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Bericht – Mo, 13.06.2022

Gestern wurde es mal wieder spät, aber die heutige Schlussetappe ist mit ca. 60 km ja recht kurz. Daher ging der Wecker erst um 9 Uhr und ich bin gegen 11:15 Uhr losgefahren.

Wo ich in den letzten Tagen ohnehin schon auf dem Nostalgietrip war, bin ich heute noch kurz an meiner alten Schule (Bischöfliche Marienschule Mönchengladbach) vorbeigefahren, wo ich vor ziemlich genau 30 Jahren mein Abiturzeugnis bekommen habe.

Dann sollte es weitergehen mit Sightseeing in Mönchengladbach. Auf geht’s zum Borussia-Park, d.h. zum Fußball-Station von Borussia Mönchengladbach… aber leider ging es plötzlich nicht mehr weiter. Hmm, Sperrungen und Umleitungen hat man als Radfahrer ja nicht so gern… aber hier gab es weder eine Vorwarnung, dass es nicht weitergeht, noch eine Umleitung… so dass ich ein ganzes Stück zurück und außen rum musste. 🙁

Aber egal, dann halt schnell die Strecke etwas umplanen. So leicht halten die mich nicht auf! – Irgendwie sieht das „neue“ Stadion von außen ja ein bisschen aus wie eine überdimensionale Spinne mit zu vielen Beinen. Das alte Bökelbergstation in der Stadt hatte sicher mehr Seele, aber so ein modernes Station am Rande der Stadt bietet natürlich schon mehr Möglichkeiten, d.h. mehr Zuschauer, mehr Komfort, mehr Parkplätze usw. – Am Stadion liefen übrigens gerade die Vorbereitungen auf das morgige Spiel der deutschen Nationalmannschaft gegen Italien; so wurden z. B. Zelte aufgebaut.

Ein Stückchen später gab es die einzige „Überschwemmung“ auf der ganzen Tour…

… aber es war zum Glück nicht allzu tief. – Wo wir gerade beim Thema Reifen sind: Ich hatte – wie eifrige Leser der Tourberichte wissen – zwar so einige Pannen (Speichenbrüche, Schalt- und Bremsprobleme), aber tatsächlich auf den ganzen 2367 km keine einzige Reifenpanne, dabei hatte ich extra einen 20″ Ersatzreifen sowie mehrere Ersatzschläuche in 20″ fürs Rad und 16″ für den Anhänger sowie Flickzeug dabei. Da war die Wahl der Reifen wohl ganz gut. Die drei 20″ Räder des Rades haben kurz vor der Tour den Schwalbe Marathon 365 bekommen. Natürlich hat das Profil auf der Strecke etwas gelitten, aber ich vermute, der Reifen hält noch weitere 1000, vielleicht sogar 2000 km, bevor ich den austauschen muss. Der Grip des 365 auf schlechtem Untergrund bergauf ist sehr gut, trotzdem rollt der recht gut. Die 16″ Räder des Anhängers haben den Schwalbe Marathon bekommen. Eigentlich hätte ich lieber Marathon Plus o.ä. gehabt, aber den scheint es in 16″ nicht zu geben… offensichtlich hat der einfache Marathon-Reifen aber gereicht. Bin sehr zufrieden mit der Reifenwahl.

Ich habe ja viel gemeckert, dass ich in dem von mir bereisten Streifen Deutschlands viel zu wenig Wind- und Solaranlagen gesehen habe. Zum Glück gibt es hier bei uns in der Region – außer der klimaschädlichen Braunkohle – aber auch viele Windräder. Der Wandel hat durchaus begonnen…

Weiter geht’s und ich komme der Heimat immer näher. Besonders schön ist immer, wenn man das erste Mal ein Straßenschild mit dem Namen des Heimatorts liest.

Und auch die Rur ist bald überquert.

Ein Rur-Stauwehr bei Linnich:

Direkt danaben diese entspannte Dame. Die Inschrift besagt: „Früher war das Wehr eine wirtschaftliche Bereicherung für das Handwerk in Linnich. – Heute dient es der Entschleunigung im Alltag.“ – Dazu trägt auch die Bank bei, die danaben steht.

Und ein letztes Mal eines meiner Lieblingsmotive: Grünes Feld mit weiß-blauem Himmel. Diese Panoramen werde ich vermissen. Wird wohl Zeit für ein paar neue Bildschirmhintergründe auf dem Computer.

Und dann kommt auch schon Baesweiler-Oidtweiler ins Sichtfeld:

Schon bei der Einfahrt aufs Grundstück begrüßen mich mich Frau und Kinder mit Ballons und Jubel! Danke, Ihr seid super. Ich liebe Euch!

Und zum Schluss noch ein bisschen Statistik: Insgesamt war ich jetzt 30 Tage unterwegs und habe 2.367 km zurückgelegt, was durchschnittlich 79 km pro Tag entspricht. Wenn ich nur die 25 vollen Tourtage, also ohne die 5 Tage Zwangspause durch defektes Rad in Dresden, nehme, sind es 2.292 km und damit knapp 92 km im Durchschnitt pro Tag.

Gewicht: Ich hatte am Anfang der Reise geschätzt, dass das komplette Rad mit Anhänger ca. 100 kg wiegen würde. Heute habe ich nach der Ankunft mal nachgewogen und komme – jeweils inklusive voller Beladung – auf ca. 71 kg fürs Rad und 29 kg für den Anhänger, also genau 100 kg. Wow, meine Schätzung war eine Punktlandung! 🙂 Mit Fahrer galt es dann also ein Gesamtgewicht von… hüstel… gut 200 kg durch die Republik zu stramplen… und ich kann Euch sagen, dass die Hangabtriebskraft von 200 kg auf 5 Reifen enorm sind. Bergab ist das ja ganz nett, so dass man mitunter schon mal ohne in die Pedale zu treten mit 50 km/h im Verkehr mitschwimmt, aber bergauf macht das mitunter doch ein paar Probleme, wie ihr ja in einigen Tagesberichten lesen konntet. Egal, letztlich habe ich doch jede Steigung bewältigt! 🙂

Last, but not least, möchte ich Danke sagen! Danke an meine Frau und meine beiden Töchter, dass die mich auch bei dieser Tour wieder sehr unterstützt haben, indem sie mich haben fahren lassen, zuhause die Stellung gehalten und mich moralisch unterstützt haben. Danke an meinen Chef und die Firma, dass ich wieder unbezahlten Urlaub nehmen konnte, um diese lange Tour möglich zu machen. Danke an all die netten Menschen, die ich unterwegs getroffen habe. Danke für die schnelle Hilfe und/oder netten Gespräche. Ihr habt immer wieder meinen Glauben an das Gute im Menschen bestätigt! Danke an alle Leser, die mitgefiebert und entweder öffentlich kommentiert oder mich privat kontaktiert haben. Ich habe alles gelesen und mich sehr gefreut.

Hier enden nun die täglichen Berichte. Vielleicht kommt später nochmal ein Artikel mit einer Nachlese… aber aktuell gibt es noch keine konkreten Pläne, ob oder wann es einen solchen Artikel geben könnte. Mal sehen…

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Bericht – So, 12.06.2022

Nachtrag zu gestern: Ich habe übrigens nicht vergessen, etwas über die Speichen im Hinterrad zu schreiben. Es gab nichts zu berichten, denn sowohl beim morgentlichen Check vor Abfahrt auf dem alten als auch bei einem abendlichen Check nach Ankunft auf dem neuen Campingplatz waren alle Speichen intakt und fest. Auch heute ist das so geblieben. – Toll, jetzt habe ich endlich genug Ersatzspeichen, da brauche ich plötzlich keine mehr… aber besser so als anders herum.

Der letzte Campingplatz dieser Tour war wirklich prima. Morgens zwar kaum Schatten beim Zeltabbau, aber auch kaum Insekten. Nur eine Nacktschnecke hatte sich auf meine blaue Plane, die ich immer als Unterlage/Boden benutze, begeben und musste mit einem Blatt gepackt und umgesetzt werden. Kein Problem. – Da ich relativ früh im Bett war, war dann heute Abfahrt schon um kurz vor halb 10 Uhr. Ich hatte heute ja auch einiges vor. Es waren wieder um die 100 km sowie einige Verwandschaftsbesuche geplant. Letztlich geworden sind es dann 93 km und alle kurzfristig geplanten Besuche haben geklappt! Juhu! 🙂

Aber von vorne: Auf der 2016er Deutschland-Nord-Süd-Tour hatte ich irgendwo im Norden schon mal eine Wetterkuh auf einem Stall fotografiert. Diesmal habe ich auch eine entdeckt. Finde ich echt liebevoll, wenn ein Kuh-Bauer sowas auf sein Dach stellt. (Sorry, für die Bildqualität, aber ich musste ziemlich ranzoomen, da sie doch recht weit weg vom Weg stand.)

Sehr bald schon kam ich an den Rhein bei Wesel… dachte ich, musste/durfte aber erst noch die Lippe überqueren, die hier in den Rhein mündet (hinten im Bild zu sehen). Wusste ich bisher auch noch nicht, dass die Lippe in den Rhein mündet und das in Wesel tut. Wieder was gelernt. Überhaupt lernt man über sein Heimatland eine ganze Menge – vor allem geographisch – wenn man eine solche Tour macht. In der Schule kommt sowas ja i.d.R. zu kurz… aber vermutlich wissen Schüler solches Wissen weniger zu schätzen als man es im späteren Leben tut.

Dann kam aber die große Rheinbrücke mit seiner eleganten, schlanken Tragkonstruktion. Beeindruckend, dass das reicht, um die schwere Brücke zu tragen. Außer der B58 führen beidseitig Rad-/Fußwege über die Brücke. Prima.

Und von der Brücke hat man einen herrlichen Blick auf den Rhein und die Frachtschiffe, die hier verkehren. (Hinten rechts ist noch die Mündung der Lippe zu erahnen.)

Übrigens, mutmaßlich im Krieg zerstörte Brücken nicht wieder aufbauen, kann man auch am Rhein, nicht nur an Neiße und Oder.

