bus in ca. einer Stunde nach Grimstad, wo die Ericsson-Niederlassung war, wo ich hin musste. Es stellte sich dann heraus, dass die Norwegerin genau aus Kristiansand kommt und auch Grimstad wohl recht gut kennt. Mann, die Welt ist echt manchmal klein. – Ich meine, Norwegen ist groß. Sie könnte von wer weiß wo kommen. Und ich war bisher ĂŒberhaupt nur in diesen beiden Norwegischen StĂ€dten. Wie groß ist die Wahrscheinlichkeit, dass ich auf einem x-beliebigen Campingplatz an der Weser jemand genau von dort treffe? Irre!

Und wie ĂŒblich noch der Track:

2016-09-09_track

Donnerstag, 08.09.2016:

Genau 100 km heute; Punktlandung wĂŒrde ich sagen. 🙂 Geht also doch noch. Ich muss nur frĂŒh genug wegkommen. Und das hat heute prima geklappt. Wecker wieder auf 7 Uhr und Abfahrt weniger als 2 Stunden spĂ€ter (ein paar Minuten vor Neun). In der Zeit war diesmal nicht nur packen, Zelt abbauen und Fahrrad satteln dabei, sondern – vor dem Beladen – auch noch Fahrrad reparieren; d.h. eigentlich wĂ€re ich sogar noch etwas schneller gewesen. Vielleicht lag es daran, dass es heute Morgen auf dem Campingplatz in Rinteln – direkt am Doktorsee (der heißt wirklich so!) und unweit der Weser – kein bisschen Morgentau gab! Also keine nassen FĂŒĂŸe beim Schlurfen ĂŒber die Wiese und vor allem kein nasses Zelt! Ich bin echt begeistert. Da hat das Zeltabbauen auf jeden Fall mehr Spaß gemacht und ging deshalb vermutlich auch schneller. Direkt nach dem Start fand ich in Rinteln einen BĂ€cker, so dass ich die nĂ€chsten Stunden regelmĂ€ĂŸig Nahrung (= Energie) nachfĂŒllen konnte. So ging die Fahrt heute also bei bestem Wetter recht vergnĂŒgt los.

Kurz nach 10 Uhr sah ich dann was Interessantes am Wegesrand, genauer auf der Weser am Ufer, nĂ€mlich ein großes Floß. Da eh Zeit dafĂŒr war, habe ich das fĂŒr eine FrĂŒhstĂŒckspause genutzt und ein paar Fotos gemacht. Andere Zuschauer sagten mir, dass das Floß gestern angelegt habe, was wohl ein recht schwieriges Manöver gewesen sei. Jetzt schienen die Vorbereitungen auf die Weiterfahrt zu laufen, aber da es leider nicht danach aussah, dass das in KĂŒrze geschieht, bin ich dann weitergefahren. Die Ausstattung war jedenfalls toll. Ein ĂŒberdachter Sitzbereich mit Biertischen und BĂ€nken, eine ĂŒberdachte KombĂŒse, eine Feuerstelle usw. Die DLRG war auch mit einem Boot vor Ort, aber seht selbst:

p1000519

Die wohl bekannteste Station meiner heutigen Etappe ist Hameln. Ich habe – wie geplant KEINE Sightseeingtour gemacht, aber was so am Wegrand liegt, nehme ich natĂŒrlich mit. Ein RattenfĂ€nger ist mir zum GlĂŒck nicht begegnet; außer auf dem Schild eines Hotels. Ansonsten scheint in der Stadt wirklich alles auf diese Legende aufgebaut zu sein. So gibt es z. B. eine RattenfĂ€ngerhalle und die BegrĂŒĂŸung und Verabschiedung sahen so aus:

p1000526

p1000545

Weiter auf dem Weg sah ich ĂŒberraschenderweise ein in Betrieb befindliches Atomkraftwerk an der Weser. Ein vorbeiradelnder Ă€lterer Herr erklĂ€rte mir, dass das das AKW Grohnde sei. Niedersachens jĂŒngstes AKW mit einer Laufzeit bis 2022. – Mir war nicht mal der Name bekannt. Scheinbar hat es da weniger Pannen und Proteste gegeben als bei anderen Meilern, so dass das AKW weniger/nicht in den Nachrichten auftauchte!?

p1000558

Dann habe ich ewig lange nach einer Bank im Schatten Ausschau gehalten, um Mittagspause zu machen, aber auf dem Streckenabschnitt gab’s einfach nix VernĂŒnftiges. Wenn denn mal eine Bank da war, dann in der prallen Sonne. Das wĂ€re heute aber nicht auszuhalten gewesen. Durch den Fahrwind war’s auf dem Rad gerade noch ertrĂ€glich, aber wehe man kommt zum Stillstand oder muss auch nur langsam eine Steigung hoch. Die Steigung ist dann gar nicht das Schlimmste, sondern der fehlende Fahrtwind bei dem geringen Tempo. Mit meinem sehr voll beladenen Rad komme ich Steigungen nur im Schneckentempo hoch; dafĂŒr bin ich bei Abfahrten der King und kann dann gelegentlich sogar wieder Pedelec-Fahrer ein- und ĂŒberholen. 😉 Äh, ach ja, eigentlich wollte ich ja von der Mittagspause berichten. Die habe ich dann schließlich am Wegesrand im Schatten einiger – ebenfalls in dem Bereich sehr seltenen – BĂ€ume gemacht: wie ĂŒblich zweites Brötchen und der Rest der Cola. Da es keine Bank gab und mein Liegerad ohnehin sehr gemĂŒtlich ist, bin ich einfach sitzen geblieben und habe den Kopf abgelegt auf dem wasserdichten Beutel mit dem Schlafsack. Sehr weich und bequem. Am liebsten hĂ€tte ich die Augen einfach zu und einen Mittagsschlaf gemacht, aber dafĂŒr war die Stelle dann leider doch etwas zu belebt; außerdem wollte ich ja heute mal wieder Strecke machen und Kilometer sammeln.

In Bodenwerder fand ich an der Strecke einen REWE mit GetrĂ€nke-Markt dabei, so dass ich gekĂŒhltes Radler (diesmal musste ich also nicht zur Tanke!) sowie im “normalen” Markt noch eine Dose Linseneintopf fĂŒr’s Abendessen sowie ein Pack Bifi Roll zum AuffĂŒllen der Notreserven kaufen konnte.

Heute war es echt warm, denn die Sonne hat von morgens bis abends geschienen, was grundsĂ€tzlich natĂŒrlich schön ist. Daher habe ich heute aber auch mindestens 5,5 Liter getrunken, davon mindestens 3,5 Liter Leitungswasser aus meinem Trinksystem, aber Pinkelpausen waren extrem rar. An solchen Tagen verdunstet das meiste einfach…

p1000603
Figuren am Weseruser in Holzminden

Über Holzminden (siehe Foto) ging es dann nach Höxter, wo fĂŒr mich dann fĂŒr heute Schluss sein sollte. Dieser letzte Streckenabschnitt war ĂŒbrigens fazinierend, denn es kam mir eigentlich fast die ganze Zeit so vor, als ob ich leicht abwĂ€rts fahren wĂŒrde, aber die Weser war nicht weit und ich fuhr ja weiterhin die Weser flußaufwĂ€rts. Also, wenn die Weser jetzt nicht plötzlich Berge rauffließen kann, kann das eigentlich nicht sein.. aber dann war das irgendwie eine verdammt gute optische TĂ€uschung. Dabei lief das Rad auf der Schlussetappe gefĂŒhlt auch etwas leichter… komisch. – Nein, ich glaube nicht, dass ich einen Sonnenstich habe, da ich immer meine Kappe trug und ja bekanntlich genug getrunken habe. Bis dahin auch nur ein Radler. Das kann es also nicht sein. 😉

Die erste Unterkunftsmöglichkeit (Zelten beim Weser Aktivhotel Corvey), welche noch etwas vor dem Stadtkern von Höxter liegt, hatte heute aber leider nicht offen, so dass ich ein paar Kilometer weiter bis ins Zentrum von Höxter radeln und dort die WeserbrĂŒcke ĂŒberqueren musste, um auf den Platz “Wesercamping Höxter” zu gelangen. So habe ich die 100 km heute doch noch so gerade eben erreicht. Danke nochmal an die geschlossene erste Unterkunft. 😉

Dann wie ĂŒblich schnell das Zelt aufbauen, was kochen, essen und natĂŒrlich duschen. Praktischerweise hat dieser Campingplatz nicht nur eine Waschmaschine, wie die meisten, sondern auch einen WĂ€schestĂ€nder im Waschraum. Daher habe ich mir noch schnell die nötigen MĂŒnzen fĂŒr die Waschmaschine geholt und meine Klamotten reingeworfen. Ich denke/hoffe mal, dass die dort drinnen auf dem StĂ€nder bis morgen frĂŒh auf jeden Fall trocken sein sollten. FĂŒr morgen habe ich eh noch frische Sachen, aber das sind dann auch die letzten fĂŒr tagsĂŒber.

