D-Tour 2022 – Tag 17 – Dresden – Oppach

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Bericht – Di, 31.05.2022

Nach fünf Tagen unfreiwilligen Aufenthalts in Dresden, habe ich heute endgültig in der Jugendherberge ausgecheckt und kann die Stadt endlich mit meinem Rad Richtung Zittau verlassen. Gut, immerhin Dresden. Ich hätte es auch schlechter treffen können. 😉 Offiziell ist heute Tag 17, aber eigentlich setze ich heute quasi Tag 12 der Reise fort.

Gestern hatte ich bei Meisner Räder in der Dresdner Neustadt zum Glück ja schon die letzte Reservespeiche als Muster abgeben und den Auftrag für die Anfertigung von 20 Ersatzspeichen erteilen können, obwohl der Laden offiziell geschlossen war. Gestern hatte man mir noch gesagt, dass die Werkstatt erst heute (Dienstag) um 11 Uhr wieder anfangen würde zu arbeiten, aber als der Laden dann um 11 Uhr aufgemacht hat und ich als zweiter Kunde drankam, waren die Speichen bereits alle fertig. Hat es sich also doch gelohnt, gestern schon mal auf Verdacht hergefahren zu sein. Danke. 🙂 So konnte ich mich also schon um kurz nach 11 Uhr auf den Weg machen, um Zittau näher zu kommen. Ganz erreichen werde ich es heute vermutlich nicht. Dafür ist es dann leider doch knapp, zu weit und ich bin zu spät gestartet, weil der Laden erst so spät aufmacht. Egal, spätestens morgen sollte es dann endlich so weit sein, wenn nicht wieder irgendwas dazwischenkommt.

Auf dem Weg in die Neustadt kam ich übrigens noch am Sächsischen Landtag vorbei (vorne rechts). Links im Hintergrund die bekannte Dresdner Kulisse mit Frauenkirche, Schlosskirche usw.

Etwas weiter die Elbe hoch kam ich dann an der umstrittenen Waldschlösschenbrücke vorbei, welche den Dresdnern so wichtig war, dass sie dafür sogar riskiert haben, den Status eines UNESCO-Welterbes für die “Kulturlandschaft Dresdner Elbtal” zu verlieren, was dann ja auch passiert ist. Tja, man kann eben nicht alles haben.

Im weiteren Verlauf gibt es eine Menge prächtiger Gebäude am Elbufer bzw. seinen Hängen. Hier nur zwei Beispiele:

Ganz ohne Streit steht schon lange die “Blaues Wunder” genannte Elbbrücke, welche gerade restauriert wird.

Auf der anderen Seite des Blauen Wunders fühlen sich diverse Vogelarten am Elbufer sehr wohl.

Schnappschuss eines riesigen Betonklotzes. Ich vermute mal, dass dies ein ehemaliger Bunker ist!?

Ein Stückchen weiter ragt dann der Fernsehturn Dresden hoch in den Himmel auf.

Bald schon bin ich in Heidenau angekommen. Die Stadt hat für mich zwei Besonderheiten.

Erstens ist mein Schwiegervater hier aufgewachsen, bevor er und seine Familie später in den Westen geflohen sind, als das noch ging, d.h. noch vor dem Mauerbau. Leider kann er nun nicht mehr miterleben, wie ich durch Heidenau fahre… aber vielleicht schaut er ja von seiner Wolke zu?

Zweitens sollte ich lauf D4-Route hier eigentlich die kleine Fähre über die Elbe nehmen. Als ich ankam, legte sie auch gerade schon mit einer Radfahrerin vom anderen Ufer ab. Da die Fähre recht klein ist (nur für Fußgänger und Radfahrer) und ich nicht ganz sicher bin, ob ich da mit meinem Gespann gut drauf und wieder runterkomme, habe ich erst mal abgewartet und den Kapitän, der dann auch die Rampe hochkam, gefragt, ob ich mit meinem Rad gut drauf- und wieder runterfahren könne. Er hatte von Anfang an schon sehr komisch geschaut und meinte dann nur, dass ich schiebe müsse, wie alle anderen auch. Ich sagte, dass das mit dem Rad kaum ginge… und damit war die Diskussion beendet. Ich hätte ihm jetzt noch erklären können, dass die Rampe so steil ist, dass ich das Rad fahrend mit den Bremsen gut kontrollieren kann, aber ich das Rad schiebend bei dem Gefälle und voller Beladung kaum unter Kontrolle halten kann. So, wie der schon von Anfang an geschaut hat, hätte diskutieren aber vermutlich eh nichts gebracht. Also kam Plan B zum Einsatz. Ein Stück weiterfahren und über die nächste Brücke fahren. Ist auch kaum weiter und immerhin kostenlos. Tja, wenn er kein Geld verdienen will, hat er halt Pech gehabt.