Ich war heute übrigens außerdem noch in den Alpen… äh… ich meine im Städtchen Alpen am Niederrhein… dort hatte man allerdings eine böse Überraschung für mich bereit. Da gibt es eine Sackgasse, die zu einem Firmengelände führt und einen begleitenden Radweg hat… aber dieser Radweg endet dann quasi hier an dem Drängelgitter, das einen Durchlass von nur ca. 60 cm hat. Da wird es für jedes Rad sehr eng… und für Liegeräder und/oder Anhänger, aber auch für Kinderwagen o.ä. keine Chance. Selbst die Alternativroute 50-100 m daneben ist mit der gleichen Konstruktion verrammelt… aber ich konnte mein Rad mit etwas Mühe über das Mäuerchen daneben drüberwuchten, denn die Alternative wäre gewesen einige Hundert Meter zurückzufahren und den anderen Radweg außen rum zu nehmen. OK, wenn man das weiß, kann man das ja frühzeitig machen, aber dann hätte man da besser durch Schilder drauf hinweisen sollen. 🙁

In Issum habe ich dann dieses sehr schön bemalte Haus entdeckt. Aber fällt Euch außer dem schön bemalten Haus noch was auf? – Ja, genau, ich bin ausnahmsweise mal wieder mit Rad auf dem Bild zu sehen… und das Bild wurde nicht(!) mit Stativ und Selbstauslöser aufgenommen. Und das kam so… – Als ich das Wandgemälde entdeckte, bin ich sofort rechts rangefahren, um erst mal Verkehr hinter mir durchzulassen und wollte dann in Ruhe die Straßenseite wechseln. Direkt hinter und dann neben mir hielt ein Radfahrer an. Ich dachte erst, dass ich ihn mit meinem spontanen Rechtsranfahren und Bremsen vielleicht irritiert hätte… aber der Grund war ein anderer. Der nette junge Mann sprach mich nämlich direkt auf meine Tour an, weil er wohl offensichtlich mein Tour-Schild hinten am Anhänger gesehen hatte und stellte einige interessierte Fragen zur Tour. Wie weit, wie lang, ob ich sowas öfter mache usw. – Nach einiger Zeit fing er dann an zu erzählen, dass er auch schon lange Touren gemacht habe. So sei er 2016 hier aus der Region um die halbe Welt bis nach Singapur gefahren. Insgesamt 18.000 km in 2 Jahren! Dann weiter nach Australien, wo er für weitere zwei Jahre geblieben, aber weniger Rad gefahren ist, sondern hauptsächlich gearbeitet hat, um die ganze Reise auch irgendwie zu bezahlen. 2020 musste er dann (also nach 4 Jahren) wegen Corona zurück in die Heimat. Seitdem sei er nicht mehr so viel gefahren. Nur einmal nach Venedig. Aktuell gibt es wohl keine ganz großen Reisepläne, aber vielleicht geht’s demnächst mal nach Österreich, wobei er vermutlich zunächst mit der Bahn nach Frankfurt oder Würzburg fahren würde, um etwas Kilometer und Zeit zu sparen. – Mittlerweile habe ich seinen Namen (Tobias Bausch aus Kamp-Lintfort) und seine Webseite (http://radelman.de/) herausgefunden. Dort findet man auch Links zu Facebook und Instagram. Falls jemand mal schauen will, wo er so gefahren ist und wie seine Erfahrungen mit Radwegen, Grenzübertritten usw. waren. Sein absolute Empfehlung für Radfahrer ist übrigens Taiwan. Da war das Radfahren eine große Freude, weil die so eine gute Radinfrastruktur haben. – Am Ende bot er mir dann noch an, dass er das Foto von dem bemalten Haus macht, damit ich auch mal mit aufs Bild komme. Er kennt ja das Problem gut, dass man selbst auf Tourbildern meist gar nicht auftaucht, obwohl man ja eigentlich die Hauptperson ist.

Und bevor jetzt einer meckert. Nicht nur in Brandenburg und Westfalen, sondern auch am Niederrhein gibt es sehr schöne Alleen.

Die Überquerung des Rheins war schon ein kleines Highlight, da meine Wurzeln am linken Niederrhein liegen. Der Bauernhof, auf dem mein Vater und seine zwei Brüder geboren und aufgewachsen sind, liegt bei Wachtendonk im Kreis Kleve, wo noch immer viele Verwandte wohnen. Und ich selbst bin ja in Mönchengladbach großgeworden, der größten Stadt am linken Niederrhein. Die echten Highlights waren heute aber die Begegnungen mit Menschen. Einerseits fand ich das Gespräch mit dem Rad-Weltreisenden Tobias interessant… und zum anderen habe ich heute viele liebe Familienmitglieder besucht. Zuerst eine meiner Cousinen, die heute sogar Geburtstag hat, und ihren Mann. Dann eine meiner Tanten und einen Cousin mit Frau und den beiden Söhnen. Das war super, da wir uns wg. Corona leider schon eine ganze Weile nicht mehr gesehen hatten. An dieser Stelle nochmal Danke, dass das heute so spontan geklappt hat!

Danach ging es weiter zum Hof bei Wachtendonk, auf dem mein Vater geboren und aufgewachsen ist. Leider ist der Hof aktuell unbewohnt und steht zum Verkauf, so dass nur ein Besichtigung von außen möglich war. (Wer Interesse hat, das Objekt zu kaufen, darf sich gerne bei mir melden. Ich vermittle provisionsfrei weiter.) – Vor vielen Jahren hat meine Oma den Hof malen lassen und das Gemälde ihrem Sohn, meinem Vater, geschenkt. Seither hing dieses Bild immer in meinem Elternhaus in Mönchengladbach im Flur an der Wand. Ich habe das Bild immer schon gemocht und bin sehr froh, dass meine Mutter es mir irgendwann überlassen hat, nachdem mein Vater gestorben war. Seither hängt es im Schlafzimmer auf meiner Seite des Bettes. Es ist meine Verbindung zu den Wurzeln meiner Familie und damit auch zu meinen eigenen Wurzeln, obwohl ich selbst nicht auf dem Land aufgewachsen bin. Aber ich bin sehr froh, dass ich in Baesweiler recht ländlich wohne und im Sommer die Kühe auf der Weide direkt hinter unserem Garten sind. Da schließt sich der Kreis, und das ist schön. – Damit hat mich diese Tour übrigens sowohl zum Geburtsort meines Vaters (Wachtendonk an der Niers am Niederrhein) als auch meines (im letzten Jahr verstorbenen) Schwiegervaters (Heidenau an der Elbe bei Dresden) geführt. Ich hoffe, die Beiden sitzen irgendwo zusammen auf einer Wolke und freuen sich.

Ich habe dann noch versucht, das Gemälde von damals als Foto nachzustellen. Der Winkel und die Entfernung sind nicht ganz die Gleichen, aber ich wollte auch keine Pflanzen im Feld platttreten. Außerdem fehlen natürlich die Kühe und man sieht auch, dass sich in den Jahrzehnten zwischen Erstellung des Gemäldes und meinem aktuellen Foto doch ein paar Dinge verändert haben. Finde die Unterschiede… 😉

In Wachtendonk habe ich noch kurz das Familiengrab besucht, wo meine Großeltern väterlicherseits begraben liegen.

Auf der Niers bei Wachtendonk kann man offensichtlich gut Kanufahren. Sieht jedenfalls nach Spaß aus. 🙂 Übrigens ist die Niers auch wieder so eine Verbindung zwischen der Heimat meines Vaters (Wachtendonk) und meiner Heimat (Mönchengladbach), weil die Niers nämlich im Süden von Mönchengladbach entspringt, wir im Norden von Mönchengladbach früher unsere Joggingstrecke an der Niers hatten, die wir problemlos zu Fuß erreichen konnten, und die Niers eben auch durch Wachtendonk fließt.

Die Niersbrücke zwischen Mönchengladbach und Neersen, über die ich schon als Kind so oft mit dem Rad und später – als ich älter war – beim Jogging überquert habe, ist mittlerweile für den Autoverkehr gesperrt. – Von dort aus bin ich unsere alte Jogging-Strecke zu meinem Elternhaus zurückgefahren. Die ist zwar immer noch so uneben und steinig, wie sie immer war, und daher nicht optimal für mein Gespann, aber die Strecke musste aus Nostalgiegründen genau so gefahren werden. Und, ich glaube sogar, ich habe den großen Stein in der Mitte des Weges im Wald wiedergefunden, auf den ich als Kind beim Joggen immer getreten und von dort einen möglichst weiten Sprung gemacht habe. Manche Dinge ändern sich eben auch in über vier Jahrzehnten nicht.

Der Abschluss und damit das letzte Highlight der heutigen 93 km Etappe war dann die Ankunft bei meiner Mutter in meinem Elternhaus, wo ich eine Dusche, ein Abendessen, gute Gespräche und ein Bett bekommen habe. (Danke, Mama!)

Mann-o-mann, die letzten Tage der Tour sind ganz schön nostalgisch geworden. Erst die Reise in meine Bundeswehrzeit gestern, dann Familienbesuche und der Besuch des Geburtshauses/-hofs meines Vaters, die Joggingstrecke meiner Kindheit und nicht zuletzt der Besuch meiner Mutter in meinem Elternhaus. Tage zum Grübeln und Genießen…

Schön, wenn einem eine solche Tour nicht nur diese Besuche ermöglicht, sondern auch noch den Kopf freimacht von all dem üblichen Ballast, so dass man dies wirklich aus tiefster Seele genießen kann. – Ich muss zugeben, als ich den Schluss der Reise so geplant habe, habe ich nicht damit gerechnet, dass es so emotional tiefschürfend wird, aber das ist eben das Schöne, dass eine solche Reise oft Dinge zu Tage fördert, die man nicht erwartet… und die normalerweise im Alltagsstress untergehen.

Am morgigen Montag dann Endspurt! Die letzten knapp 60 km nach Hause…

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Bericht – Sa, 11.06.2022

Der Campingplatz war super. Durch die Bäume konnte ich gestern Abend und heute morgen schön im Schatten das Zelt auf- und abbauen. Der einzige Nachteil war, dass die Bäume offensichtlich das Zelt mit einer leicht klebrigen Schicht versehen haben. Das war nicht so schön und ist heute das erste Mal auf der Tour passiert. Insekten gab es auch erfreulich wenig. Nur eine Mücke hat gestern zugestochen. Damit verdoppelt sich die Gesamtanzahl aller Mückenstiche auf der Tour auf zwei. Bei bisher 28 Tourtagen kann man damit wohl leben. Außerdem habe ich das Vieh erwischt und sofort [Werbung an] Soventol, eine Hydrocortison-Salbe, draufgetan, so dass es auch gar nicht mehr gejuckt hat. Hilft bei mir immer sehr gut. [Werbung aus :-D][Kommentar von Tina, ist klar, oder?]

Da ich gestern recht früh auf dem Campingplatz war, konnte ich auch etwas früher schlafen und somit auch früher aufstehen und packen, so dass ich immerhin schon gegen 9:30 Uhr losfahren konnte. Einen Campingplatz in gut 100 km Entfernung hatte ich ausnahmsweise gestern Abend schon klargemacht. Sonst hatte ich ja immer erst im Laufe des Tages genau geschaut, welchen Campingplatz ich erreichen könnte und meist erst nachmittags, seltener schon morgens angerufen.

Gestern habe ich insgesamt 5x die Ems überquert, heute dann 3x den Dortmund-Ems-Kanal, der sich hier durch die Gegend schlängelt. – Das Wasser im Kanal sah überraschend schön aus. Leicht grünlich. – Wie man sieht, kam auch immer wieder Schiffsverkehr.

Nördlich von Lüdinghausen kam ich an Burg Kakesbeck vorbei, welche von 800 n. Chr. stammen soll. Ok, es steht offensichtlich nicht mehr alles und vermutlich ist auch nicht alles ganz so alt, aber interessant, dass hier schon vor 1200 Jahren was stand.

Übrigens hat nicht nur Brandenburg schöne Alleen! Auch Westfalen kann da einiges beisteuern, wie die beiden folgenden Beispiele zeigen.