Hier nochmal ein Bild vom aufgebauten Zelt mit Blick ins Innere. Das eigentliche Zelt – ein Exped Gemini II – ist hinten. Das hat natĂŒrlich ein Insekten-sicheres Innenzelt. Dazu habe ich dann noch diesen Anbau, das “Exped Outer Space“, welches recht flexibel ist und sich mit vielen anderen Zelten kombinieren lĂ€sst. Ich nutze es vor allem als Fahrradgarage (links seht ihr zumindest einen Reifen und den schwarzen Sitz), weil man RĂ€der auf CampingplĂ€tzen nicht unbedingt in ZeltnĂ€he anschließen kann, ich möchte es aber aus SicherheitsgrĂŒnden schon gerne in meiner NĂ€he haben. ZusĂ€tzlich kommen auch alle meine Taschen gut darin unter und bei Regen habe ich darin auch schon mit dem Trangia (vorne rechts) gekocht. Ich verlasse das Zelt auch immer nur ĂŒber den Anbau, einfach, weil er durch den großen Bogen höher ist und man sich so schon halb stellen kann, was im niedrigeren Zelt kaum/nicht möglich ist. Das Outer Space hat zwar nochmal extra gekostet und bringt nochmal ein gutes Kilogramm Extragewicht, aber es hat sich schon jetzt fĂŒr mich sehr bezahlt gemacht und ich möchte es definitiv nicht missen.

p1000609

Und wie ĂŒblich noch der Track:

2016-09-08_track

Mittwoch, 07.09.2016:

Der Wecker ging mal wieder um 7 Uhr. Bisher hatte ich ohne Zeltabbauen morgens ja immer 2 Stunden gebraucht, bis ich endlich abfahrbereit war; mit Zelt sogar noch eine halbe Stunde lĂ€nger. Heute jedoch war ich sogar mit Zelt zusammenpacken (wie ĂŒblich feucht vom Morgentau) in 2 Stunden – also “schon” um 9 Uhr – fertig. Rekord. Da geht noch was… 😉

p1000412Bis ich dann wirklich losgefahren bin, war es dann aber doch wieder fast 9:30 Uhr, da die Norwegerin (sie möge mir verzeihen, dass ich den Namen nicht behalten habe; der war zu lang/kompliziert fĂŒr mich) und ich bei der Verabschiedung noch in die ein oder andere Fachsimpelei ĂŒber Zelte, Reiseziele, Verzögerungen durch WĂ€sche und Radreisen im Allgemeinen verfallen sind. Mein Problem von gestern, dass die WĂ€sche erst trocken wird, wenn die Sonne mittags hoch am Himmel steht, und man dann halt einfach nur warten kann, obwohl man vielleicht sogar schon (fast) alles fertig gepackt hat und losfahren möchte, kennt sie ebenfalls. Ist halt so, geht auf solchen Reisen nicht anders. Dann muss man halt mal einen Kurztag wegen der WĂ€sche einlegen. Zum Thema Kochen: Sie hat ĂŒbrigens das gleiche Trangia-Kocherset wie ich. 🙂 Der Trangia-Kocher bzw. das Set ist einfach praktisch! Beim nĂ€chsten Mal könnte ich aber evtl. etwas optimieren, denn bisher habe ich immer nur einen der beiden Töpfe gebraucht und den Wasserkocher noch gar nicht, da ich ja keinen Kaffee trinke und es mir fĂŒr Tee – zum GlĂŒck – nicht kalt genug ist. Nun ja, es waren jedenfalls interessante GesprĂ€che.

Praktischerweise gibt es in Stolzenau – direkt um die Ecke beim Campingplatz – einen BĂ€cker, wo ich mich mit zwei belegten Brötchen, einem Teilchen und einer kalten Cola fĂŒr den Tag eingedeckt habe. Super.

Die dazugehörige FrĂŒhstĂŒckspause auf einem schönen, schattigen Rastplatz direkt am Weserradweg gab es aber erst nach einer Stunde, gegen 10:30 Uhr. Erst die Arbeit, dann das VergnĂŒgen! Ein paar Kilometer mĂŒssen schon sein, damit sich der Appetit richtig entwickeln kann. 😉

Anschließend ging es dann weiter auf Petershagen zu. Dieser Streckenabschnitt hat mir sehr gut gefallen, weil man auf einer Art Fahrradautobahn fuhr. Zwar war sie leider nicht allzu breit, aber geteert, ĂŒber mehrere Kilometer fast kerzengerade, also ohne die sonst oft ĂŒblichen Zickzack-Wege, und noch dazu komplett von BĂ€umen und/oder BĂŒschen gesĂ€umt, so dass man fast immer im Schatten fuhr, was ich einem sonnigen Tag wie heute sehr zu schĂ€tzen wusste. Hier das Bild dazu:

p1000434

Übrigens sieht man unterwegs eine Menge lustige Dinge. Ich habe mittlerweile schon eine ganze Reihe schöner, interessanter oder einfach lustiger Schilder, d.h. vor allem Autokennzeichen und Straßenschilder gesammelt und bin immer aufmerksam auf diese KuriositĂ€ten am Straßenrand. Daraus muss ich spĂ€ter – vermutlich am Ende der Tour – mal einen eigenen Blog-Eintrag mit den Highlights machen. Hier aber schon mal mein heutiges Highlight: Ein Trakor komplett aus Strohballen; mit Fahrerin. Tolle Idee und Umsetzung.

p1000417

Kurz vor Minden macht die Weser mal wieder eine ihrer Schlaufen, aber die Berufsschifffahrt fĂ€hrt geradeaus eine AbkĂŒrzung durch eine Schleuse. Leider wird die “Weserschleuse Minden” z. Zt. neu gebaut – laut Bauschild von 2010 bis 2015 – aber es waren auch jetzt (im Jahr 2016) leider immer noch Bauarbeiten im Gange und es war die Umleitung U5 fĂŒr FahrrĂ€der ausgeschildert, da man wohl den Weserkanal aktuell nicht wie ĂŒblich ĂŒber die Schleuse ĂŒberqueren kann. Der Umweg war aber zum GlĂŒck nicht allzu groß. Statt ĂŒber die Schleusenanlage musste man eben ĂŒber die nĂ€chste BrĂŒcke fahren und wieder etwas zurĂŒck. Als ich die Schleuse bereits umfahren und schon wieder auf dem richtigen Track fuhr, fĂŒhrte ein weiterer U5-Wegweiser wieder von der Route ab, aber da bin ich dann auf meiner Route, also dem D9 bzw. Weserradweg, geblieben und wieder zur Weser gefahren, was auch richtig war. Keine Ahnung, warum sie da noch ein Umleitungsschild hĂ€ngen haben.

Ich hatte mittlerweile Minden erreicht, es war knapp 13 Uhr, und nach 37 gefahrenen Kilometern lud eine Bank im Schatten mit Weserblick zur Pause und zum Vertilgen des zweiten Brötchens sowie dem Rest Cola ein. 🙂

Als es dann weiterging, sah man nicht nur die Mittelgebirgsschwelle – eine lange Mittelgebirgskette – die sich fast wie aus dem Nichts erhebt -, sondern  auch schon den Weserdurchbruch bei Porta Westfalica mit dem Kaiser-Wilhelm-Denkmal rechts am Berg.

p1000459

Leider steht da aktuell noch ein Kran daneben, da das ganze Denkmal renoviert und einige Nebenanlagen wieder neu aufgebaut werden sollen, die im Krieg bzw. kurz danach durch Sprengungen der darunter liegenden Stollen durch die Alliierten zerstört wurden.

p1000473

Es war ĂŒbrigens ein sehr erhebendes GefĂŒhl, endlich den Weserdruchbruch bei Porta Westfalica zu durchfahren, denn damit habe ich die norddeutsche Tiefebene hinter mir gelassen und – tadaaaa! – mich hat sogar (kurzzeitig) das Land Nordrhein-Westfalen wieder. Ist zwar “nur” Westfalen hier und nicht das Rheinland, aber immerhin NRW. 😉 Sorry, liebe Westfalen, das musste ich als RheinlĂ€nder (genauer: Niederrheiner) sagen, aber schön habt ihr’s hier ja doch.

Wiederum etwas spĂ€ter, um 15:38 Uhr, hĂ€tte ich eigentlich einen Schnaps gebraucht, denn ich bin laut Garmin-GPS seit Tourbeginn genau 444,4 km gefahren. Leider hatte ich weder Schnaps (egal, den mag ich eh nicht), aber leider nicht mal ein Radler dabei, da ich bisher an keiner Tankstelle vorbeigekommen war. In Tankstellen bekommt man ĂŒbrigens am besten gekĂŒhlte GetrĂ€nke; da i.d.R. die Auswahl gut ist und man die Sachen schnell findet; anders als in SupermĂ€rkten, wo man lange suchen muss und dann doch nicht immer das gewĂŒnschte GetrĂ€nk gekĂŒhlt zu haben ist. Nun ja, zur Feier der 444,4 km habe ich dann halt die Rosinenschnecke gegessen. – Das mit dem Radler habe ich dann etwas spĂ€ter in Vlotho nachgeholt, weil dort endlich mal wieder eine Tankstelle auf der Weserradwegroute lag.

Übrigens, entgegen anderslautenden GerĂŒchten stille ich meinen HauptflĂŒssigkeitsbedarf nicht mit Radler, sondern mit Leitungswasser, das ich aus einer 3-Liter-Trinkblase von Source trinke. Das Trinken geht damit – auch wĂ€hrend der Fahrt – sehr einfach durch einen Schlauch mit Ventil im MundstĂŒck. Die Trinkblase steckt in einer speziellen Tasche, welche einerseits isoliert und so dafĂŒr sorgt, dass das Wasser trotz Sonne nicht bald kochend heiß wird, und andererseits viele Ösen zur Befestigung hat. (An dieser Stelle schönen Dank an den lieben Kollegen, von dem ich den Tipp habe! – Er wird wissen, dass er gemeint ist.) An zwei der Ösen (oben rechts und links) habe ich Karabier gemacht, welche in den GepĂ€cktrĂ€ger und die Fahrradtasche eingehĂ€ngt werden, so dass die Trinktaschen senkrecht rechts und links neben dem Sitz hĂ€ngen. Ich habe nĂ€mlich festgestellt, dass es schwierig bis unmöglich ist, die Trinkblasen leer zu trinken, wenn sie liegen. HĂ€ngend geht das jedoch wunderbar. – Aber zurĂŒck zu den anderen GetrĂ€nken: Die Cola am Morgen und das Radler am (Nach-)Mittag sind nur eine zusĂ€tzliche FlĂŒssigkeitsquelle, weil’s eben lecker schmeckt und ein bisschen Extra-Energie liefert. So trinke ich dann je nach Witterung tagsĂŒber schon 3 – 4 Liter (davon 2 – 3 Liter Wasser) und abends dann mindestens einen weiteren Liter (ein zweites Radler und viel Wasser).

Schlusspunkt der heutigen Etappe ist der Campingplatz Doktorsee in Rinteln. Das ist ein riesiges GelĂ€nde, wo man außer Zelten und Campen wohl auch HĂ€uschen mieten kann. Eigentlich nicht schlecht, aber leider bisher der teuerste Campingplatz Bisher kostete mich das Zelten zwischen 7 und 10 €, wobei unbegrenzt Duschen inklusive war. Hier kostet es 11,70 € und Duschen extra (20 Ct. fĂŒr 1 Min., 50 Ct. fĂŒr 3 Minuten). Also hat mich die Übernachtung insgesamt 12,20 € gekostet, weil die allabendliche Dusche unbedingt sein muss. Naja, grundsĂ€tzlich geht auch das preislich noch, aber ich bin halt bisher von den schönen, eher kleineren und gĂŒnstigen CampingplĂ€tzen verwöhnt. An einige Stellen der Ostsee verlangen sie aber wohl auch locker mal das Doppelte. Wahnsinn.