Heidenau hat auch ein paar sehr schöne Ecken. Diese Fabrik hier sieht zum Beispiel fast schon wie ein Schloss aus.

Von der Brücke dann ein letzter Blick auf die Elbe. Unten rechts führt der Elbradweg weiter die Elbe hinauf.

Jagdschloss Graupa. Sehr schön anzusehen, aber erst auf den zweiten Blick sieht man, dass die Schwäne Fake sind. Sachen gibt’s!

Auch heute hatte ich wenigstens einmal einen schönen Blick mit grün und blau… und sogar noch einem Tupfer rot von dem Dach.

Stolpen: Tolle Gebäude oben auf dem Berg. Ich war aber sehr froh, dass der Radweg nicht oben drüber geht, sondern die Stadt nur unten gestreift hat.

Am Donnerstag wollte ich ja eigentlich bis zu einem Campingplatz etwas südlich von Neustadt in Sachsen abseits der Strecke. Dies wäre im Prinzip auch heute eine mögliche Option gewesen, aber erstens wollte ich möglichst noch etwas weiterfahren, da ich mich – trotz der 5 Tage Pause – ganz gut fühlte und auch nicht zu früh Feierabend machen wollte. Zweitens hatte ich gut 35 km weiter (in Oppach) einen Campingplatz fast direkt an der Strecke gesehen, der durchaus heute noch erreichbar sein sollte. Also habe ich von Neustadt aus dort angerufen. Die nette Dame erklärte mir aber, dass sie aktuell nicht vor Ort wäre und es sich für nur eine Person für eine Nacht nicht lohnen würde, extra jemand zu beauftragen, die Sanitäranlagen für mich zu säubern usw. Sie hat mir also abgesagt, gab mir aber den Tipp, dass die Betreiber des Bio-Ladens in Oppach (nur ein paar Straßen weiter) auch Übernachtungsgäste auf einer Zeltwiese nehmen würden. Also den Bio-Laden rausgesucht und einfach mal angerufen. Ja, ich könne gerne kommen und könnte auch duschen und Strom bekommen. Wenn es später würde, einfach hinten bei ihnen privat klingeln. Dann würde mir geholfen. Top! Auf nach Oppach…

Und wieder ein neuer Fluss: Die Spree. Hier noch recht klein. Bis Berlin wird die Spree deutlich mächtiger. Ich hoffe sie dort wiederzusehen.

Und, last, but not least, die heutige Pannenstatistik:

Ich habe wieder zwei gebrochene Speichen. Nach ca. 38 km habe ich die letzte Ersatzspeiche aus Gera eingesetzt und nach ca. 64 km die erste der zwanzig Ersatzspeichen aus Dresden. Es war also auf jeden Fall eine gute Entscheidung, bis Dienstag in Dresden zu bleiben, um auch noch zusätzliche Ersatzspeichen mitzunehmen. Ich bin mir sehr sicher, dass ich beim letzten Speichenbruch vor einigen Tagen alle Speichen nachgezogen habe, so dass keine mehr locker waren… aber heute waren schon wieder mehrere Speichen sehr locker. Können die sich so einfach lockerrütteln? Finde ich sehr merkwürdig. Muss ich wohl täglich kontrollieren und bei Bedarf nachziehen.