Dann kam ich zu meinem persönlichen kleinen Highlight der heutigen Etappe. Da es sowieso fast auf der neu geplanten Route lag, habe ich einen kleinen Schlenker durch das Rosendorf Seppenrade gemacht. Aber nicht, weil mich Rosen besonders interessieren würden, sondern weil ich von Januar bis September 1993, also vor 29 Jahren, hier für 9 Monate als Wehrpflichtiger bei der Bundeswehr stationiert war. Die Station einer Fernmeldeinheit der Luftwaffe bestand im wesentlichen aus einem Funkturm und einem Gebäude mit Bunker im Keller, wo die kostbare Technik untergebracht war.

Uih, die Bäume sind mittlerweile so groß geworden, dass man das Stationsgebäude von der Straße aus kaum noch sieht. Das war damals anders. Da gab es freien Blick in alle Richtungen, was sicherheitstechnisch auch notwendig war, denn es handelte sich immerhin um eine militärische Einrichtung, und im Verteidigingsfall befürchtete man insbesondere Saboteure, die die Kommunikation lahmlegen wollen.

Der Standort wurde aber wohl um 2010 geschlossen und wird seit 2015 primär als Unterkunft für Flüchtlinge genutzt. Die Zäune um das ganze Areal stehen noch, aber das Tor war offen, so dass ich mich ein wenig umsehen konnte. Von den Bewohnern war zunächst nichts zu sehen, außer ein paar Fahrrädern vor der Tür und Kinderspielzeug auf dem Hof. Erst als ich schon wieder im Aufbruch war, kam eine Frau mit ihrem Kind raus. Ich weiß aber nicht, ob die mich überhaupt so richtig wahrgenommen hat.

Hier stand früher mal der Turm mit den Sende- und Empfangsantennen für die Richtfunkstrecke. Die Station Seppenrade war eine der Vermittlungsstationen im bundesweiten internen Kommunikationsnetz der Luftwaffe. Früher saßen unten im Bunker noch jede Menge Soldaten und haben Gespräche handvermittelt, aber 1993 war schon alles durch moderne digitale Vermittlungsanlagen (ich meine, von Alcatel) ersetzt, so dass für uns nur noch die Überwachung und ggf. Fehlerbehebung blieb. Dabei waren die Berufssoldaten entsprechend ausgebildet, um mit der moderenen Telekommunikationstechnik umzugehen. Wir Wehrpflichtige haben den Ablauf im Wesentlichen durch Fahrdienste unterstützt. Dazu haben wir in Münster einen drei-tägigen Lehrgang besucht, die sog. B-Umschulung, so dass wir dann mit unserem privaten PKW-Führerschein (damals noch Klasse 3 genannt) auch Bundeswehr-PKWs (damals schon Klasse B genannt, wie heute auch im zivilen Bereich) fahren durften. Unsere Station hatte dafür zwei(?) Bullys (VW-Busse). So sind wir also meist den Bully gefahren oder haben einen höherrangigen Kameraden bei der Überprüfung der Vermittlungsanlagen und der Wachbücher des zivilen Wachpersonals begleitet. Aber jeden Vormittag mussten auch zwei Kameraden mit dem Bully in die Heereskaserne in Dülmen fahren, um dort Essen für unsere Station zu holen. Leider war das Essen sehr deftig, weil eigentlich für die Heereskameraden gedacht, die hinterm Panzer herlaufen. Wir dagegen saßen meist auf Station oder fuhren im Bully umher, was eher weniger Kalorien verbraucht, so dass die meisten von uns in der Zeit etwas zugenommen haben. – Tja, hier also der fehlende Funkturm. Man sieht aber noch den Zaun und sogar die Vorfeldbeleuchtung, also die Scheinwerfer, mit der sich die ganze Station nachts rundum erhellen ließ, um potentielle Angreifer zu entdecken.

Immerhin haben sie eine der Richtfunkantennen als Andenken aufgestellt. Schön beschriftet. Genau, das waren wir: Fernmeldesektor 112, Station Seppenrade. Ich habe zuhause sogar noch irgendwo das Logo der Einheit.

Hier der Eingangsbereich. Das kleine Fenster links gehörte zum Wachbüro, wo tagsüber meist zwei, nachts ein ziviler Wachmann saß. Die Wachleute waren alle sehr nett; auch zu uns Wehrpflichtigen. Einen der Wachleute haben wir besonders ins Herz geschlossen, weil es so nett und auch sozial engagiert war. Er trainierte nämlich in seiner Freizeit eine Jugend-Fußballmanschaft mit türkischen, sozial benachteiligten Jungs. Dafür hatte er unseren Respekt. – Rechts vom Eingang, dieses kleine, niedrigere, braune „Häuschen“ ist eine Art Schützenstand, von wo man Angreifer recht gut geschützt hätte beschießen können. Tja, so war das im ausklingenden kalten Krieg. Wurde zum Glück nie gebraucht.

In unserer ehemaligen Fahrzeug-Halle lagert die Gemeinde Seppenrade jetzt einige Buden, wenn sie gerade nicht gebraucht werden. So, werden die alten Gebäude immerhin sinnvoll weiterverwendet.

Tja, dieser Besuch hat mir voll den Flashback verpasst. 29 Jahre her. Ich war Ende 19 / Anfang 20, als ich dort gedient habe. Vor ein paar Tagen bin ich auf Tour 49 Jahre alt geworden, d.h. ich bin heute fast 2,5-mal so alt wie damals. Krass. Und doch erinnere ich mich sehr lebhaft an so viele Dinge aus diesen 9 Monaten in Seppenrade. An den etwas muffligen, aber irgendwie auch gemütlichen Hauptfeldwebel, der Stationsleiter war und der uns manche Zusatzaufgaben aus der Zentrale in Münster vom Leib gehalten hat, weil er selbst keinen Bock drauf hatte. An den strengen Oberfeldwebel, der eher schon ein Vorzeige-Soldat sein wollte, und vermutlich selbst gerne Stationsleiter gewesen wäre. So jedesfalls meine damalige Vermutung. Er, der Oberfeldwebel und Berufssoldat wollte bei der Bundeswehr den LKW-Führerschein machen, aber bei der Routine-Gesundheitsuntersuchung ist er durchgefallen, so dass er nicht nur den LKW-Führerschein nicht machen durfte, sondern auch die Fahrerlaubnis für Bundeswehr-PKWs entzogen bekam, so dass er fortan unsere Bundeswehr-Bullys nicht mehr selbst fahren durfte und immer von einem von uns Wehrpflichtigen umherkutschiert werden musste. Tja, Pech gehabt. Wohlgemerkt konnte er natürlich gut Autofahren. Er kam ja auch jeden Tag mit dem privaten PKW zur Station, aber die Bundeswehr hat eben höhere Anforderungen. Dann sind da noch die Erinnerungen an die Doppelkopf-Partien, die der Stationsleiter nur sehr ungern verlor. Skat konnte ich schon, aber Doppelkopf habe ich erst dort gelernt… aber mittlerweile wieder vergessen, wie’s geht, weil seit 29 Jahren nicht mehr gespielt. Tja, und dann ist da noch die Episode, als ein Kamerad, der im zivilen Beruf Radio- & Fernsehtechniker war, beim Versuch, ein Kabel für Satelliten-TV ins Wachbüro zu verlegen, mit der Hilti [Bohrmaschine] ein Stromkabel der Vorfeld-Beleuchtung anbohrte (also draußen), was einen Kurzschluss auslöste und die komplette Station plötzlich stromlos war. Die Vermittlungsanlagen liefen noch eine gute Viertel Stunde auf Akku, aber dann mussten wir mit dem Bully zu einer Telefonzelle in Seppenrade fahren und in Münster per Telefon melden, dass die Station Seppenrade ausgefallen ist. Peinlich, aber irgendwie auch witzig. Eigentlich hätte der Kollege einen Orden verdient für’s zufällige Aufdecken einer Sicherheitslücke. Ich meine, wir hatten da einen atombombensicheren Bunker unter dem Gebäude, in dem die ganze Vermittlungstechnik stand, aber es reichte, mit einem relativ kleinen Bohrer ein bestimmtes Kabel anzubohren, um alles lahmzulegen. Naja, im Ernstfall hätte der Feind vermutlich den Funkturm angegriffen und so dann auch die Kommunikation gestört. – Ich glaube, die wichtigste Lektion für’s Leben, die ich bei der Bundeswehr gelernt habe, ist, dass ältere Kameraden/Kollegen, Vorgesetzte usw. letztlich auch nur Menschen sind. Natürlich sollte man vor denen schon Respekt haben, aber man muss keine Angst haben. Wir Wehrpflichtige wurden immer gut behandelt, bei allem mit einbezogen (z. B. beim Doppelkopfspielen, Feierlichkeiten usw.) und als ich eigentlich mal wieder Fahrer sein sollte, es mir aber gesundheitlich gerade nicht so gut ging, hat der ältere Kamerad ohne Probleme das Steuer selbst übernommen, obwohl es nicht seine Aufgabe war, so dass ich mich auf dem Beifahrersitz etwas erholen konnte. Da war dann wieder Kameradschaft und Für-einander-da-sein wichtiger, als den Vorgesetzten raushängen zu lassen. Das war für mich eine sehr wertvolle Lektion, die ich nicht missen möchte. Auch in den drei Monaten Grundausbildung in Hamburg-Harburg war die Kameradschaft auf unserer Stube hervorragend, obwohl wir vom Bildungsniveau, Beruf, sozialer Herkunft extrem unterschiedlich waren, aber all das war egal, weil wir wussten, dass wir das alle besser durchstehen, wenn wir zusammenhalten. So haben wir sogar unseren Kameraden Ingo G. (Name von der Redaktion nicht geändert), der immer sehr nervös wurde, wenn er eine Waffe in die Hand nehmen musste (ja, nicht die besten Voraussetzungen für einen Soldaten!) letztlich gut durch die Grundausbildung gebracht bzw. ihn immer wieder unterstützt und motiviert, durchzuhalten. Das sind positive Erfahrungen, die einen jungen Menschen prägen und ein Leben lang begleiten. Ich finde es schade, dass es das heutzutage nicht mehr gibt, weil die Wehrpflicht und damit auch soziale Ersatzdienste aktuell ausgesetzt sind. Natürlich fand ich es damals doof, ein ganzes Jahr zur Bundeswehr zu müssen, statt direkt mit dem Studium zu beginnen, aber ich glaube, dass ein solcher Zwangsdienst für die Gesellschaft durchaus positive Effekte auf junge Menschen haben kann. Auch, wenn natürlich nicht alles toll war und man manchmal auch einfach nur Zeit totgeschlagen hat, würde ich im Nachhinein sagen, dass die Zeit als Wehrpflichtiger bei der Bundeswehr mir persönlich wohl mehr genutzt als geschadet hat. Und die Uniformen der Luftwaffe, besonders die Ausgehuniform, waren schon auch irgendwie schick. 😉

Tja, und jetzt ein ganz anderes Thema:

Auf der Tour habe ich in letzter Zeit an und in Wäldern öfters mal die folgenden Warnschilder gesehen. Auf anderen Schildern stand noch „Allergiegefahr“ o.ä. dabei. Krass, dass die extra Schilder aufstellen, um vor dem Kontakt mit den Raupen bzw. deren giftigen Brennhaaren zu warnen.