Mein Touren-Gesamtkilometerstand betrĂ€gt jetzt 462,4 km, was ungefĂ€hr ein Drittel der geplanten Strecke von 1.350 km ist. Kann natĂŒrlich sein, das wegen Umwegen durch Sperrungen oder zwecks Übernachtung noch was dazukommt, aber ich denke, man kann trotzdem sagen, dass ich jetzt ein Drittel geschafft habe! Heute Meilensteine ĂŒber Meilensteine. Ich bin happy und mir geht’s gut. Mit der Zeit kriegt man einen gewissen “Flow”… weil sich die AblĂ€ufe besser einspielen und nicht mehr alles so neu ist. Ich hatte vorher z. B. keinerlei Campingplatz-Erfahrung, aber das geht alles recht problemlos.

Knie: Alles wie gehabt. Ich werde da jetzt nichts mehr zu schreiben, außer es wĂŒrde sich deutlich verschlechtern.

Und hier noch der obligatorische GPS-Track der heutigen Strecke. (Hmm, irgendwie scheinen die Höheninfos abhanden gekommen zu sein, denn sooo flach, dass alles genau die gleiche Farbe hat, war es dann doch nicht.)

2016-09-07_track

Auf der Karte sieht man auch gut in grĂŒn die Gebirgskette, welche nur bei Porta Westfalica kurz unterbrochen ist.

Dienstag, 06.09.2016:

Wie? Nicht mal ganz 33 km? SchwÀchelt der jetzt schon?

Nein, natĂŒrlich nicht, aber den Grund seht Ihr auf dem folgenden Bild vom direkt an der Weser gelegenen Campingplatz in Drakenburg.

P1000347_800x600

In der Mitte mein Zelt auf der ansonsten leeren Zeltwiese. Überhaupt scheint dort auf dem Campingplatz – zumindest werktags – nicht so besonders viel los zu sein. Vielleicht liegt’s daran, dass er zu einem Wassersportverein gehört und in dem Sinne kein ganz normaler Campingplatz ist? Aber mich hat die Ruhe nicht gestört; im Gegenteil! Rechts seht Ihr zwischen den BĂ€umen die Weser; das Weiße gehört zu einem Boot, das dort am Steg festgemacht war. Mein Zelt stand höchstens 5 Meter von der Weser entfernt. 🙂 Der Grund fĂŒr die wenigen Kilometer ist aber der WĂ€schestĂ€nder dazwischen. Ich hatte gestern immer noch die nassen/klammen Klamotten vom Regentag vorgestern dabei, weil die in Zeven nicht ĂŒber Nacht im Zelt getrocknet sind, obwohl ich sie mit praktischen ReisefaltbĂŒgeln aufgehangen hatte. Außerdem hatte ich auf dem Campingplatz abends noch ein paar Sachen in die Waschmaschine geschmissen. Leider sind die Sachen in der Abendsonne nicht schnell genug getrocknet und dann stieg auch schon bald Nebel auf und machte alles eher wieder feuchter als trockener. Die Außenzelte waren natĂŒrlich auch noch sehr nass. Um nun alles mal richtig trocken werden zu lassen, habe ich beschlossen, der WĂ€sche und dem Zelt so lange die schöne Morgensonne zu gönnen, bis alles trocken ist.

In der Zwischenzeit habe ich dann noch den gestrigen Blogeintrag hochgeladen. Der war zwar abends noch fertig geworden, aber die Internet-Verbindung vom Notebook aus ĂŒber das Handy hatte irgendwie nicht mehr funktioniert. Morgens ging es dann wieder. Dann habe ich mich noch etwas ausgeruht, ein paar Kekse gefrĂŒhstĂŒckt (mehr gab der Fundus nicht mehr her) und dann irgendwann mal so langsam alles eingepackt, als die Sachen versprachen, bald trocken zu sein. Losgekommen bin ich daher heute erst gegen 13:30 Uhr.

Vorteil des spĂ€ten Losfahrens: Alles konnte schön in der Sonne trocknen. Der Nachteil ist aber, dass das Zusammenpacken bei höheren Temperaturen in der Sonne schweißtreibender ist als am frĂŒhen, kĂŒhlen Morgen. Wenn möglich, bevorzuge ich daher die frĂŒhere Abreise. 😉

Dann suchte ich in Nienburg erst mal eine BĂ€ckerei, fand aber als erstes eine Tankstelle. Ich dachte mir, dass ich da wenigstens schon mal kĂŒhle GetrĂ€nke (Cola und ein Radler fĂŒr spĂ€ter) bekommen wĂŒrde (war auch so), aber die belegten Minibaguettes sahen auch gut aus, so dass ich auch diese mitnahm und eines davon auf einem schattigen PlĂ€tzchen neben der Tankstelle um 14 Uhr verspeiste, als FrĂŒhst… Ă€h, Mittagessen. Beim Losfahren sah ich dann, dass direkt dahinter zwei BĂ€ckereien waren, aber da hĂ€tte ich vermutlich kein Radler bekommen und außerdem waren die beiden Tankstellen-Baguettes ĂŒberraschend gut.

Auf dem Weserradweg gibt es immer mal wieder diese – siehe Foto – schönen, recht neuen RasthĂ€uschen, die bei Sonne – so wie heute – Schatten spenden und auch bei Regen zu einer Rast einladen. Echt super fĂŒr Radwanderer. Hier habe ich gegen 16 Uhr das zweite Minibaguette und den Rest der Cola vertilgt.

P1000398_800x600

Durch die Rast war ich eigentlich gut gestĂ€rkt fĂŒr einige weitere Kilometer, aber obwohl ich heute Morgen… Ă€h, Mittag… na gut, Nachmittag… erst spĂ€t losgekommen bin, wollte ich dennoch heute mal frĂŒher Schluss machen, damit sich der ganze Rhythmus aus Fertigmachen, Losfahren, Zelt aufbauen, Duschen, Essen, und Bloggen sich etwas nach vorne verschiebt, denn es wurde die letzten Abende manchmal doch recht spĂ€t, was fĂŒr einen frĂŒhen Aufbruch nicht gerade hilfreich ist.

Daher habe bereits um kurz nach 17 Uhr den Campingplatz in Stolzenau angesteuert, der ebenfalls direkt an der Weser liegt. Der nĂ€chste Campingplatz auf meiner Liste wĂ€re in Petershagen gewesen, aber dafĂŒr hĂ€tte ich noch fast 2 Stunden fahren mĂŒssen. 19 Uhr auf dem Campingplatz war mir dann aber zu spĂ€t, da es mittlerweile doch recht frĂŒh dunkel wird.

Die letzten Tage gab es immer Nudeln mit WĂŒrstchen in verschiedenen Variationen, weil ich die Sachen hatte und insbes. die WĂŒrstchen sich ja auch nicht ewig halten. Heute jedoch habe ich mir ein paar Kartoffeln gekauft und dazu fertige Bolognese-Sauce. Klingt jetzt ungewöhnlich, ist es wahrscheinlich auch, aber nach 3 Tagen Nudeln wollte ich mal was anderes und lecker war’s auf jeden Fall. Ich koche immer auf meinem schwedischen Trangia-Brennspiritus-Kocher. Das geht wirklich prima. Das folgende Foto zeigt mich beim Kartoffelschneiden, wĂ€hrend das Wasser schon mal heiß wird. Damit’s schneller geht, steht die Pfanne als Deckel auf dem Topf drauf. Das silberne ist der Windschutz. – Mein Zelt ist ĂŒbrigens hinten rechts vor dem Weg, aber ganz knapp nicht mehr zu sehen. Das einzige, was man davon sieht ist ein kleines gelbes FĂ€hnchen von einer der AbspannschnĂŒre, damit niemand drĂŒber stolpert.

P1000404_800x600

Das Foto hat ĂŒbrigens eine Norwegerin gemacht, die ebenfalls mit dem Rad unterwegs ist und dort ihr Zelt aufgeschlagen hat. Sie fĂ€hrt allerdings ein normales Zweirad, dafĂŒr mit einrĂ€drigem AnhĂ€nger, hat also insgesamt auch drei RĂ€der. Wir haben uns auf Englisch unterhalten und sie erzĂ€hlte dann, dass sie die ganze Strecke von Norwegen bis hier gefahren ist und weiterfahren möchte bis nach Spanien und Portugal und dann wohl noch nach Italien. DafĂŒr hat sie sich ein Jahr Zeit genommen. Außerdem erzĂ€hlte sie, dass sie, als ihr Sohn 13 Jahre alt war, ihm versprochen hat, mit ihm ins Disneyland nach Paris zu gehen, wenn – ja wenn(!) – sie dahin mit dem Rad fahren. Und das haben sie dann wohl auch tatsĂ€chlich so gemacht; mit tĂ€glichen Etappen von ca. 100 km. Tolle Leistung, schon fĂŒr einen Erwachsenen, aber erst recht fĂŒr einen 13-JĂ€hrigen. Wow.

Bisher ist es mir immer gelungen Strom ins Zelt legen zu können, so dass ich abends problemlos bloggen und alle meine Akkus (Garmin GPS sowie Fahrradlampen vorne und hinten) und das Handy aufladen konnte. Notfalls kĂ€me ich aber auch mal eine Nacht ohne Strom aus, weil das Notebook (Surface 3 Pro) ganz gut durchhĂ€lt, ich einige vollgeladene Ersatzakkus sowie eine 5000 mAh PowerBank (Sanyo Mobile Booster) fĂŒr das Handy dabei habe. Mein “Arbeitszimmer” zum Bloggen sieht dann allabendlich so aus:

p1000408

Ich sitze dabei ĂŒbrigens auf meiner Isomatte, einer Thermarest Trail Pro in GrĂ¶ĂŸe L, auf der ich auch immer sehr gut schlafe. Da ich selbst 1,80 m groß bin, wĂ€re die normale GrĂ¶ĂŸe (“regular”) mit einer LĂ€nge von 183 cm etwas knapp. Daher habe ich mich fĂŒr die 196 cm lange und 63 cm breite “Large”-Variante mit 5 cm Dicke entschieden, was ich nicht bereut habe. Der blaue Schlafsack im Hintergrund ist ein Frilufts Leera Comfort; ebenfalls in GrĂ¶ĂŸe L, d.h. fĂŒr KörpergrĂ¶ĂŸen von 175 – 190 cm. Es handelt sich dabei um einen Kunstfasterschlafsack. Daune wĂ€re zwar kleiner und leichter gewesen, aber da ich recht leicht schwitze und Kunstfaser schneller trocknet, habe ich mich gegen Daune entschieden. Zum Schlafen wird das ganze noch abgerundet durch ein praktisches, aber bequemes, aufblasbares Kissen (Sea To Summit Aeros Ultralight Pillow), welches gut in das Kopfteil des Schlafsacks passt und so nachts nicht wegrutscht. Super. Schlafprobleme habe ich im Zelt im Prinzip keine, da es wirklich sehr bequem ist, aber dennoch bin ich nachts schon öfter aufgewacht als im heimischen Bett; allerdings auch immer schnell wieder eingeschlafen.