Der Speichenwechsel wird langsam Routine und geht recht schnell…

… aber bei Kilometer 72 gab es ein neues, noch größeres Problem. Die rechte vordere Scheibenbremse machte plötzlich durchgehend sehr hässliche Geräusche, wenn sich das Rad dreht. Auch, wenn man gar nicht bremst. Also sofort angehalten, Werkzeug aus dem Anhänger gekramt, das rechte Vorderrad ausgebaut und mir die Bremse angeschaut. Erst war nichts zu sehen, aber als ich die Bremsbeläge ausgebaut habe, sah ich die Bescherung. Eine Ecke der Feder, die die beiden Bremsbeläge auseinanderhält, war total verbogen und berührte deshalb dauerhaft die Bremsscheibe am Rad. Also mit einer Zange alles wieder einigermaßen gerade gebogen, eingebaut und getestet. Ja, puh, keine Geräusche mehr, wenn ich das Rad drehe… aber leider kam das Problem sofort wieder, wenn man ein paar Mal den Bremshebel betätigt. Zwar etwas weniger schlimm als vorher, aber eben immer noch. Also nochmal ausbauen, wieder richtig biegen und wieder testen. Geht… bis man den Bremshebel betätigt. Argh! Zu dem Zeitpunkt hatte ich noch ca. 25-30 km bis zu meiner geplanten Unterkunft. Die einzige Möglichkeit weiterzufahren, war. die Bremsbeläge vorne rechts wieder auszubauen und ohne diese Bremse zu fahren, da sie ja sonst dauerhaft schleifen würde. Doof. Mit nur einer Bremse (hier: vorne links) fährt bzw. bremst es sich nicht so richtig gut, weil das Liegedreirad beim Einsatz nur einer Bremse zur Seite zieht. Das kann man zwar nutzen, um sehr dynamisch durch Kurven zu kommen, aber mit viel Gepäck auf Tour, will/kann ich nicht dynamisch fahren, sondern sehr ruhig. Ok, man kann entsprechend gegenlenken und so einigermaßen die Spur halten. Das ist nicht das größte Problem. Wesentlich problematischer ist aber, dass sich das hohe Gewicht natürlich mit zwei Bremsen wesentlich besser bremsen lässt als nur mit einer. Die Belastung für die eine Bremse ist dann natürlich doppelt so hoch, so dass diese schneller überhitzt und die Bremswirkung nachlässt. Nicht so gut. Um die Bremse möglichst zu schonen, habe ich die Strecke umgeplant und folge ab jetzt nicht mehr dem D4, sondern fahre auf oder an Straßen auf dem direkten Weg zu meiner Unterkunft. So konnte ich die Reststrecke auf 20 km reduzieren und hatte einen wesentlich höheren Anteil von gut fahrbaren Straßen mit wenig Kurven, so dass ich auch weniger bremsen muss. Dennoch wurde es gelegentlich kritisch, so dass ich schon mal kleine Brems-Kühlungspausen einlegen musste. Letztlich habe ich es dann aber doch noch sicher bis nach Oppach geschafft.

Dort wurde ich auch sehr freundlich vom 85-jährigen Hausherrn (und auch kurz seiner Frau, mit der ich telefoniert hatte) empfangen. Mir wurde die Dusche und das WC gezeigt und der Schlüssel dafür überreicht. Dann haben wir noch einen guten Platz für mein Zelt in der Nähe einer Steckdose gesucht und gefunden. Es gab so gar mehrere Möglichkeiten. Perfekt. – Dazu gab es noch ein bisschen Lebensgeschichte des Hausherrn und der umliegenden Gebäude, die zum Anwesen gehören. Er wurde in dem Haus geboren, in dem er jetzt auch wieder wohnt. Allerdings gefiel ihm als junger Mann die Arbeitsweise in der DDR nicht, so dass er noch vor dem Mauerbau in den Westen gegangen ist. Zunächst zu Siemens in Köln, wo er später auch für Aachen mit zuständig war. Die Welt ist echt klein! Später war er dann auch noch für Siemens in Frankfurt und lange in München tätig, wo er es wohl bis in den Vorstand geschafft hat. Er wollte nie zurück in die DDR, weil ihm das sozialistische System nicht gefiel, aber durch die Wende gab’s keine DDR mehr, und für seine Rente suchte er eine neue Beschäftigung, also zog er zurück in sein Geburtshaus, welches in der ganzen Zeit, in der er im Westen war, weiterhin von seiner Mutter bewohnt wurde, und er kaufte noch einige der umliegenden Gebäude dazu, weil diese aufgrund von Betriebsschließungen nach der Wende nicht mehr genutzt wurden. Er hält sich fit mit der Renovierung dieser Gebäude. Interessante Vita… und das war hier nur die Kurzfassung. 😉

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Stefan Leupers ist verheiratet und hat zwei Töchter. Seinen ersten Computer bekam er 1984 mit 11 Jahren. Er studierte Diplom-Informatik an der RWTH Aachen und beschäftigt sich seit 1993 mit Linux. Zu seinen Interessentgebieten zählen seit dem Studium Kommunikationssysteme sowie seit 2013 auch Heimautomation; insbesondere FHEM. Seit 2016 fährt er Liegedreirad und seit 2018 Elektroauto. Die Elektroautos werden - zumindest von Frühling bis Herbst - vorwiegend mit selbst erzeugtem PV-Strom vom eigenen Dach geladen.