Und nun neigt sich die Tour dem Ende entgegen. Dies ist höchstwahrscheinlich der letzte Aufenthalt auf einem Campingplatz bei dieser Tour, da ich morgen hoffentlich bis zu meinem Elternhaus in Mönchengladbach komme und dann dort übernachten kann. Der Campingplatz heute ist mal wieder klasse. Nur 12,- €, also eigentlich sogar nur 10,- €, aber die Duschmarke kostet 2,- €. Keine Extrakosten für das bisschen Strom, das ich brauche. Mein Zelt konnte ich zwischen Sanitärhaus (schön, neu, sauber) im Hintergrund und dem Stromkasten vorne aufbauen. Und Wasserhähne gibt es auch noch, so dass ich da morgen früh noch ganz einfach meine Trinkblase auffüllen kann. Was will man mehr.

Mittlerweile haben sich noch mindestens ein Wohnwagen und ein Wohnmobil dazugesellt, aber stört nicht. Ruhige Nachbarn.

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Bericht – Fr, 10.06.2022

Wie vermutet, war die Wäsche heute morgen noch nicht ganz trocken, aber da die Sonne rauskam und auch ein leichter Wind ging, war es nur eine Frage der Zeit.

Beim morgentlichen Speichencheck hatte ich wieder eine der alten, schwarzen Speichen in der Hand. Optisch saß die zwar noch wie sie soll, aber war schon so vorgeschädigt, dass sie bei leichtem Druck sofort ganz brach. Also heute mal wieder eine Speiche… aber ich habe ja jetzt wieder genug Reserve. Kein Problem.

Los ging es dann mit frischen, trockenen Klamotten und einer neuen Speiche um 11 Uhr.

Schon im ersten Ort – Augustburg – fand ich einen REWE mit Bäcker, wo ich mich für den Tag mit Verpflegung eindecken konnte.

In Stukenbrock begrüßt mich mein Lieblingstier (Elefant) auf einem Kreisverkehr. – Ok, eigentlich eine Werbung für den Safari-Park, aber trotzdem nette „Deko“ für den Kreisverkehr.

Und kurz danach kam ich an Schloß Holte vorbei, welches von einem Wassergraben umgeben ist. Ich dachte ja immer, dass der Ort „Schloß Holte-Stukenbrock“ nach dem Schloss derer von Holte-Stukenbrock benannt sei, aber – nein – die Stadt besteht aus den beiden Ortsteilen „Schloß Holte“ und „Stukenbrock“.

Am Schloss vorbei fließt der Ölbach… aber zum Glück sah das Wasser schön klar aus.

Bald schon kam ich nach Harsewinkel und am Werk des bekannten Mähdrescher-Hersteller Claas vorbei.

Die Stadt scheint sehr stolz auf die Firma zu sein, denn die schreiben sogar auf ihr Ortsschild „Die Mähdrescherstadt“! Wow.

Die Mähdrescher sehen ungefähr so aus. – Man beachte auch die kuh-le Adresse: Kuhstraße 1.

Nach Harsewinkel überquere ich zum ersten von insgesamt fünf Mal heute die Ems. – Da fällt mir ein, dass ich den Emsradweg auch irgendwann mal fahren möchte. Von der Quelle zur Nordsee oder andersherum. Irgendwann mal später vielleicht… denn zumindest für dieses Jahr reicht’s mit den größeren Touren erstmal.

Mittlerweile bin ich in Telgte auf einem Campingplatz an der Ems. Hier gibt es zwar eigentlich auch eine Strompauschale, aber, da ich ja wirklich nur 1 kWh brauche, fragte mich die Chefin, ob ich mit einem Euro (statt der 3,- oder 3,50 €) einverständen wäre. Klar! – So hat mich die Übernachtung heute mit Strom 14 € gekostet, wobei die Sanitäranlagen absolut top sind! Alles sehr schön, neu, groß, hell, sauber. Was für ein Unterschied zu gestern. Und das Personal ist auch sehr nett, professionell, aber irgendwie auch gechillt. Super.

Übrigens, eigentlich hatte ich damit geliebäugelt, noch 15 km weiter zu fahren und auf einem Campingplatz bei Münster zu übernachten. Das hätte ich auch noch locker geschafft… aber dann habe ich auf deren Preisliste gesehen, dass eine einzelne Übernachtung wohl pauschal 35,- € kosten würde. Normale Tagespreise sind erst ab einem Aufenthalt von drei Tagen gültig. Sagt mal, geht’s noch? Ihr spinnt doch wohl! Was für Nepp! Naja, so kann man eben auch indirekt sagen, dass man keine Gäste für nur eine Nacht will. – Als ich das gelesen habe, wollte ich plötzlich gar nicht mehr nach Münster, sondern habe mich auf den etwas früheren Campingplatz in Telgte gefreut, was eine sehr gute Wahl war. Daher heute „nur“ 89 km, obwohl es kaum Höhenmeter zu bewältigen gab.

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Bericht – Do, 09.06.2022

Ich habe ganz gut geschlafen in meinem kleinen Zelt, das in dieser Nacht im großen Festzelt stand. Zwar klapperte immer mal wieder was im Wind, aber dank meiner Ohrstöpsel habe ich davon nachts nichts mehr mitbekommen. Bis kurz vor der Abfahrt um 10 Uhr war es noch trocken, aber dann setzte leichter Nieselregen ein, der nicht auf dem Regenradar zu sehen war. Daher bin ich im Regensetup gestartet. Dennoch war die Laune ganz gut, denn erstens habe ich direkt in Stadtoldendorf einen Bäcker an meiner Route gefunden, so dass die Verpflegung schon mal gesichert war und zweitens werde ich schon sehr bald an die Weser kommen und nun auch auf dem Rückweg meine alte Deutschland-Nord-Süd-Strecke von 2016 kreuzen.

Da hinten vor dem Bergrücken fließt die Weser und mein Weg führt quasi direkt darauf zu.

Hatte ich eigentlich gestern geschrieben, dass in Westdeutschland alles gut geteert ist und es hier – im Gegensatz zu Ostdeutschland – so gut wie kein Kopfsteinpflaster mehr gibt (außer vielleicht in historischen Altstädten)? Tja, Holzminden begrüßt einen direkt mit Kopfsteinpflaster… wobei das deutlich feiner und daher weniger holprig ist als die meist recht groben Kopfsteinplaster im Osten. Ich kenne mittlerweile alle Arten von Kopfsteinpflastern und sehe ihnen den Holprigkeitsfaktor schon von Weitem an. 😉

Und da ist sie, die Weser! Heute fahre ich nur ein sehr kurzes Stück an ihr entlang; nur von Holzminden bis kurz vor Höxter. Dann geht es für mich wieder weiter nach Westen.

Diese netten Figuren eines Pärchens und eines Fotografen habe ich 2016 schon fotografiert.

In Höxter gab es eine Umleitung für den Radweg. Da muss ich irgendwo mal falsch abgebogen sein… aber war gar nicht schlimm, denn so habe ich dieses nette kleine Gässchen entdeckt, welches ich sonst nicht gesehen hätte.

Um aus dem Wesertal rauszukommen, ging es natürlich erst mal etwas hoch, aber war nicht allzu schlimm. Alles noch ganz gut zu fahren. Kein Vergleich mit den Steigungen auf dem D4 auf der Hinfahrt. Und von oben hat man immerhin eine gute Aussicht.

Nachdem es zwischenzeitlich mal wieder richtig sonnig war und ich mir die Regenklamotten schon lange wieder ausgezogen habe, fuhr ich dann aber am Nachmittag auf diese dunklen Wolken zu. Diesmal gab’s keine helle Lücke, durch die ich (fast) trocken schlüpfen könnte. Also habe ich kurz vor dem „Zusammenstoß“ mit der Regenfront noch schnell meine dritte und letzte Essenpause für heute gemacht und dann wieder die volle Regenmontur angezogen (heute bestimmt schon zum dritten Mal). Zum Glück war es nur „normaler“ Regen, also kein Gewitter oder so. Also mit Regenjacke (inkl. Kapuze, die ich über die Kappe ziehe), Regenhose und Regenschutz für die Füße/Schuhe alles kein großes Ding. Das Unangenehmste an den Klamotten ist eher, dass man noch stärker schwitzt, weil der kühlende Fahrtwind nicht mehr an den Körper kommt. Aber irgendwann war auch dieser Regen vorbei, und ich habe zumindest die Regenhose und Füßlinge wieder ausgezogen und die Jacke so weit wie möglich aufgemacht.

Am Ende der heutigen 98 km – mit ein paar Abkürzungen im Vergleich zum Original-D3/R1-Radweg – habe ich das heutige Wunschziel Detmold erreicht. Der Campingplatz ist eigentlich ganz nett, aber bisher vermutlich der teuerste überhaupt. Allein schon für die 1 kWh Strom, die ich brauche, um meine Fahrrad- und Handy-Akkus über Nacht aufzuladen, wollen die insgesamt pauschal 4,50 € haben und ließen sich auch nicht erweichen, mir einen Rabatt zu geben, weil ich als Radfahrer deutlich weniger Strom brauche als ein Wohnmobil oder Wohnwagen, mit Kühlschrank, Licht, evtl. Fernseher usw. – Bei den meisten Campingplätzen habe ich entweder nach Verbrauch (sehr selten!) oder eine kleine Pauschale (meist weniger als den vollen Preis) bezahlt, und hin und wieder wurden mir die Stromkosten sogar ganz erlassen bzw. war Strom einfach im Preis mit drin. Kosten hier also für eine Person im Zelt mit Strom für 18,50 €. Und das, obwohl die sanitären Anlagen gerade im Umbau sind und es statt dessen nur einen kleinen Container für Dusche und WC gibt. Geht natürlich alles, aber dafür dann der hohe Preis? Naja. – Auch ja, fast schon unnötig zu erwähnen, dass WLAN extra gekostet hätte, aber ich habe vorrübergehend mein Kontingent an mobilen Daten erhöht, so dass ich kein WLAN brauchte. WLAN gab es zwar auf vielen (nicht allen) Campingplätzen im Prinzip kostenlos, aber auf den meisten funktionierte das nur nah am Hauptgebäude, und die Zeltwiese war meist zu weit weg. Es passt ins Bild, dass die Waschmaschine, die ich heute dringend brauchte, weil ich kaum noch saubere Sachen habe, mit 3,- € für 90 Minuten auch am oberen Ende liegt. Meist wird 2 – 2,50 € verlangt; einmal sogar nur 1 € und in zwei Jugendherbergen durfte ich sogar ohne Extrakosten waschen. – Auf dem Foto sind nur die Regensachen aus dem Wäscheständer. Später kamen noch die gewaschenen Sachen hinzu. Mal sehen, wann die Morgensonne die durchgetrocknet hat. Komme vermutlich erst etwas später los.