Und hier noch der obligatorische GPS-Track der heutigen Strecke. Die Farben des Tracks zeigen wieder die relativen Höhen: Blau fĂŒr tief und je heller das grĂŒn, desto höher.

2016-09-06_Track

Last, but not least: Das linke Knie hat sich zwar anfangs wieder gemeldet, aber nicht allzu schlimm, da es ĂŒber den Tag ja eher besser wird.

Montag, 05.09.2016:

Da ich heute wieder “nur” eine Strecke von 100 km oder vielleicht sogar eher weniger schaffen wollte, hatte ich den Wecker wieder auf 8 Uhr gestellt. Abfahrt um 10 Uhr war OK, aber dadurch, dass ja auch noch das Zelt mitsamt Schlafsack, Isomatte etc. eingepackt werden musste, hat alles noch ein bisschen lĂ€nger gedauert. Als ich gerade im Zelt dabei war, die Sachen in die Taschen zu packen, regnete es ĂŒbrigens noch, so dass das Zelt nochmal richtig schön nass wurde. 🙁 Und zur Rezeption musste ich ja auch noch, um die Übernachtung zu bezahlen (10,- €). Dabei wollte die nette Dame von der Rezeption unbedingt mal auf dem Liegerad probesitzen. Nun ja, letztlich bin ich dann erst nach 10:30 Uhr losgekommen. 🙁

Von gestern waren ja alle Sachen, die ich am Körper trug, klamm bis klatschnass. Ich habe die dann zum Trocknen auf BĂŒgel in mein Zelt gehĂ€ngt. Ja, mein Zeltanbau, der eigentlich primĂ€r als Fahrradgarage gedacht war, hat mir gestern schon gute Dienste als großzĂŒgige und vor allem trockene Kochstelle geleistet hat, ist hoch genug und hat passende Ösen, um die Sachen dort hinzuhĂ€ngen; siehe Bild.

p1000289

Nur leider war die Luftfeuchtigkeit durch den anhaltenden Regen in der Nacht so hoch, dass die Sachen keine Chance hatten, trocken zu werden. Schade, vor allem, weil auch noch die gute Regenjacke so nass war, dass es keinen großen Spaß machen wĂŒrde, das klamme Ding wieder anzuziehen. Zum GlĂŒck habe ich eine zweite, wenn auch weniger gute Regenjacke eingepackt. Sie hat leider keine Kapuze, sitzt deutlich enger und hat auch keine so tolle variable LĂŒftungsmöglichkeiten wie die andere Jacke… aber besser als nichts. 😉 Die nassen Sachen habe ich erst mal in eine TĂŒte verpackt, um sie heute Abend – bei hoffentlich besserem Wetter – trocknen zu lassen.

Das Wetter war erst trĂŒb, also stark bewölkt, aber immerhin trocken. Gegen Mittag kam sogar mal leichter Nieselregen runter, so dass ich meine Zweitregenjacke rausgekramt und angezogen habe. Etwas spĂ€ter wurden die WolkenlĂŒcken immer grĂ¶ĂŸer und die Sonne kam immer mehr raus, so dass es mir in der Regenjacke bald schon wieder zu warm wurde und ich sie bei der nĂ€chsten Rast ausgezogen habe. Das gute Wetter hielt sich dann bis zum Abend. Es geht wettermĂ€ĂŸig also deutlich bergauf. Juchu!

Eine BĂ€ckerei habe ich schon kurz nach dem Start direkt in Zeven gefunden. Um die Suche zu beschleunigen, fragte ich eine Radfahrerin, wo denn die nĂ€chste BĂ€ckerei sei. Eine war quasi direkt gegenĂŒber, aber sie empfahl mir stattdessen eine, die 2 Straßen weiter lag, weil es da weniger voll sei. Netter Tipp. Ich kam wirklich sofort dran und die belegten Brötchen waren die besten, die ich bisher auf der Tour gegessen habe. Ähnlich war es ĂŒbrigens gestern in GlĂŒckstadt. Da hatte ich auch einen Passanten (Mann mit Tochter) gefragt. Er verwies mich auf die beiden BĂ€ckereien auf dem Platz gegenĂŒber. Allerdings warnte er mich auch direkt, dass das die nicht so gut seien, weil es eben so System-BĂ€ckereien seien, also kein richtiger alteingesessener BĂ€cker, der noch vieles/alles selbst macht. Er sollte damit ĂŒbrigens recht behalten. Der Laden war eine Katastrophe! Die junge Bedienung hatte keine Ahnung und es hat alles sehr lange gedauert. Zur Krönung haben sie die auch noch den Belag so dermaßen in Remoulade ertrĂ€nkt, dass bei jedem zweiten Biss etwas davon rausquoll und mir auf die Klamotten und/oder den Boden tropfte. Bei meiner StammbĂ€ckerei in Aachen fragen sie wenigstens, ob man Remoulade oder Butter möchte. Ergo: Am besten Passanten fragen, die sich vor Ort auskennen, sich was empfehlen lassen und fĂŒr einen Geheimtipp lieber einen kleinen Umweg in Kauf nehmen.

Mein Laune war auf der ersten Etappe von Zeven bis Sottrum mal wieder etwas gedrĂŒckt. Vielleicht weil ich noch spĂ€ter als bisher losgekommen bin. Vielleicht weil die Klamotten ĂŒber Nacht nicht trocken geworden sind. Vielleicht weil ich gehofft hatte, dass es trocken bleibt, aber es nicht so aussah. Vielleicht weil… ach, was weiß ich. – Diesmal habe ich die schlechte Laune jedoch nicht einfach so hingenommen, sondern aktiv dagegen angekĂ€mpft, in dem ich Lieder gesungen habe. Keine Sorge, nur, wenn keiner in der NĂ€he war. 😉 Blöd, wenn einem zunĂ€chst nur melancholische Spirituals und Gospels einfallen oder Lieder von denen man neben dem Refrain höchstens noch Fragmente der Strophen zusammenbekommt. Aber gut ist, wenn es trotzdem funktioniert. 😉 Als ich dann mit Sottrum nicht nur die erste Teilstrecke des heutigen Tages erreicht, sondern noch dazu eine Tankstelle mit einer sehr freundlichen und sehr an der Tour interessierten Bedienung gefunden und je ein Radler fĂŒr Mittagspause und Abendessen eingekauft hatte, war meine Laune wieder gut. Dazu trug allerdings auch das Wetter deutlich bei, denn die Sonne kam raus.

Das nĂ€chste große Ziel war Verden an der Aller bzw. die Weser, die kurz dahinter liegt. Bedeutend ist das fĂŒr mich vor allem deshalb, weil sich die Gesamtstrecke in 4 unterschiedlich lange TeilstĂŒcke aufteilt. Die erste Etappe geht von Flensburg nach Verden bzw. die Weser. Diese Etappe habe ich quasi frei – anhand von OpenStreetMap-Karten und den darin verzeichneten Radwegen – geplant. Ab der Weser beginnt fĂŒr mich das zweite und lĂ€ngste TeilstĂŒck der gesamten Tour, denn von der Weser bei Verden bis nach Donauwörth an der Donau (klar, oder?) folge ich dem Deutschland-Radweg D9. Danach folge ich als 3. Etappe bis Ulm dem D6 die Donau hinauf und schließlich folgt als viertes und letztes noch der Illerradweg bis Oberstdorf. Auch, wenn die 4 Etappen sehr unterschiedliche LĂ€nge haben, ist es doch ein sehr gutes GefĂŒhl, das erste ca. 300 km lange TeilstĂŒck erfolgreich und recht schnell absolviert zu haben. Daher tanzten beim Anblick der Weser die GlĂŒckhormone. 😉

P1000323_Weser_800x600

UrsprĂŒnglich wollte ich heute bis zum Campingplatz Drakenburg bei/vor Nienburg kommen, was wieder ca. 100 km gewesen wĂ€ren. Das hĂ€tte ich zwar konditionell problemlos geschafft, aber irgendwann am Nachmittag habe ich mir doch ĂŒberlegt, dass es vielleicht besser wĂ€re, heute nur bis Hoya zu fahren, was dann nur 75 km gewesen wĂ€ren. Meinen angepeilten Schnitt von 100+ Kilometern pro Tag hĂ€tte das nicht gefĂ€hrdet, weil der erste Tag ja mit 132 km zu Buche schlug. Außerdem wĂŒrde ich dann mal vor 18 Uhr auf einem Campingplatz eintrudeln und so hoffentlich noch jemanden an der Rezeption antreffen. Außerdem könnte ich aufgrund der frĂŒheren Ankunft auch mal frĂŒher ins Bett, könnte frĂŒher aufstehen, frĂŒher losfahren und am nĂ€chsten Tag mehr wieder mehr Kilometer schaffen und trotzdem frĂŒh einen Campingplatz ansteuern. Es gab also eigentlich fast nur Argumente fĂŒr einen frĂŒheren Halt in Hoya, statt Nienburg. In Hoya schaute ich dann mal genau nach, wo der Campingplatz ist, denn ich war mir nicht sicher, ob der direkt an der D9-Route, die hier zugleich der Weserradweg ist, liegt oder wenigstens ausgeschildert ist. Es stellte sich dann heraus, dass der Campingplatz, den ich in meiner Etappenliste Hoya zugeordnet hatte, in Wirklichkeit einiges vor(!) Hoya liegt. Ich war jetzt aber schon in(!) Hoya. Das hatte ich mir sogar notiert, aber wohl beim letzten Check der Liste nicht bemerkt. Um also zu dem “Hoya-Campingplatz” zu kommen, hĂ€tte ich fast 8 km zurĂŒck(!) fahren mĂŒssen. Aber das wollte ich natĂŒrlich auf keinen Fall! Lieber fahre ich nochmal 20 km weiter zum Campingplatz Drakenburg. Das ist dann auch genau der Campingplatz, den ich eigentlich mal als ursprĂŒngliches Ziel des heutigen Tages ausgesucht und den ich mir außerdem als besonders empfehlenswert erachtet hatte, nachdem ich bei der Planung der Übernachtungsmöglichkeiten deren Webseite studiert hatte.