Ich muss euch noch von meinen Beinahe-Wildunfall erzählen. Ich fuhr gerade über einen der mittlerweile seltenen ungeteerten Feldwege, wo es nur zwei Spuren für die Reifen und Gras in der Mitte gibt. Da sah ich plötzlich in vielleicht 25 m Entfernung auf beiden Spuren je einen Hasen – oder ich vermute eher einen Hasen und eine Häsin – fröhlich auf mich zuhopsen. Vermutlich waren die verliebt und hatten nur Augen für sich. Dass ich ihnen entgegenkam, bemerkte das liebestolle Paar nicht. Da ich keinen Zusammenstoß wollte, habe ich dann mal scharf gebremst, als die beiden nur noch 5 m oder so entfernt waren. Durch mein Bremsgeräusch haben sie mich dann endlich bemerkt. Der/die Hase/Häsin auf meiner Spur ist dann sehr schnell ins seitliche Grün abgehauen. Der/die Andere hat kehrt gemacht und ist auf seiner/ihrer Spur ein ganzes Stück zurückgelaufen und dann nach einer Kurve verschwunden. Krasses Erlebnis. Normalerweise hauen die Viecher ja immer sehr schnell ab, wenn man näherkommt. Dass die genau auf mich zugelaufen kamen, war schon echt überraschend.

Heute gab es für mich drei wesentliche Highlights. Erstens das Erreichen der Weser bzw. das Kreuzen der 2016er-Strecke. Zweitens bin ich heute schon in meinem Heimat-Bundesland Nordrhein-Westfalen angekommen. Wow, in den letzten Tagen fliegen die Bundesländer nur so an mir vorbei. Und, last, but not least, habe ich eben auf der Fortschrittsseite gesehen, dass ich heute die Marke von 2000 gefahrenen Kilometern überschritten habe! 2021 km in 26 Tagen, wobei man die 5 Tage Zwangspause in Dresden ja abziehen muss. Also 2021 km in 21 Tagen. Da bin ich ja schon fast an den 100 km Tagesschnitt dran, die ich ursprünglich mal angepeilt hatte. Das war allerdings noch, bevor ich wusste, wie heftig die Steigungen auf dem D4 werden. Seit der Zwangspause trete ich aber auch ordentlich rein, um Zeit aufzuholen… und nutze auch immer mal wieder eine Unterstützungsstufe mehr, als eigentlich notwendig wäre. 😉 Einerseits ist es zwar sehr schön auf Tour, aber anderseits ist da nach den bisherigen Erfahrungen auch immer im Hinterkopf, dass bei einer längeren Restfahrzeit theoretisch auch mehr am Rad kaputt gehen könnte. Zwar ist heute wieder keine(!) Speiche gebrochen, obwohl (oder weil?) ich jetzt ja genug in Reserve habe, und auch die Schaltung und Bremsen funktionieren sehr gut. Auf der Rückreise, also hinter Zittau wurden die Bremsen auch wesentlich weniger gefordert als auf dem D4. Und schon recht bald sollte es ohnehin deutlich flacher werden; spätestens, wenn ich den Niederrhein erreicht habe. Einerseits freue ich mich auf meine Familie und möchte schnellstmöglich nach Hause, auf der anderen Seite werde ich das Tourleben schon vermissen, denn nie habe ich den Kopf so frei wie auf langer Radreise. Das Internet am Handy ist tagsüber immer aus, wenn ich nicht gerade was online checken muss, und es zählt nur „wo muss ich lang“, „wo gibt’s Essen und Trinken“, „wie wird das Wetter“ und „wo übernachte ich heute“? (Naja, und notfalls auch mal „wer repariert mir mein Rad“?) Sonst gibt es fast nichts, um das man sich kümmern müsste. Das Leben auf Tour ist eigentlich sehr einfach. Man muss nur auf sich selbst hören und sich nur um sich selbst kümmern. Das ist ein unglaublicher Luxus, weil man sich im Alltag (sowohl in der Firma als auch im Privaten) ja doch immer auch sehr stark um die Probleme anderer kümmern muss. Nicht falsch verstehen! Das kann auch sehr erfüllend sein und sogar Spaß machen…. aber natürlich kann das auch ganz schön stressen. Alleine auf Tour bin ich nur mir selbst Rechenschaft schuldig… und mit mir selbst komme ich ganz gut klar. 😉

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Bericht – Mi, 08.06.2022

Das Interessante an einer solchen Tour durchs ganze Land ist, wie unterschiedlich die Natur jeden Tag und auf jedem Campingplatz ist. Mal ist der Boden schön weich und erdig, so dass sich die Heringe mit der Hand reindrücken lassen, mal ist der Untergrund sandig, mal steinhart, so wie auf diesem Campingplatz. Wenn ich meinen kleinen Campinghammer nicht dabei gehabt hätte, wäre es nicht möglich gewesen, die Heringe zu versenken. Die beiden jungen Männer vom Niederrhein sind auch vom Boden verzweifelt und waren froh, sich meinen Hammer ausleihen zu können. Zurück zu den Unterschieden. Mal ist die Luft morgens trocken, so dass man auch das Zelt komplett trocken einpacken kann, mal ist das Zelt total nass vom Morgentau (ohne, dass es geregnet hat). Mal gibt es jede Menge Insekten (krabbelnde, kriechende und/oder fliegende), mal fast keine. Jeden Abend und jeden Morgen ein kleine Überraschung, auf die man sich einstellen muss.

Ich habe zwar nicht super geschlafen, aber zumindest schon mal besser als letzte Nacht.

Am Morgen gab es beim Packen noch zwei nette Begegnungen. Zuerst fragte das Pärchen mit dem Wohnmobil direkte neben mir, mit denen ich mich gestern schon über meine Tour und deren Pläne unterhalten habe, einen Kaffee angeboten. Sie hätten noch eine Tasse übrig. Fand ich supernett, habe aber freudlich abgelehnt, da ich ja keinen Kaffee trinke/mag. – Als ich auch fast bereit zum Aufbruch war, kam ein Radfahrer auf einer Art Rennrad vorbei, der sein komplettes Equipment in ganz wenigen Taschen am Rahmen und Lenker hatte. Absoluter Minimalismus! Er kam aus München und dies ist erst sein 4. Tourtag. Er fährt täglich so 150-200 km. Sein Ziel ist das Nordkap (ganz oben in Norwegen; nördlich des Polarkreises). Puh, er hat zwar auch ein paar Klamotten dabei, die er im Zwiebelprinzip anziehen kann, aber ich hoffe, dass es da oben nicht doch zu kalt für ihn wird. Das Wetter am Nordkap (und schon davor) hält so manche Überraschung parat. Na, ich drücke die Daumen, dass er es schafft. Wäre echt krass. [Anm. Tina: Interessant, dass sich noch jemand außer Dir ein extremes Ziel gesetzt hat (West-Ost, Nordkap von München aus, wow.]

Heute morgen habe ich die Speichen sogar noch vor der Abfahrt auf dem Campingplatz gecheckt und zu meiner Überraschung eine gebrochene Speiche gefunden. Gesehen hatte ich die zuerst nicht, weil die zwar gebrochen, aber noch irgendwie festgeklemmt war, aber als ich sie berührte, merkte ich, dass sie ganz lose war. Da ich nicht davon ausgehe, dass die Speiche über Nacht von alleine gebrochen ist, wäre diese Speiche wohl eigentlich noch dem gestrigen Tag zuzuordnen, obwohl ich gestern kein klack-klack gehört habe. Dabei hatte ich mich schon so gefreut, dass es mal ein Tag ohne Speichenbruch gibt. Ist aber auch egal, denn heute war diese Speiche die einzige, die ich austauschen musste. Also ist der Trend tatsächlich positiv. Vielleicht, weil mittlerweile einige Speichen neu sind und mehr Stabilität geben als die alten… oder weil ich öfter prophylaktisch die Speichenspannung prüfe und notfalls korrigiere.

Losgefahren bin ich dann um ziemlich genau 10 Uhr.

Da meine Ersatzspeichen so langsam zur Neige gehen, befürchte ich, dass die nicht ganz bis nach Hause reichen… zumindest, wenn vielleicht doch öfter mal wieder 2 Speichen pro Tag getauscht werden müssen. Daher wollte ich in einer der nächsten größeren Städte mal nach einem Fahrradladen recherchieren; spätestens in der Fahrradstadt Münster. Aber um 11:15 Uhr fuhr ich gerade durch Goslar und sah zufällig einen großen Fahrradladen für E-Bikes. Aus einer Intuition heraus bin ich sofort zu dem Laden abgebogen, bin rein und habe gefragt, ob sie Speichen beliebiger Länge anfertigen können, was zu meiner großen Freude bejaht wurde. Also habe ich schnell eine Referenzspeiche aus meinem Fundus geholt und den Mechaniker gebeten, 20 Ersatzspeichen zu machen. Er war seeehr überrascht, dass ich so viele haben möchte, machte sich dann aber sofort an die Arbeit. Ich habe so lange draußen gewartet und die Zeit für meine Frühstückspause genutzt. War eh gerade Zeit dafür. Also perfektes Timing. Gerade 35 Minuten später rollte ich mit 19 weiteren Ersatzspeichen wieder vom Hof. Die 20. hat die Maschine gefressen. 😉 Der Mechaniker ist dann noch mit nach draußen gekommen und hat mein Rad interessiert begutachtet. Er war übrigens gar nicht happy, dass sein Chef bei der Anschaffung der neuen Firmen-Poloshirts mit Logo für die Mitarbeiter gespart und die billigen Polyester-Shirts genommen habe. Da er gerade nicht so gut auf seinen Chef zu sprechen ist, war wohl auch ein bisschen mein Glück. Denn für die Speichen wollte er nur 10,- € für die Kaffeekasse haben. Er erzählte auch noch, dass heutzutage wohl fast gar nicht mehr selbst eingespeicht wird, sondern fast immer bereits eingespeichte Kompletträder bestellt werden. Da sich der Chef wohl auch keine Speichen verschiedener Längen aufs Lager legen wollte, konnte der Mechaniker wohl immerhin durchsetzen, dass Speichen einer Länge angeschafft werden, die dann auf die benötigte Länge gekürzt werden können. Gut für mich! – Ich hatte irgendwie den Eindruck, dass der Mechaniker sehr zufrieden war, dass er mir mit dem Anfertigen von Speichen in Sonderlänge weiterhelfen konnte. Ich habe ihm – wie zuvor auch schon allen anderen tollen Fahrradmechanikern, mit denen ich zu tun hatte und die alle kompetent und schnell geholfen haben – sehr gedankt, weil er mir jetzt vermutlich die erfolgreiche Beendigung der Tour gerettet hat. 🙂

Erst wollte ich Euch hier den Fahrradladen empfehlen, aber um zu vermeiden, dass der Mitarbeiter Ärger bekommt, mache ich das jetzt mal nicht. Statt dessen zeige ich Euch den Rieslingturm aus Goslar.

In Seesen habe ich dieses „leicht“ zerknautschte Auto am Straßemrand geparkt gesehen. Uih, was ist dem denn passiert? :-O

Es gibt immer mal wieder ein paar Höhenmeter zu bewältigen, aber jetzt meist auf gutem Untergrund (schön geteert). Der Nachteil: Rauffahren ist anstregend. Der Vorteil: Gute Aussicht übers Land.

Wenn es dann anschließend eine so schön gerade Abfahrt ohne Verkehr auf glattem Teer gibt, entschädigt das auch ein bisschen für die Mühen des Aufstiegs. Auf dem D4 und insbesondere auch in den ostdeutschen Bundesländern war das ja leider nicht immer der Fall.