Am ersten Tag habe ich lange gezweifelt, ob ich Hodorf erreiche, aber ich habe es erreicht. Am zweiten Tag wollte ich ursprĂŒnglich zelten, hatte mir aufgrund des Regens aber schon vorgenommen, nach einer Unterkunft mit festem Dach zu fragen, aber letztlich blieb mir nichts anderes ĂŒbrig als – wie geplant – zu zelten. Am dritten Tag hatte ich den Campingplatz Drakenburg als Wunschziel im Hinterkopf, habe dann aber aus guten GrĂŒnden den festen Entschluss gefasst, nicht dort hinzufahren, und bin doch dort gelandet. Komisch, bisher sind viele – naja zumindest einige – PlĂ€ne nur durch Zufall wahr geworden. Aber das Warum ist ja eigentlich egal, die Hauptsache ist, dass es geklappt hat.

An der Anmeldung war zwar niemand, aber unter der angegebenen Handynummer meldete sich sofort jemand und versprach, mich abzuholen, was dann auch sogleich geschah. Ein netter, Ă€lterer Herr kam auf dem Fahrrad angefahren, hat mich freundlich willkommen geheißen und mir alles gezeigt. Super! Und die Übernachtung kostet sogar nur 7,- € fĂŒr eine Person mit Zelt. Dazu habe ich noch fĂŒr 2,50 € eine MĂŒnze fĂŒr die Waschmaschine gekauft. Direkt neben meinem Zelt, fĂŒr das ich auch wieder Stromanschluss habe, steht außerdem eine fest installierte WĂ€schespinne. Ich habe die feuchten Sachen sofort aufgehĂ€ngt, allerdings waren sie bis zum endgĂŒltigen Sonnenuntergang noch nicht trocken und als ich das nĂ€chste Mal geprĂŒft habe, war schon erster Nebel aufgestiegen und die Sachen eher noch feuchter als vorher. Ich habe jetzt die frisch gewaschenen Sachen dazu gehĂ€ngt und hoffe, dass morgen frĂŒh die ersten Sonnenstrahlen die Feuchtigkeit schnell wieder vertreiben. Ein Grund mehr, nicht allzu frĂŒh aufzubrechen, damit die Klamotten noch Sonne tanken können. 😉

Thema Gesundheit: Mir geht’s prima! Vorgestern hatte ich zwar einmal ganz kurz ein kleines Zwicken im linken Knie und einmal kurz im Oberschenkel, aber dann war das auch sofort wieder weg. Heute Morgen meldete sich dann aber das linke Knie wieder; nur das linke. Ich habe dann aber ruhig weitergetreten, nochmal verstĂ€rkt darauf geachtet, an Steigungen rechtzeitig runterzuschalten und z. B. beim Anfahren oder an Steigungen etwas stĂ€rker mit rechts zu treten. Das hat gut funktioniert. Je lĂ€nger ich fuhr, desto seltener meldete sich das linke Knie und am Ende hatte ich es schon fast vergessen. Vielleicht habe ich gestern auch einfach nur zu viel gekniet im Zelt? Wer weiß… – Ich denke jedenfalls nicht, dass es was Schlimmes ist, denn ich habe ja heute immerhin auch 95 km geschafft, wobei es sogar immer besser wurde.

Und hier noch er GPS-Track der heutigen Strecke. Die Farben des Tracks zeigen wieder die relativen Höhen: Blau fĂŒr tief und je heller das grĂŒn, desto höher. – Alles sehr entspannt heute. Kaum Steigungen, kein andauerndes Auf und Ab. Wunderbar. 🙂

2016-09-05_Track

Sonntag, 04.09.2016:

Da es gestern Abend recht spÀt wurde, habe ich mir gegönnt, den Wecker auf 8 Uhr zu stellen. Aufgewacht bin ich sogar schon um 7:55 Uhr. Am liebsten hÀtte ich mich zwar wieder umgedreht und weitergeschlafen, aber es sollte ja mit der Tour weitergehen. Es hatte fast die ganze Nacht geregnet und auch am Morgen noch gelegentlich.

Ich hatte gehofft, am Tag 2 schneller zu sein mit Packen, Beladen usw… und das war ich auch, aber nur wenige Minuten, so dass ich doch erst wieder knapp 2 Stunden nach dem Wecker losfuhr. Diesmal also sogar erst um 10 Uhr, dennoch war ich vorsichtig optimistisch, die 100 km bis zum Campingplatz in Zeven zu schaffen und nicht erst wieder nach 20 Uhr anzukommen. Vorher hatte ich eh keine Unterkunft auf meiner Liste.

p1000242
Abfahrbereit vor dem Campingwagen am FĂ€hrhaus Hodorf.

Von Hodorf ging es zunĂ€chst nach GlĂŒcksstadt, wo ich mir zwei belegte Brötchen und – wie gestern schon – eine kleine 0,5 l Flasche Cola geholt habe. Das eine Brötchen habe ich auf der FĂ€hre gegessen, um die Zeit sinnvoll zu nutzen. Von der Zeit her war das allerdings eher ein Mittagessen statt ein FrĂŒhstĂŒck… also, ich hatte quasi ein Frikadellenbrötchen zum Brunch. 😉

Das andere Brötchen ist fĂŒr spĂ€ter gedacht, weil – wie schon gestern – zu befĂŒrchten war, dass es unterwegs keine/kaum Orte gibt, die groß genug sind, um einen BĂ€cker zu haben, der noch dazu am Sonntag auf hat. Tankstellen sind auf dem Land scheinbar auch eher rar gesĂ€t. Und so war es dann auch. Daher war ich froh, ca. 2,5 Stunden spĂ€ter eine Rast in einem BushĂ€uschen zu machen und das KĂ€sebrötchen zu essen. Weitere 2 Stunden spĂ€ter fand ich in Bremervörde eine Tankstelle und fĂŒllte die EnergievorrĂ€te mit einem großen Twix und einem Radler wieder auf, um fĂŒr die heutige Schlussetappe nach Zeven gerĂŒstet zu sein. NatĂŒrlich kam ein zweites Radler fĂŒrs Abendessen mit. 🙂 Beim Neukauf von GetrĂ€nken an den Tankstellen habe ich meist die alten, leeren Flaschen oder Dosen zurĂŒckgegeben, um Platz zu schaffen und das Pfand zurĂŒck zu erhalten.

Apropos BushĂ€uschen, kurz hinter Hodorf fand ich das folgende BushĂ€uschen. Sowas habe ich noch nie gesehen. GemĂŒtlicher geht’s wohl kaum! p1000250

p1000257Die Fahrt mit der ElbfĂ€hre war prima. Es gab in GlĂŒckstadt eine lange Schlange mit Autos, die darauf warteten ĂŒbersetzen zu können. Ich musste mich jedoch nicht hinten anstellen, sondern konnte auf dem Fuß- und Radweg bis ganz nach vorne vorfahren. Als ich ankam, war auch schon eine FĂ€hre dabei anzulegen. Nachdem alle Fahrzeuge die FĂ€hre verlassen hatten, konnte ich mit meinem Rad als erstes die FĂ€hre entern.

p1000260
Stefan auf der ElbfÀhre

Auf der FĂ€hre gab es – neben dem schon erwĂ€hnten Brötchen – auch ein nettes GesprĂ€ch mit zwei Ă€lteren Herren, die wohl öfters Touren zusammen unternehmen. Diesmal zwar nur eine kurze 2-Tagestour, aber den Weserradweg kannten sie wohl auch schon. Nach der Überfahrt durfte ich wiederum die FĂ€hre als erster verlassen. 🙂

Thema Steigungen: Gestern hat mich das stÀndige Auf und Ab, ja noch krÀftig geÀrgert. Heute waren die ersten ca. 50 Kilometer fast topfeben. Die zweiten 50 km hatten zwar ein paar Steigungen und GefÀlle mit drin, aber wesentlich weniger als gestern. Sehr angenehm. Auch das trug zur guten Laune bei.

Heute bin ich den ganzen Tag nur in Regenklamotten gefahren, und es hat auch immer mal wieder kurze Schauer gegeben… aber auch sonnige Abschnitte, die allerdings in den Regenklamotten eher unangenehm waren. Regensachen ausziehen war aber auch keine Option, da die nĂ€chsten dunklen Wolken nie weit waren. Die Regensachen haben sich auch super bewĂ€hrt, denn bei den diversen “normalen” Schauern ist kein Regen in die Kleidung eingedrungen. – Der HĂ€rtetest in Sachen Regen fĂŒr meine AusrĂŒstung begann dann sehr plötzlich gegen 17:15 Uhr zwischen Bremervörde und Zeven. Da hat mich eine Starkregengewitterfront erwischt, bei der es wie aus KĂŒbeln goss, allerdings kam der Regen selten von oben, sondern meist von rechts horizontal angerauscht. Zu dem Zeitpunkt fuhr ich gerade auf dem Radweg neben der B71 und es ging eben (oder sogar leicht bergab) immer nur geradeaus, so dass ich trotz schlechter Sicht durch den Starkregen mit vollem Tempo weiterfahren konnte. Das Ziel lag ja nur noch eine Stunde entfernt. – Die Regenklamotten kamen dabei dann doch an ihre Grenzen. Alle Taschen haben jedoch perfekt dicht gehalten. Das ist ja das Wichtigste. – Nach dem krĂ€ftigen Guss kam ĂŒbrigens sofort strahlender Sonnenschein raus; genau genommen sogar noch wĂ€hrend des ausklingenden Regens, denn es gab einen schönen kompletten Regenbogen.

p1000280

Als ich dann gegen 18:30 Uhr endlich auf dem Campingplatz Sonnenkamp in Zeven ankam, war natĂŒrlich niemand mehr an der Rezeption (Sonntags nur bis 17:30 besetzt). Kein Problem, denke ich und rufe die angegebene 24-h-Rufnummer an, aber auch nach zwei Versuchen ging dort niemand ran. 🙁 Die einzige Hoffnung war, dass man in dem italienischen Restaurant neben dem GelĂ€nde eine Nummer hatte, unter der wirklich noch jemand zu erreichen ist. Die hatte der Inhaber zwar nicht, aber er meinte, ich könne einfach aufs GelĂ€nde fahren und mir einen Platz aussuchen. Es gĂ€be ĂŒberall Strom und WasseranschlĂŒsse etc. und die Anmeldung könne ich dann ja morgen frĂŒh nachholen, wenn wieder jemand da ist. – Aufgrund des Regens hatte ich ja wieder ein bisschen mit einer festeren Behausung geliebĂ€ugelt, aber das ging jetzt natĂŒrlich nicht. Also habe ich in einer trockenen Phase mein Zelt aufgebaut. Zum GlĂŒck habe ich auch den Zeltanbau als Fahrradgarage mit, denn als ich gerade alles aufgebaut hatte, fing es wieder an zu regnen. Also habe ich nur noch schnell das noch bepackte Rad ins Zelt geschoben und konnte dann in Ruhe alles im Trockenen auspacken und mir dort – neben meinem Rad – nach dem Duschen auch mit dem Trangia ein Abendessen kochen. Sehr praktisch. – Das einzig unangenehme waren nur die vielen Schnaken, also diese harmlosen, aber lĂ€stigen, langbeinigen, fliegenden Viecher, die sich scharenweise um meine kleine Deckentaschenlampe bzw. spĂ€ter dann um den ausbrennenden Trangia versammelt haben. Den Kontakt mit dem Feuer haben die meisten nicht ĂŒberlebt. Doofe, lebensmĂŒde Viecher! Im Gegensatz zu meinem Schlafzelt, hat der Anbau nĂ€mlich kein Innenzelt zum Schutz vor Insekten, aber praktisch ist er dennoch sehr, da er Platz satt bietet.