Dies hier ist ein Blick auf die Leine. Das Merkwürdige ist aber, dass ich am Fluss keinen einzigen Hund gesehen habe… obwohl es doch immer heißt „Hunde an die Leine“. – Jaaaa, wie schon mal erwähnt, hat man viiiieeeeel Zeit, um sich Blödsinn auszudenken, wenn man den ganzen Tag auf dem Rad sitzt. 😉

Im Wetterbericht und Regenradar hatte ich schon gesehen, dass es heute früher oder später nass werden würde. Ich fuhr ja quasi auch aufs Regenband zu. Ich hatte lange Zeit die Hoffnung, dass ich es vielleicht noch bis zum Campingplatz schaffen würde, bevor der Regen mich erwischt. Das hat leider nicht ganz funktioniert. Ungefähr 5 km vor dem heutigen Ziel fielen dann doch Tropfen und es wurde recht dunkel, so dass ich die Regenjacke angezogen habe. Die Regenhose habe ich mal weggelassen, weil ich gehofft hatte, dass es nicht allzu schlimm wird. Meine Schöffel-Treckinghose war dann aber doch recht nass… ist aber später am Körper wieder sehr schnell getrocknet. Echt super, diese Hose!

Nach dem Regen gab’s dann noch eine schöne Abfahrt Richtung Stadtoldendorf (rechts hinten), wo ich zum Campingplatz bereits vorher rechts rein musste.

Als ich auf dem Campingplatz ankam, regnete es zwar nicht mehr, aber ich hatte schon gesehen, dass es heute Abend und – schlimmer noch – vermutlich auch morgen früh wieder regnen würde. Daher habe ich gefragt, ob irgendwo die Möglichkeit besteht, mein Zelt unter einem Dach aufzustellen. Die nette Dame an der Rezeption meinte dann, dass ich mich ins Festzelt auf der Wiese stellen könne. Das wäre erst am Wochenende wieder gebucht. Jau, super. Das sieht dann jetzt so aus. Das Festzelt ist übrigens dreimal so lang, wie das, was man hier sieht. Alles komplett leer und nach außen komplett geschlossen. – Heute war ich übrigens zum zweiten Mal froh, dass ich das lange, schwere 25 m Stromkabel dabeihabe, denn diese Länge brauchte ich vom Stromkasten zum Festzelt. Auf dem Campingplatz in Berlin hatte ich ja auch schon mal die volle Kabellänge benötigt.

Und zum Schluss mal ein Symbolbild, denn auch heute gab es natürlich mal wieder plötzlich endende Fahrradwege, die einen dann wieder auf die Straße zwingen. Manchmal sogar an unmöglicher Stelle, nämlich in einer Kurve hinter einer Kuppe. Da ich da nicht sicher rübergekommen wäre, bin ich vorsichtig noch etwas weiter auf dem (dann nur noch) Bürgersteig weitergefahren, bis ich sicher auf die Straße konnte. Insgesamt muss ich aber schon sagen, dass hier in Niedersachen die Qualität der Radwege insgesamt wesentlich höher ist als in den östlichen Bundesländern. Hier sind fast alle Wege gut geteert. In den östlichen Bundesländern sind Kopfsteinplaster und Wege aus Betonplatten mit Löchern leider immer noch sehr beliebt. Auch gibt es hier in Niedersachsen viel öfter begleitende Fahrradwege entlang von Land- und Bundesstraßen. Ich glaube, wir brauchen den Solidaritätszuschlag weiterhin. Es ist schon sehr viel erreicht im Osten, aber es bleibt auch immer noch was zu tun. Immerhin habe ich im Osten auch Baustellen gesehen, wo Kopfsteinpflaster in Teerstraßen verbessert werden.

Es ist übrigens total schlimm! Ich habe seit Tagen drei Ohrwürmer im Kopf. Immer, wenn ich mal wieder ein „Radweg Ende“-Schild sehe, ist es Jan Böhmermann mit seinem „Warum hört der Fahrradweg hier einfach auf?“. Oft braucht es aber auch gar kein Schild und das Lied ist trotzdem da. Noch viel schlimm-schönere Ohrwürmer sind aber „Thüringen“ und „Brandenburg“ von Rainald Grebe, die ich ja auch neulich schon verlinkt hatte. Tja, und da ich jetzt in Niedersachsen unterwegs bin, kommt noch die Niedersachen-Hymne hinzu. „Wir sind die Niedersachsen, sturmfest und erdverwachsen…“ – Hiiiilfe.

Ach, ist es eigentlich normal, dat ick innerhalb der Berliner Stadtgrenze, aber manchmal auch noch danach, bei Selbstgesprächen in meinem Kopf im Berliner Dialekt rede? Ich mag die Berliner Schnauze.

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Bericht – Di, 07.06.2022

Leider diesmal nicht ganz so gut geschlafen. In letzter Zeit bin ich meist wenige Minuten nach dem Hinlegen schon eingeschlafen. Das war heute mal nicht der Fall… und ich bin auch öfter aufgewacht, habe mich umgedreht und weitergeschlafen. Daher morgens ein bisschen schwer aus dem „Bett“ gekommen, aber immerhin noch kurz vor 10 Uhr losgekommen; d.h. über eine Stunde früher als gestern. Insofern alles gut.

Zunächst musste ich ein paar hundert Meter in Bernburg zurückfahren, so dass ich heute morgen dann auch endlich die Bernburg gesehen habe. Die hatte ich gestern gar nicht bemerkt, weil ich unten zu nah dran vorbeigefahren war und sie dann in meinem Rücken lag. Ist schon ein tolles Panorama, oder?

Bald ging es mal wieder durch einen Ort mit merkwürdigem Namen. Ich interpretiere den mal in meinem Sinne, um zu erklären, warum ich diese Tour überhaupt mache. Ich möchte später nämlich nicht sagen müssen „Schade, Leben nicht gelebt.“; kurz „Schadeleben (verhindern)“. 😉

Wie auf dem Schild zu lesen, befinde ich mich noch im Salzlandkreis (SLK). Und das hier scheint ein Förderturm o.ä. für den Salzbergbau zu sein.

Gestern habe ich noch darüber geschimpft, dass ich auf der Tour kaum Photovoltaik- und Windparks gesehen habe. Wie um mich Lügen zu strafen, sehe ich dann heute Vormittag direkt eine größere PV-Anlage und einen Windpark… aber könnte/sollte trotzdem mehr sein.

Ich fahre ja jetzt bevorzugt auf oder – wenn ausnahmsweise ein guter Radweg vorhanden ist – neben Land- oder Bundesstraßen, weil die besseren Untergrund (meist schön glatt geteert) und direktere/kürzere Verbindungen zwischen und in den Ortschaften bieten als die offiziellen Radwege, welche hier sehr oft über wesentlich schlechtere Wege führen und/oder zusätzliche Schlenker fahren. So fuhr ich eine Weile auf einer guten Landstraße neben der Autobahn und sollte diese dann aber verlassen, um in die richtige Richtung abzubiegen. Dazu musste ich die Autobahn über die Brücke im Hintergrund überqueren und sah zu meinem Schrecken schon von oben, dass es sich bei dem neuen Weg um zwei Fahrspuren mit Grünstreifen in der Mitte ist. Normalerweise gaaaanz schlecht für mein Liegedreirad, aber zu meiner Freude war eine Fahrspur ein paar Zentimeter breiter als die Spurbreite meines Rades, wie das Bild zeigt. Sowas habe ich noch nie gehabt. Ich musste mich zwar etwas konzentrieren, um das Rad genau mittig auf der Spur zu halten, aber das ging ganz gut. Auch bestanden die Fahrspuren zwar aus einzelnen Platten, was normalerweise sehr holprig ist, aber diese hier waren perfekt aneinandergelegt, dass man so ruhig fuhr wie auf Teer. Wow, das hätte ich nicht erwartet. Geht also!

Und mal wieder ein schönes Bild mit grün und weiß-blauem Himmel. Dieses erinnert mich ein bisschen an ein älteres Standard-Windows-Hintergrundbild.

Und bald darauf hatte ich einen guten Blick auf den Höhenzug des Harzes und insbesondere auch den Brocken, den höchsten Berg im Harz.

Hier sieht man gelegentlich größere Klatschmohn-Felder. Sehr schön.

In Halberstadt gibt es einen schönen alten Wasserturm, der früher vermutlich zum Betanken der Dampflokomotiven mit Wasser gedient hat.

Und hier die Ruine einer französichen Kirche (wie das Schild verriet):

Ich komme dem Brocken immer näher, so dass man jetzt schon die Silhouetten der Bauwerke auf dem Gipfel sieht (spätestens, wenn man etwas ranzoomt).

Bei der Einfahrt nach Wernigerode war linker Hand diese schöne Burg zu sehen.

Bis Wernigerode wollte ich heute mindestens kommen, bin dann aber noch bis Bad Harzburg weitergefahren, weil dort der Campingplatz besser sein soll. Kurz nach der Ankunft und beim Zeltaufbau gab es ein paar wenige Tropfen Regen (gar nicht schlimm), aber später dann sogar einen schönen Sonnenuntergang, wie hier zu sehen (genau hinter/über meinem Zelt).

Nach dem Zeltaufbau habe ich mir erst mal was gekocht und gegessen. Anschließend dann duschen und bloggen.

Hier auf dem Platz ist übrigens der halbe linke Niederrhein anwesend. – Gegenüber haben zwei junge Männer ihr Zelt aufgeschlagen, die wohl aus Wachtendonk kommen, wo mein Vater geboren und aufgewachsen ist. Die Beiden haben sich übrigens spontan das 9-Euro-Ticket und ein Zelt gekauft und fahren jetzt per Zug durch Deutschland. Ihr Ziel ist, bis Ende der Woche zum Bodensee zu kommen. – Dann kam noch eine Frau vorbei, die aus der Gegend von Geldern kommt. Ja, und ich bin ja gebürtig aus Mönchengladbach. Da komme ich auf einen Campingplatz irgendwo im Harz und mehrere Leute aus meiner Heimatregion sind schon da. Sachen gibt’s.

Übrigens, kurz vor dem Ziel habe ich Sachsen-Anhalt verlassen und bin nun in Niedersachsen, dem 9. Bundesland meiner Tour.

Ach ja, und noch eine gute Nachricht: Ich habe heute morgen – noch in Bernburg – alle Speichen kontrolliert und musste keine Nachziehen. Auf den heutigen 106 km musste ich dann nur genau null Speichen austauschen! – Also, gestern ist nur eine Speiche gebrochen und heute keine einzige! Das ist ein sehr guter Trend. Hoffentlich bleibt das so!

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Bericht – Mo, 06.06.2022

Puh, gestern Abend war ich mit allem (Zelt, Duschen, Essen, Bloggen etc.) endlich mal früher fertig und habe ausnahmsweise mal vor Mitternacht geschlafen. Sonst dauert’s meist länger, bis der Bericht fertig ist. Dann habe ich fast 7 Stunden durchgeschlafen, was zum einen zeigt, dass ich mich gut ans Schlafen im Schlafsack auf Isomatte im Zelt gewöhnt habe (anfangs war ich noch alle 1-2 Stunden kurz wach) und auch, dass ich es wohl dringend nötig hatte. 😉

Gestern Abend bemerkte ich, dass mal wieder alle meine Langarm-Fahrradshirts und halblangen Sportunterhosen verschwitzt waren. Zum Glück gab es auf dem Campingplatz auch eine Waschmaschine. Da kam dann auch gleich noch die Treckinghose mit rein, die ich immer beim Radfahren anziehe, wenn es nicht zu kalt ist. Eigentlich wollte ich die Sachen draußen auf die vorhandenen Wäscheleinen hängen, aber da für die Nacht Regen angekündigt war, habe ich die Klamotten abends erst mal im Zelt aufgehängt. Natürlich waren die dann morgens noch nicht ganz trocken, so dass ich sie morgens dann noch für eine Weile in die Sonne auf die Wäscheleinen gehängt habe, um sie ganz durchzutrocknen, bevor ich die wieder einpacke bzw. zum Teil auch direkt wieder anziehe.

Durch die Wäsche wurde es heute Morgen also eh schon etwas später. Als ich dann alles gepackt hatte und nur noch die Fahrrad-Sandalen für die Klickpedale anziehen musste, bin ich noch mit einem netten, jungen Pärchen aus Berlin ins Gespräch gekommen, die gerade gestern erst ihre erste Fahrradreise begonnen haben und auf dem gleichen Campingplatz übernachtet haben. Sie haben 4 Monate für die Reise reserviert, aber noch gar keine konkreten Pläne, wo sie eigentlich hinwollen. Vielleicht nach Frankreich und dann vielleicht nach Italien oder so. Zwar haben sie sich natürlich schon ein bisschen auf Fahrradreisen vorbereitet, aber bisher wohl wenig auf konkrete Streckenplanung und das Finden von Campingplätzen. Da dies hier ja auch erst meine zweite große, mehrwöchige Tour ist, bin ich vermutlich auch noch nicht der Super-Experte, habe aber schon einige positive (und ein paar negative) Erfahrungen gemacht, so dass ich den Beiden zumindest ein paar Tipps mit auf den Weg geben konnte, die vielleicht auch für andere Radreiseanfänger hilfreich sein könnten.

Ein wesentlicher Tipp für einfach zu fahrende Strecken: Meist sind Radwege an Flüssen – selbst flussaufwärts – ganz gut zu fahren, weil Flüsse ein recht konstantes leichtes Gefälle bzw. flussaufwärts leichte Steigung haben. Wenn der Radweg meist nah am Fluss bleibt, gilt das dann auch für den Radweg. Manchmal – insbesondere in engen Tälern, wie ich ja z. B. an der Rur und Sieg leider feststellen musste – wird man auf den Radwegen aber auch die Hänge hoch- und runtergeschickt, was dann weniger schön ist. Sehr schön/leicht zu fahren war z. B. der Weserradweg, aber es gibt sicher noch viele andere schöne Flussradwege. Ebenfalls empfehlenswert sind i.d.R. Bahnradwege, d.h. Radwege auf ehemaligen Bahntrassen, da diese eine maximale Steigung von 3% haben. Mehr schafft so ein Zug nämlich normalerweise nicht. Grundsätzlich kann man sich auch an den D-Routen (externer Link: Liste & Karte) ganz gut orientieren, wobei das nicht immer heißt, dass die leicht zu fahren sind. Den D3 (West-Ost) würde ich Anfängern NICHT empfehlen, der D9 (Nord-Süd) war dagegen sehr schön. Ich bin den halben D12 (Oder-Neiße-Radweg) gefahren, welcher auch recht einfach war. Das kleine Stück D6 (Donauradweg) zwischen Donauwörth und Ulm (ca. 100 km) war zwar nicht besonders schön (selten an der Donau), aber meist schon recht angenehm zu fahren. Wenig Höhenmeter.

Zum Thema Unterkünfte: Ich habe mir von ArchiesCampings die Liste der Campingplätze (Europa Landesspezifische POIs) als GPX-Datei heruntergeladen und kann mir die dann in meiner bevorzugten Karten-/Navi-App (Locus Maps auf Android; mit Premium-Abo für Offline-Karten und Offline-Routing) bei Bedarf einblenden. Die Liste ist – glaube ich – ganz gut gepflegt, aber es schadet nichts, wenn man sich einen Campingplatz rausgepickt hat, mal in Google Maps danach zu suchen. Manchmal habe ich dann schon gesehen, dass der Campingplatz mittlerweile geschlossen ist. In der GPX-Datei stehen auch direkt die Telefonnummern, um persönlich beim Campingplatz nachzufragen. Meist stimmen die Nummern, machmal waren sie aber auch falsch/veraltet und ich habe auf der Webseite des Campingplatzes die aktelle Nummer oder eine Handy- statt Festnetznummer gefunden. Eine GPX-Datei mit den Standorten aller deutschen Jugendherbergen gibt es hier: externer Download. Grundsätzlich sehr gute Erfahrungen habe ich übrigens mit dem Zelten bei Kanu- oder sonstigen Wassersport-Vereinen gemacht. Die erlauben neben Wassersportlern eigentlich immer auch Radfahrern mit Zelt zu übernachten. Ich habe schon mehrfach auf solchen Plätzen übernachtet und wurde bisher immer sehr herzlich empfangen. Der Umgangston ist meist familiär, die Plätze meist angenehm klein und die Übernachtung i.d.R. sogar etwas günstiger als auf einem „normalen“ Campingplatz. Ich fühle mich da immer sehr gut aufgehoben. Wenn ich die Wahl zwischen zwei Campingplätzen habe, gewinnt bei mir immer der Kanu-/Wassersport-Verein.

Ach ja, gaaaaanz liebe Grüße an das besagte Pärchen. Wir haben uns leider nicht mal namentlich vorgestellt, aber ihr wisst, dass Ihr gemeint seid, wenn ihr das hier lest. Ich wünsche Euch alles Gute auf Eurer 4-monatigen Fahrt. Würde mich freuen, wenn Ihr einen Kommentar schreibt oder eine private Email schickt, wenn ihr eines Eurer Ziele erreicht oder am Ende wieder zurück in Berlin seid. 🙂

So ging es dann heute also erst um 11 Uhr los. Wie gestern schon erwähnt, ging es bereits kurz nach dem Start nach Sachsen-Anhalt, d.h. das 8. Bundesland meiner bisherigen Reise. Wie schon Rainald Grebe in seinem Lied „Brandenburg“ singt, gibt es hier tatsächlich viele Alleen. Manche sind schon sehr alt, manche noch jung, wie diese hier.

Heute war irgendwas anders als sonst. Irgendwas, dass ich auf der ganzen bisherigen Tour noch nicht hatte… ach ja, jetzt weiß ich’s: Gegenwind! Die vorherschende Windrichtung war auf der ganzen bisherigen Tour aus Süd-West, d.h. ich wurde sowohl auf der West-Ost-Etappe (D4) als auch auf der Süd-Nord-Etappe (D12) quasi immer geschoben (Rückenwind), wenn denn überhaupt Wind war. Meist war das Wetter ja tagsüber recht gut.

Apropos Wind; Hier mal einer der relativ seltenen Windparks, die ich auf der Reise gesehen habe. Ich bin sehr überrascht, oder sollte ich eher schockiert sagen, dass es – zumindest entlang meiner gefahrenen Route – bisher relativ wenig Windräder und auch nicht allzu viel Photovoltaik zu sehen gab, obwohl ich ja auch an vielen Bergen vorbei- (oder zum Teil auch drüber-) gefahren bin, wo es oben bestimmt oft ergiebige Winde gibt. Auch auf private, geschäftliche und behördliche Dächer muss viel mehr PV! Vereinzelt sieht man Solarthermie oder eben auch PV-Module, aber insgesamt viel zu wenig. So wird das mit der Energiewende in Deutschland nix! Da muss massiv ausgebaut werden!

Auf dem Hinweg bin ich noch von Dresden aus ein Stückchen an der Elbe entlanggefahren, auf dem Rückweg überquere ich sie jetzt nur kurz bei (Dessau-)Roßlau.

Und direkt danach überquert man die Mulde, die nur wenige Meter später in die Elbe mündet.

In einem Park in Dessau:

Ebenfalls in Dessau: Eine alte Fabrik, die eher wie eine Burg aussieht. Da war noch richtig Kunst am Bau. Kann (oder will) sich heute wohl keiner mehr leisten. Heute müssen Fabriken schnell und günstig hochgezogen werden und funktional sein.

In Dessau – nach gut 50 km Fahrt – habe ich mich übrigens erstmals verpflegen können, da vorher absolut nichts an der Strecke lag, das am Feiertag (Pfingstmontag) offen hat. In den ganzen kleinen Dörfern gibt es sowieso keine Geschäfte. Und selbst in Dessau musste ich extra von der Route abweichen, um zu einer Tankstelle zu gelangen. Die Aral hatte dann aber wirklich alles. Belegte Brötchen, Teilchen, gekühlte Getränke (sogar Radler in Dosen; sonst oft nur in Glasflaschen) und sogar einen REWE-to-go, so dass ich mir theoretisch auch Zutaten für ein Abendessen hätte kaufen können, aber ich war noch versorgt.

An vielen Kirchen in den ostdeutschen Bundesländern standen Schilder „Offene Kirche“. So auch an dieser Kirche in Elsnigk.

Aber im Gegensatz zu den anderen Kirchen war dieses Schild hier besonders schön und einladend. [Anm. Tina: Danke an Martin Luther für diese nette Einladung!]

Apropos Schilder bzw. nochmal Ortsnamen. Da waren auch heute wieder interessante dabei.

Zum Glück wird’s nicht mit „ss“ geschrieben, aber beim Lesen hört man den kleinen, feinen Unterschied nicht. Der Ort sah aber ganz normal aus und es gab auch keine besonderen Gerüche. Alles gut.

Mich würde ja echt mal interessieren, wie es dazu gekommen ist, dass ein Ort „Hundeluft“ genannt wurde. Mir fällt da auf Anhieb keine gute Erklärung ein.

Nächstes Schild: Hier habe ich mich gefragt, ob mein schwerbepacktes Liegedreirad-Anhänger-Gespann eigentlich schon als LKW zählt. 😉

Kurz vor Bernburg zeichnete sich dann dieses Ungetüm am Horizont ab. Eine Fabrik – wie ich später gesehen habe, wohl zur Zement-Herstellung – mit unglaublichen Ausmaßen. Sehr lang gestreckt…

… und auch sehr hoch! Man vergleiche die Höhe des Gebäudes mit dem Hochspannungsmast davor. Ok, das war ein relativ kleiner Hochspannungsmast, aber der steht ja sogar noch davor also etwas näher an der Kamera und erscheint daher etwas größer, bleibt im Vergleich aber trotzdem winzig.

Vielleicht nicht ganz so beeindruckend, aber dafür wesentlich schöner anzuschauen, ist die Saale-Schleuse mitten in Bernburg.