Zur Stimmungslage: Die war heute ganztĂ€gig prima! 🙂

Ich habe morgens wieder lĂ€nger gebraucht als gehofft und bin erst spĂ€t losgefahren, aber ich fand es nicht schlimm. Es hat immer wieder geregnet, aber ich fand es nicht schlimm. Ich bin wieder spontan von der vorher geplanten Route abgewichen, aber es war nicht schlimm. – All die Dinge, die mich gestern noch gestört hĂ€tten, waren mir heute egal, denn es gehört dazu und irgendwie wird’s schon klappen.
Und wenn man dem Körper regelmĂ€ĂŸig Energienachschub liefert, beschwert er sich auch gar nicht so. 😉

Mit dem heutigen Tag war ich also noch viel zufriedener als gestern und ich habe so langsam das GefĂŒhl, einigermaßen auf der Tour angekommen zu sein. Morgen werde ich schon die Weser erreichen, so dass sogar die spontane Routenumplanerei weitestgehend wegfallen sollte, da ich – entsprechend dem Radweg D9 – fĂŒr eine ganze Zeit lang einfach immer an der Weser fahren möchte. Entlang der Weser gibt es auch mehr grĂ¶ĂŸere Orte und mehr CampingplĂ€tze als hier oben im Norden, so dass die Fahrt grundsĂ€tzlich entspannter wird, da ich nicht unbedingt eine bestimmte km-Zahl bis zu einem Ziel erreichen muss, sondern wirklich ziemlich frei fahren kann, bis ich keine Lust mehr habe bzw. es Zeit wird fĂŒr das Nachtlager. – UrsprĂŒnglich dachte ich, dass es gerade am ersten Tag kein Problem ist, eine besonders lange Strecke zu fahren, weil man da noch besonders motiviert und fit ist, aber jetzt weiß ich, dass man – zumindest, wenn man (wie ich) noch keine Erfahrung mit solchen Touren hat – es gerade am Anfang etwas ruhiger angeben lassen sollte, da das unbedingte Erreichen-MĂŒssen weit entfernter Ziele Stress verursacht, weil – wie man gestern gesehen hat – gerne mal unvorhergesehene Probleme auftreten.

Und hier noch er GPS-Track der heutigen Strecke. Die Farben des Tracks zeigen wieder die relativen Höhen: Blau fĂŒr tief und je heller das grĂŒn, desto höher.

2016-09-04_Track

Und noch ein Tipp zum Schluss: Wer eine gut zu fahrende Strecke sucht, ist mit der Rad-Navigation von Google Maps nicht immer gut bedient. 🙁 Kurz vor dem Campingplatz hat mich die Google-Rad-Navigation ĂŒber eine vermeintliche AbkĂŒrzung zum Campingplatz gelotst. Kurz war sie vermutlich, aber dafĂŒr ging es sandige Feldwege bergauf, schlammige Waldwege bergab usw. Ich glaube, da wĂ€re ich in diesem Fall mit der Auto-Navigation besser gefahren…

Samstag, 03.09.2016:

Startfoto vor der HaustĂŒr meiner AirBnB-Unterkunft
Startfoto vor der HaustĂŒr meiner AirBnB-Unterkunft.

Heute war nun endlich der erste richtige Tourentag, d. h. es ging endlich los!

Die ersten paar Meter in Flensburg....
Die ersten paar Meter in Flensburg….

Gestern Abend ist es dann leider doch kurz nach Mitternacht geworden, bevor ich endlich ins Bett fiel und sofort einschlief. Der Wecker stand auf 7 Uhr, weil ich um 8 Uhr starten wollte. Ich dachte, dass eine Stunde fĂŒr Umziehen, ZĂ€hneputzen, Sachen packen, runterschleppen und Fahrrad beladen reichen sollte. Letztlich hat es 2 Stunden gedauert und ich bin erst um ziemlich genau 9 Uhr losgefahren. 🙁 Zu meiner Ehrenrettung muss ich aber auch sagen, dass ich es mit dem Packen gar nicht sooo eilig hatte, weil es morgens – auch um 8 Uhr noch – in Strömen regnete, aber zum GlĂŒck hörte der Regen dann bald auf. So konnte ich entgegen der BefĂŒrchtung die Regensachen sofort wieder einpacken und bin den ganzen Tag nur mit meinem dĂŒnnen Langarmschirt gefahren, was völlig ausreichte. Etwas trĂŒb war der Himmel am Anfang aber trotzdem noch.

Damit startete der Tag jedenfalls schon mal denkbar schlecht, denn ich hatte ja eigentlich das – laut Planung – 147 km entfernte Hodorf (sĂŒd-westlich von Itzehoe; am Fluss Stör gelegen) als Ziel und wollte bis 18 Uhr da sein, damit ich noch genug Zeit habe, um im Hellen mein Zelt auf dem Campingplatz aufzubauen und mein Essen auf dem Trangia zu kochen. Der Trangia ist ein legendĂ€rer, schwedischer Brennspitituskocher, der durch seine Technik und den Windschutz selbst bei Sturm noch funktionieren soll und vor allem als sehr kompaktes Komplettset inkl. zweier Töpfe und einer Pfanne daherkommt. Das ganze Kochsystem hat nur 22 cm Durchmesser und 10 cm Höhe, da alle Teile wunderbar ineinander passen; inkl. des optionalen Wasserkessels und dem Schneidebrett. Daher ist es optimal zur Selbstversorgung auf solchen Reisen.

Es ging also in Flensburg los. Das erste Etappenziel hieß Schleswig; ebenfalls direkt an der Ostsee gelegen. Wie geplant, bin ich ohne FrĂŒhstĂŒck gestartet, wollte mir aber nach ca. einer Stunde Fahrt ein belegtes Brötchen beim BĂ€cker holen. Noch in Flensburg kam ich zwar an einer BĂ€ckerei vorbei, aber die ließ ich links – d.h. eigentlich rechts 😉 – liegen, denn der Plan war ja, mir nach einer Stunde in einem der nĂ€chsten Orte was zu holen. Tja, dumm nur, dass danach seeehr lang keine Orte oder nur kleine KĂ€ffer ohne BĂ€ckerei kamen. 🙁 Ich habe sogar in einem Dorf einen Anwohner gefragt, ob es hier eine BĂ€ckerei gĂ€be bzw. wo die nĂ€chste BĂ€ckerei in Richtung Schleswig sei. Dazu fiel im nichts Konkretes ein und er meinte nur, dass ich da aber noch eine ganze Weile fahren mĂŒsste. Aber in Richtung Flensburg wisse er was. Danke, aber da komme ich gerade her und fahre bestimmt nicht nochmal zurĂŒck. Es blieb mir also nicht anderes ĂŒbrig, ein paar Kilometer spĂ€ter an meine Notration (Bifi & Bifi Roll) zu gehen, die mir ĂŒber den ersten kleinen Hunger halfen. Kurze Zeit danach kam ĂŒberraschend eine Tankstelle mit Shop. Ich war zwar nicht drin, aber ich vermute, dass ich da was bekommen hĂ€tte. *grummel*

Nun ja, BĂ€ckereien oder sonstige LĂ€den fĂŒr Verpflegung habe ich auf meiner Route tatsĂ€chlich dann erst wieder in Schleswig gefunden. Apropos “meine Route”. Ich hatte mir anhand der OpenStreetmap-basierten Radkarten (“OpenCyleMap” und “Sigma Cycle”) auf GPSies.com eine Route von Flensburg nach Hodorf (sowie natĂŒrlich die ganze Strecke nach Oberstdorf) geplant. Da mir allerdings von Anfang an eine Stunde fehlte, bin ich nur anfangs meiner Route gefolgt. Der Plan war eigentlich, mich von der Bundesstraße fernzuhalten und auf schöneren Radwegen rechts und links mehr oder weniger parallel der Bundesstraße zu fahren. Ich habe jedoch schnell festgestellt, dass a) die geplante Route einiges lĂ€nger ist und außerdem die Wege nicht alle sooo wahnsinnig gut zu fahren sind. Daher habe ich mich ab da primĂ€r an den Wegweiser fĂŒr Radfahrer in Richtung Schleswig gehalten. Das hat so einigermaßen funktioniert, aber manchmal fehlte die Beschilderung, so dass ich mich dann sicherheitshalber auf dem Garmin orientiert habe. FĂŒr Umwege durch Verfahren hatte ich weder Zeit noch Lust.

Mein GemĂŒtszustand auf dem Weg nach Schleswig war nicht so toll, obwohl ich doch eigentlich hĂ€tte froh sein sollen, dass es endlich losgeht. Irgendwie lief bis dahin halt jede Menge schief. Ich habe morgens zu lange gebraucht und bin schon mit Verzögerung gestartet, dann habe ich kein FrĂŒhstĂŒck bekommen (Hunger ist immer schlecht fĂŒr die Stimmung) und musste schon am ersten Morgen an die Notverpflegung (eigentlich nicht schlimm, weil man die ja nachkaufen kann, aber trotzdem gefiel mir das nicht). Die Strecke von Flensburg nach Schleswig war auch noch sehr hĂŒgelig. Zwar befand sich alles zwischen 0 und 50 Höhenmeter, aber wenn man die dauernd rauf und runter muss, ist das ganz schön krĂ€ftezehrend, aber vor allem geht es stark zu Lasten der Geschwindigkeit, weil man bergab gar nicht so viel aufholen kann, wie man bergauf verliert. Um das auszugleichen, bin ich dann ja auch noch von meiner liebevoll geplanten Route abgewichen und habe mich quasi auf unbekanntes GelĂ€nde begeben, so dass ich öfter mal stehen bleiben und mich neu orientieren musste, was zusĂ€tzlich Zeit kostete; aber sicher weniger als die geplante, lĂ€ngere Route. Ich habe dann mal die Durchschnittsgeschwindigkeit auf die geplante Strecke von 147 km hochgerechnet und heraus kam, dass ich es heute wohl kaum bis zum geplanten Ziel Hodorf schaffen wĂŒrde. 🙁 Das wĂ€re ja nicht sooo schlimm, wenn es auf dem Weg dorthin ausreichend andere UnterkĂŒnfte gegeben hĂ€tte, aber – zumindest in den Karten, die ich zum Recherchieren benutzt habe, gibt es im hinteren Teil (z. B. bei um die 100 km) keine CampingplĂ€tze und keine Jugendherberge… und in ein teueres Hotel wollte ich nicht. Im Notfall also vielleicht wild zelten? Hmm, die erste ZeltĂŒbernachtung auf der Tour sollte nicht gerade wild und bei fĂŒr die Nacht angekĂŒndigtem Regen sein. Da wollte ich mich erst mal langsam rantasten und zunĂ€chst auf einen Campingplatz vertrauen. Ergo: Irgendwie alles doof! 😉

Aber lustige Dinge gibt es am Wegrand zu sehen. Es kennt ja sicher jeder WetterhĂ€hne auf KirchtĂŒrmen, aber WetterkĂŒhe auf Scheunen kannte ich bisher nicht. Finde ich aber super! 🙂

p1000154
Wetterkuh

Oder die folgenden Heu(?)-Ballen in rosa Verpackung. Eigentlich kenne ich sowas nur in weiß oder dunkelgrĂŒn, aber rosa…!? Also entweder gehört der Hof einer BĂ€uerin oder der Bauer ist vom anderen Ufer… 😉

p1000197

Nach 3 Stunden und (aufgrund der AbkĂŒrzung ĂŒber die Radwege von dickeren Straßen) nur 39 km – geplant waren mal 50 km – kam ich dann jedoch endlich in Schleswig an, fand sofort eine BĂ€ckerei und deckte mich mit einem sĂŒĂŸen Teilchen und einem Frikadellenbrötchen sowie einer kalten Cola ein. Mittlerweile war auch die Sonne rausgekommen und ich habe einen wunderschönen Platz auf einer Bank direkt am Schloss Schleswig mit Blick auf den Weiher und allerlei interessanter, zeitgenössischer, lebensgroßer Menschenskulpturen gefunden, wo ich mich ĂŒber das Teilchen und die Cola hermachte, da mein Körper schon eine ganze Weile nach schneller Energie in Form von Zucker rief. Das Frikadellenbrötchen habe ich mir fĂŒr spĂ€ter aufgehoben.

p1000186
Skulptur im Garten des Schloß Schleswig

Als ich da so saß und aß, kam ein PĂ€rchen (vielleicht so um die 50 Jahre) an und der Mann begutachtete intensiv mein Rad. ZunĂ€chst sagte er nichts, aber dann meinte er: “Aha, ein Wild One. Habe ich erst gar nicht erkannt, bei all dem GepĂ€ck.” Er war also offensichtlich ein Kenner, denn welcher “normale” Mensch kennt schon Liegedreirad-Marken bzw. -Modellbezeichnungen? Es stellte sich raus, dass er auch ein Liege-Trike hat. Seines ist allerdings von einer englischen Firma und ein mit nur 63(?) cm sehr schmales – wie er sagte – Renn-Trike. Mein Trike ist 80 cm breit und liegt sehr stabil in der Kurze. Bei nur 63 cm ist das ganze deutlich kippeliger, so dass er sich in Kurven sehr stark in die Kurve legen muss, um nicht umzukippen. Mag ja fĂŒr ihn geeignet sein, aber fĂŒr lĂ€ngere Touren mit GepĂ€ck wĂ€re das nichts. Das ist dann ein reines Sport-Trike; aber man nimmt ja auch kein Rennrad, wenn man mit GepĂ€ck unterwegs ist.

Nachdem ich mich also gestÀrkt, die Sonne und die schöne Gegend genossen hatte, machte ich mich auf die zweite Etappe des Tages von Schleswig nach Rendsburg, wo es dann unter dem Nord-Ostsee-Kanal durchgehen sollte.

In Schleswig gab es dann vor dem Gericht noch eine Figur mit demĂŒtig gesenktem Kopf. Wie passend!

p1000188

Nach dem Verlassen von Schleswig zeigte ein Blick zurĂŒck das folgende schöne Panorama:

p1000191

p1000207Dieser zweite Streckenteil hat meine Laune erheblich verbessert! Das Wetter war weiterhin schön sonnig, ich war satt und hatte daher neue KrĂ€fte gewonnen und die Strecke selbst wurde auch wesentlich besser. Es ging nĂ€mlich deutlich weniger auf und ab, sondern viel mehr in der Ebene oder teilweise sogar mit leichtem GefĂ€lle. Herrlich! Hier konnte ich endlich wieder Tempo machen, was die Durchschnittsgeschwindigkeit steigerte, so dass das Ziel Hodorf vielleicht doch wieder in Reichweite rĂŒckte? Als ich dann auch noch den Fluß “Sorge” ĂŒberquerte und somit – Achtung, schlimmes Wortspiel – die Sorge(n) hinter mir lassen konnte, ging es mir endgĂŒltig gut. Meine Laune war super und ich freute mich unterwegs zu sein. Was kann es besseres geben? – Puh, was fĂŒr ein Kontrast zu meinen Gedanken von heute Vormittag! – Eine unglaubliche Erfahrung… und das schon am ersten Tag. Wow!

Nach ca. 2,5 Stunden und insgesamt (von Flensburg aus) knapp 73 km kam ich dann um 15 Uhr in Rendsburg an. Ich fand eine Tankstelle und holte mir zwei Dosen gekĂŒhltes Radler, welche zunĂ€chst in meiner kleinen KĂŒhltasche verstaut wurden. Eines ist fĂŒr heute Abend gedacht und eines fĂŒr die nĂ€chste Pause, denn mittlerweile meldete sich der Hunger wieder. Ich fand eine schöne Bank mit Blick aufs Wasser – genauer die “Untereider” – gönnte mir das Frikadellenbrötchen und ein Radler. Die Eider ist ein Fluß, der neben dem Nord-Ostsee-Kanal durch Rendsburg fließt, wobei die Untereider ein Seitenarm der Eider zu sein scheint.

p1000212
Untereider-Panorama in Rendsburg

Spannender ist hier jedoch, wie man ĂŒber den Nord-Ostsee-Kanal kommt, denn es gibt in Rendsburg nur zwei sehr hohe BrĂŒcken, damit die großen Schiffe drunter durchpassen. Die eine ist fĂŒr die Autobahn und die andere fĂŒr die Bahn. FĂŒr FußgĂ€nger und Radfahrer haben sich die Rendsburger aber was ganz Tolles einfallen lassen! Es gibt einen Tunnel unter dem Nord-Ostsee-Kanal durch, der nur fĂŒr FußgĂ€nger und Radfahrer gedacht und geeignet ist. Man gelangt mit einem Aufzug nach unten in den Tunnel, fĂ€hrt dann unterdisch ein kurzes StĂŒck mit dem Rad und fĂ€hrt auf der anderen Seite mit einem anderen Aufzug wieder hoch. Das ganze ist auch noch kostenlos! Echt klasse. 🙂

tunnel-unter-nord-ostsee-kanal

Meine Laune war zunĂ€chst gut, als ich zur dritten Teiletappe aufbrach, von Rendsburg nach Hohenwestedt, verschlechterte sich aber sehr bald wieder aus diversen GrĂŒnden. Erstens gab es ein mehrere Kilometer langes TeilstĂŒck, welches sogar als offizieller Radweg ausgeschildert war, das fĂŒr mich als Trike-Fahrer aber extrem unangenehm zu fahren war, denn es gab nur rechts und links jeweils eine gepflasterte Spur und in der Mitte einen breiten, lockeren GrĂŒnstreifen mit recht hohem Gras, so dass immer mindestens ein Reifen auf Erde/Gras fahren musste, was extrem stark gebremst hat. Das kostete wieder ordentlich Kraft, und fĂŒrs schnelle Vorankommen war das natĂŒrlich auch Gift.

p1000221

Damit aber nicht genug. Als die Fahrbahnbeschaffenheit endlich besser wurde, ging es wieder dauernd leicht rauf und wieder runter und wieder rauf und wieder runter. Und dann haben sie mich auch noch veralbert. Es kam ein Schild, das besagte Hohenwestedt sei nur noch 11 km entfernt und wenige Hundert Meter weiter stand plötzlich ein Schild, das besagt, es seien noch 16 km. What the f*ck? Zum dem Zeitpunkt verstand ich bzgl. Entfernungen zu meinem nĂ€chsten Ziel echt keinen Spaß mehr! An der nĂ€chsten Kreuzung kam dann aber die Auflösung. Es gibt zwei ausgeschilderte Routen nach Hohenwestedt: eine 16 km lange ĂŒber Nindorf und eine 11 km lange ĂŒber Brinjahe. Es dĂŒrfte nicht schwer sein zu erraten, welche der beiden Routen ich genommen habe. 😉 Zu guter Letzt verdunkelte sich auch noch der Himmel vor mir, so dass ich schon damit gerechnet hatte, dass ich heute doch noch die Regensachen anziehen muss. In diesem Punkt hatte ich allerdings GlĂŒck, denn die Wolken, die mit Sicherheit auch Regen gebracht haben, zogen sĂŒdlich vor mir vorbei und von Westen wurde es wieder heller. Die letzten Steigungen (Hohenwestedt, da ist der Name Programm) haben mir den Rest gegeben und so habe ich instĂ€ndig gehofft, dass es dort – im Gegensatz zu den meisten Orten bzw. Örtchen nach Rendsburg doch bitte bitte ein GeschĂ€ft oder wenigstens eine Tankstelle geben möge. Um 18 Uhr – gut 2,5 Stunden nach dem Aufbruch in Rendsburg – erreichte ich Hohenwestedt, sah eine Tankstelle und stĂŒrmt hinein, um mich mit Schokolade, PlĂ€tzchen und einer weiteren Cola einzudecken, welche ich sofort draußen vor der Tankstelle in mich hineinstopfte, um meinen tiefentladenen Energiespeicher wieder aufzufĂŒllen. 18 Uhr war der Zeitpunkt, zu dem ich eigentlich schon auf dem Campingplatz in Hodorf sein wollte, was aber nach meiner Hochrechnung noch ca. zwei Stunden entfernt lag. Ankunft um 20 Uhr war etwas spĂ€t, um dann noch in die DĂ€mmerung hinein das Zelt aufzubauen und zu kochen; außerdem war ja Regen fĂŒr die Nacht und den Morgen angekĂŒndigt. Daher rief ich erst mal beim Campingplatz an, weil ich in Erinnerung hatte, dass sie – außer Platz fĂŒr Wohnwagen und Zelt – auch Zimmer und einen Wohnwagen vermieten. Alles OK, ein Zimmer und der Wohnwagen sind noch frei. Also, sagte ich zu und kĂŒndigte meine Ankunft fĂŒr ca. 20 Uhr an. Im Aldi kaufte ich noch schnell eine Packung WĂŒrstchen fĂŒrs Abendessen, da ich vor hatte, mir abends eine Packung Nissin-Nudeln, welche ich noch bei den mitgebrachten VorrĂ€ten hatte, aufzukochen und dann die WĂŒrstchen reinzuschnippeln.

So beginnt dann das vierte und letzte TeilstĂŒck der heutigen Tagesetappe von Hohenwestedt ĂŒber Itzehoe nach Hodorf. Und zum zweiten Mal bessert sich meine Laune deutlich, weil ich keinen Heißhunger mehr habe, weil die Strecke wieder besser ist (deutlich mehr bergab als bergauf) und – entgegen meinen bisherigen BefĂŒrchtungen – es nun scheinbar doch noch möglich sein wird, mein ursprĂŒnglich geplantes Ziel zu erreichen. Das hatte ich bis Hohenwestedt eigentlich zu keinem Zeitpunkt mehr fĂŒr möglich gehalten, aber es hat doch geklappt. 🙂

p1000247
FĂ€hrhaus Hodorf

Ankommen bin ich dann am FĂ€hrhaus Hodorf um 20:20 Uhr nach insgesanmt 132,0 km. FĂŒr die Übernachtung habe ich mich dann fĂŒr den Wohnwagen entschieden, weil ich noch nie in einem Wohnwagen ĂŒbernachtet habe und ich das Fahrrad direkt vor dem Wohnwagen unter dem Vorzelt abstellen kann. Außerdem habe ich den noch etwas gĂŒnstiger bekommen, weil ich meinen eigenen Schlafsack verwende und so keine BettwĂ€sche brauche.

Dass ich hier duschen, meine Trinkbeutel mit Leitungswasser auffĂŒllen, mein Abendessen mit dem Trangia kochen und sogar meine WĂ€sche waschen konnte, rundet das ganze noch ab.

Fazit: Es war ein ereignisreicher, anstrengender, aber letztlich schöner und erfolgreicher Tag. Ich habe viel gelernt; vor allem, dass ich alle 2 (höchstens 3) Stunden eine Essenspause machen muss, denn sonst rĂ€cht sich der Körper mit schlechten Leistungen und – eigentlich schlimmer noch – schlechter Laune. Und wer will schon einen Körper mit schlechter Laune haben? 😉

Und hier noch er GPS-Track der heutigen Strecke. Die Farben des Tracks zeigen wieder die relativen Höhen: Blau fĂŒr tief und je heller das grĂŒn, desto höher.

2016-09-03_Track_913x1136

Und das Höhenprofil, welches sehr gut beweist, dass es wirklich dauert leicht rauf, leicht runter ging:

2016-09-03_hoehenprofil

PS: Mittlerweile regnet es. Mal sehen, was der morgige Tag bringt. Die Wetterprognose ist jedenfalls sehr durchwachsen… die Regensachen werden also ziemlich sicher zum Einsatz kommen.

Freitag, 02.09.2016:

Den Mietwagen haben meine Frau Tina und ich gestern Abend noch bei Europcar in Aachen abgeholt. Eigentlich war ein VW Passat Kombi geplant, da ich da sicher weiß, dass mein Liegedreirad reinpasst. Bekommen habe ich dann einen Opel Insignia Kombi. Der ist zwar auch nicht gerade klein, aber sicherheitshalber hatten wir das Rad mitgenommen und haben sofort vor Ort das Rad umgeladen, um zu testen, ob es passt. Nun, offensichtlich hat der Opel einen etwas niedrigeren Laderaum, so dass zunĂ€chst der Fahrradsitz am Dach anstieß, aber zum GlĂŒck fehlte nicht viel, so dass mit etwas krĂ€ftigerem Druck doch noch alles passend gemacht werden konnte. Das Rad hat ja einiges an Federweg. *puh*

Die Fahrradtaschen und auch das Auto habe ich alle gestern schon in Ruhe gepackt, so dass es heute frĂŒh um kurz nach 8 Uhr losgehen konnte. Die Fahrt verlief prima. Auf den 623 km gab es nur zwei kurze Staus – einer bei Bremen und einer hinter Hamburg – aber die haben jeweils nur wenige Minuten zusĂ€tzlich gekostet. Mit allen Pausen habe ich daher nur ca. 7 Stunden benötigt und war schon um kurz nach 15 Uhr in Flensburg. Mit Tanken, Wagen abgeben und Fahrrad bepacken war es dann aber schon 16 Uhr, ehe ich zur dĂ€nischen Grenze gefahren bin, um das “offizielle” Startfoto am nördlichsten Punkt meiner Tour zu machen.

Stefan an der deutsch-dÀnischen Grenze bei Flensburg
Stefan an der deutsch-dÀnischen Grenze bei Flensburg

Danach ging es wieder zurĂŒck in die Flensburger Altstadt in der NĂ€he des Hafens, wo ich ĂŒber AirBnB ein schönes, kleines Zimmer gebucht hatte. Insgesamt war die Strecke 22,1 km lang und hatte immerhin ca. 150 / 170 Höhenmeter rauf und runter. In Norddeutschland ist das Land ganz flach haben sie gesagt… da gibt es keine Berge haben sie gesagt… nun, Berge vielleicht nicht, aber viele HĂŒgel und das summiert sich ganz schön. Aber egal… so bin ich die Strecke eben recht gemĂŒtlich mit knapp ĂŒber 12 km/h Durchschnittsgeschwindigkeit angegangen und habe dafĂŒr 1:50 h zzgl. eine gute halbe Stunde fĂŒr Pausen zum Gegend anschauen und Fotografieren gebraucht. Da hielt sich die Anstrengung in Grenzen, obwohl mich einige HĂŒgel schon ganz gut schön ins Schwitzen gebracht haben.

Die Farben des Tracks zeigen hier ĂŒbrigens die relativen Höhen auf der Strecke an: Blau fĂŒr tief (hier: bis runter auf Meereshöhe = 0 m ĂŒber NN) und je heller das grĂŒn, desto höher (hier: max. Höhe 54 m ĂŒ. NN).

2016-09-02_Track_1097x1228Interaktive Karte: OpenStreetMap (lokaler GPXViewer)

Hinweis/Tipp: Der kĂŒstennahe Radweg von Wassersleben zum Ostseebad ist aufgrund eines Erdrutsches durch Schilder als Sackgasse markiert. Man kann aber trotzdem dort fahren, denn das Fahrrad lĂ€sst sich recht problemlos ĂŒber die Abrutschung schieben.

Ich habe hier in Norddeutschland ĂŒbrigens einige sehr schöne, alte Reed-gedeckte HĂ€user gesehen. Ein besonders schönes Exemplar ist das folgende von 1747:

2016-09-02_dat-ole-hus_p1000093

In der Norderstraße in Flensburg – nur 50 Meter von meinem Zimmer entfernt – habe ich das folgende Foto aufgenommen:

2016-09-02_shoefiti_p1000123Als ich vor Ort war, konnte ich mir keinen Reim darauf machen und habe immer vergessen meine Vermieterin nach dem Sinn zu befragen, aber mittlerweile habe ich herausgefunden, dass es sich um ein “Shoefiti” handelt (-> Wikipedia). Lustig! 🙂

Nach Bezug des Zimmers und der dringend benötigten Dusche brauchte ich natĂŒrlich noch was zu essen. Wenn ich schon mal in Flensburg – also an der Ostsee(!) bin – möchte ich natĂŒrlich auch fangfrischen Ostseefisch essen. Eine vorheriger Check der Speisekarte eines in der NĂ€he gelegenen Restaurants förderte hauptsĂ€chlich Nordsee- und Atlantikfische zutage, was irgendwie nicht so recht zu einer Ostsee-Stadt passt. 2016-09-02_jessens-fischperle_p1000128Daraufhin fragte ich meine Gastgeberin, und sie empfahl mir fĂŒr wirklich guten, fangfrischen Fisch das Restaurant “Jessen’s Fischperle” auf der gegenĂŒberliegenden Hafenseite. Also habe ich einen kleinen Abendspaziergang um die Hafenspitze gemacht (15 – 20 Minuten) und das empfohlene Restaurant besucht. Man kann drinnen, aber auch sehr schön draußen sitzen und den Hafenblick sowie die frische Luft genießen. Blöd war nur, dass der einzige kurze, aber heftige und fast waagerechte Regenschauer genau in dem Moment kam, als ich noch das Notebook auf dem Tisch hatte, um schon mal die Bilder von der Kamera herunterzuladen, und das Essen ebenfalls schon auf dem Tisch war. Ich hatte gerade alle Sachen hektisch zusammengepackt, um sie vor dem plötzlichen Regen zu schĂŒtzen, da hat der Wirt zum GlĂŒck die Markise auf der Terrasse ausgefahren, so dass einige andere GĂ€ste und ich doch draußen bleiben und weiter essen konnten. Der Regen hörte nur wenig spĂ€ter genauso schnell auf, wie er gekommen war. Mein RĂŒckweg war daher wieder trocken, so dass ich noch einige schöne Aufnahmen vom Flensburger Hafen bei Nacht machen konnte. Hier eines der schönsten:

2016-09-02_P1000126_Flensburg-bei-Nacht_1280x370
Flensburger Hafen bei Nacht (Westseite; fotografiert vom Restaurant Jessen’s Fischperle aus, welches auf der Ostseite liegt)

WettermĂ€ĂŸig war also heute (fast) alles gut, denn sowohl die Radtour als auch die SpaziergĂ€nge waren ja trocken. 🙂