Und nur wenige hundert Meter später ist auch schon mein heutiger Campingplatz erreicht: direkt an der Saale auf dem Gelände des örtlichen Wassersportvereins. Wie oben schon erwähnt, mag ich solche netten, kleinen Plätze sehr. Links die Saale mit den Bootsanlegern und rechts mein grünes Zelt. Unter der Trauerweide ist der Stromkasten, und überdachte Sitzgelegenheiten gibt es sogar auch. Top!

Blick aus meinem Zelt. Könnte kaum besser sein.

Der Platz ist zum Teil auch sehr schön dekoriert:

Übernachtung kostet mich nur 10,50 € zzgl. 50 Cent fürs Duschen. – Teurer war dagegen das Essen im italienischen Restaurant. Ich saß sehr schön draußen direkt neben der Saale. Und lecker war es auch. – Übrigens hatte ich am Anfang der Tour fast nur Campingplätze, wo ich mich selbst verpflegen musste, in letzter Zeit hatte ich aber meist die Möglichkeit, direkt vor Ort was zu essen und zu trinken zu bekommen, was ich aufgrund von besonderen Anlässen (Hochzeitstag, Geburtstag) oder einfach, um mir was für das bisher Erreichte was zu gönnen (und auch etwas aus Bequemlichkeit), meist in Anspruch genommen habe.

Anderes Thema: Ich muss schon sagen, dass ich bisher ziemlich viel Glück mit dem Wetter gehabt habe (klopf-auf-Holz, toi, toi, toi). Auch gestern Abend und heute morgen war es zum Zeltauf-/abbau usw. trocken. Über Nacht muss aber wohl ein Regenband über uns hinweg gezogen sein, denn abends hatte ich es auf dem Regenrader von Westen ankommen sehen und morgens war es dann schon östlich von mir… und das Zelt war auch etwas nass von außen. Und das Beste: Da ich diesmal scheinbar so gut geschlafen habe, habe ich nicht mal gemerkt, dass es nachts geregnet hat.

Ich hatte ja schon erzählt, dass ich heute erstmalig Gegenwind hatte. Der frischte vor allem am Nachmittag auf, als mir ein weiteres Regenband aus Süd-Westen entgegenkam Oh, oh… es sah recht dunkel aus und man konnte z. T. schon sehen, dass in einiger Entfernung Regen aus den Wolken fiel. Ich war mir schon sicher, dass ich heute überraschend doch noch die Regenklamotten anziehen muss, wollte aber noch warten, bis es wirklich nötig wird, weil man in den warmen Regenklamotten ja doch immer noch etwas mehr schwitzt als ohnehin schon. Aber nach einiger Zeit sah es eher rechts und links vor mir dunkel aus… und in der Mitte war ein etwas hellerer Korridor, so dass die Hoffnung aufkeimte, dass ich das Regenband genau in einer kleinen Lücke unterqueren könnte. Das hat auch ziemlich gut geklappt. Zwar habe ich später doch noch ein paar Tropfen abbekommen, aber so wenig, dass ich mir gar nicht erst die Mühe mit den Regenklamotten gemacht habe. Lohnte sich einfach nicht, weil es kurz dahinter schon wieder so hell war, dass der Regen bald wieder ganz aufhören musste… und so war es dann auch. In Bernburg bin ich dann sogar schon wieder in strahlendem Sonnenschein eingefahren.

Hey, ihr glaubt es kaum, aber heute musste ich nur eine(!) Speiche ersetzen. Morgens hatte ich vor der Abfahrt noch alle kontrolliert und einige wenige Speichen ein bisschen nachgezogen, aber nach 45 von 98 km heute musste eine alte, schwarze Speiche ersetzt werden. Jetzt habe ich noch 9 Ersatzspeichen; evtl. plus eine, aber die ist vermutlich etwas zu kurz (das war eine Fehlproduktion und kostenlose Zugabe der Werkstatt). Mittlerweile bereue ich es ein bisschen, dass ich „nur“ 20 Ersatzspeichen habe anfertigen lassen, aber mir kamen 20 schon viel vor. Hatte zuerst an 10 gedacht und habe erst im letzten Moment auf 20 erhöht. Besser wär’s wohl gewesen, mindestens so viele Ersatzspeichen zu haben, wie Speichen am Rad sind. 😐 Vielleicht sollte ich mir in der nächsten größeren Stadt nochmal einen Fahrradladen suchen, die auch Speichen in Speziallängen anfertigen können.

Habe eben mal grob überschlagen, dass ich noch ca. 800 km vor mir habe; wobei da die geplanten Abkürzungen (Vermeidung von „unnötigen“ Schlenkern im Radweg D3/R1, wovon es einige gibt) noch nicht eingerechnet sind, d.h. könnte sogar noch etwas weniger werden. Ich habe noch 10 volle Tage (notfalls plus den Großteil eines weiteren Tages) bis zur abendlichen Abschlussfeier meiner Großen. Da sollte ich wohl da sein, um mir keinen Ärger mit meiner Tochter einzuhandeln. 😉

800 km / 10 Tage = 80 km/Tag. Im Durchschnitt würden also 80 km pro Tag (oder wegen Abkürzungen sogar etwas weniger) reichen, um pünktlich nach Hause zu kommen. Klingt machbar, wenn keine weiteren, unvorhersehbaren, größeren Verzögerungen mehr kommen. In den nächsten Tagen werden ein paar mehr Höhenmeter kommen. Weiß noch nicht, ob da wieder um die 100 km möglich sind, aber müsste ja nach der obigen Rechnung auch nicht unbedingt. Aber jeder Kilometer mehr ist ein Kilometer mehr Puffer für Unvorhergesehenes… und es gibt bei Bedarf ja sogar noch weiteres Abkürzungspotential. Ich will ja nur nach Hause und muss den D3 nicht unbedingt in voller Länge ausfahren. Mal sehen, wie’s sich entwickelt…

Ach ja, und meine Motivation war heute auch wieder besser, obwohl ich erst so spät losgekommen bin und mich erst sehr spät um eine Übernachtungsmöglichkeit gekümmert habe. Vielleicht, weil ich ganz gut geschlafen habe, vielleicht wegen des netten Gesprächs heute Morgen, vielleicht, weil die Fortschrittskarte jetzt doch schon „ganz gut“ zeigt, weil ich der Heimat langsam aber sicher näherkomme… oder wahrscheinlich ein bisschen von allem.

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Bericht – So, 05.06.2022

Nachtrag zu gestern: Mit Berlin habe ich das 7. Bundesland erreicht.

Gestern Abend wurde es wieder recht spät, da ich lange gefahren bin und es sehr viel zu bloggen gab. Eigentlich wollte ich etwas länger schlafen, aber die direkten Nachbarn auf dem Campingplatz haben kleine Kinder, welche eher früh wach (und laut) sind. Also recht wenig geschlafen… und außerdem fühle ich mich ohnehin etwas ausgepowert und leer. Zum einen habe ich die letzten drei Tage jeweils mit über 110 km schon ordentlich Kilometer geschrubbt und zum anderen habe ich mit der absolvierten West-Ost-Durchquerung und dem Erreichen von Berlin jetzt meine wesentlichen, persönlichen Highlights abgehakt. Aktuell fühlt sich die Fahrt nach Hause noch nicht so ganz motivierend an, vermutlich, weil es schon noch recht weit ist. Des Weiteren sieht es mit Campinplätzen in guter Reichweite möglichst nah an der Strecke wieder etwas mau aus, so dass ich noch kein richtiges Tagesziel habe, sondern erst mal losfahren und später schauen werden, wo ich unterkomme. Als ob das nicht reicht, meldete sich bereits 400 Meter nach dem Start die erste Speiche. (Immerhin blieb es heute auf den weiteren 78 km dabei. Also heute tatsächlich nur eine Ersatzspeiche benötigt.) – Egal warum, jedesfalls hat meine Motivation heute eine kleine Delle, so dass ich etwas gebraucht habe, in die heutige Etappe reinzukommen. Richtig los ging es nach dem Speichenwechsel gegen 10:30 Uhr.

Schon nach kurzer Fahrzeit komme ich von Berlin nach Potsdam und damit schon in die vierte Landeshauptstadt (nach Erfurt, Dresden und Berlin). In Babelsberg – nein, nicht in den Film-Studios, sondern in dem Potsdamer Stadtteil – finde ich trotz des heutigen Sonntags eine offene Bäckerei mit vollständigem Sortiment, so dass ich mich – wie üblich – mit zwei belegten Brötchen (die hier aber Schrippen heißen), einem Teilchen und etwas Cola eindecke. Es wird heute ein heißer Tag werden, wie auch das folgende Bild der Potsdamer Havel mit quasi wolkenfreiem blauen Himmel zeigt.

Dann geht’s weiter Richtung Zentrum von Potsdam, wo die Dichte an imposanten Bauwerken merklich zunimmt.

Und bald schon komme ich zu einem Eingang nach Schloss Sanssouci, wo ein Obelisk mit ägyptischen Hieroglyphen steht.

Der Zugang ist für Radfahrer eigentlich nicht erlaubt, aber da ich mein schweres und niedriges Rad kaum schieben kann, bin ich einfach ganz langsam im Schritttempo und noch rücksichtsvoller als ohnehin schon gefahren. Das ging dann ganz gut und mich hat zum Glück auch kein Wärter oder so aufgehalten.

Der sog. „Holländische Garten“:

So erreiche ich in langsamer Fahrt das Schloss mit seinem treppenförmig angelegten Garten.

Nachdem die Pflicht-Sightseeing-Locations besucht waren, sollte es endlich schnell weitergehen, um Strecke zu machen… aber Potsdam ist größer als gedacht, und der offizielle Radweg (u.a. an der Havel und seinen ganzen Seen entlang) ist zwar einigermaßen schön, aber nur relativ langsam befahrbar, da manchmal schmal, am heutigen Sonntag voll mit Menschen oder vom Untergruund her nicht optimal. Zwar war Potsdam eigentlich ganz schön und hat mich auch schnell und gut mit Verpflegung versorgt, aber so langsam nervte es und ich wollte endlich raus aus der Stadt, denn über Land rollt es meist wesentlich besser und schneller. Viel fotografiert habe ich dann nicht mehr, weil die Havel ja doch meist ähnlich aussieht… aber das „Business Center Luftschiffhafen“ in Potsdam-West war dann doch ein Foto wert. Die Gebäude stehen z. T. auf Stelzen. Sieht irgendwie merkwürdig aus, aber interessant.

Ein Abschiedsfoto von der Havel habe ich dann aber doch noch gemacht, weil man hier sieht, wie viele Boots sonntags bei gutem Wetter unterwegs sind. Scheint hier einige Leute zu geben, die sich ein eigenes Boot leisten können.

Einige Zeit später hörte ich von hinten ein neues, noch unbekanntes, metallisches Klappern. – Oje, was ist DAS denn schon wieder? Ich habe gerade eh schon ein kleines Motivationsproblem und durch den späteren Start und die lange Fahrt durch Potsdam noch zu wenige Kilometer auf der Uhr. Da habe ich jetzt echt so gar keinen Bock auf neue Probleme! – Wie ich dann feststellte, hatte sich aber „nur“ eine Schraube am Rahmen, die das hintere Schutzblech hält, etwas gelockert. Puh. Die eigentlich Reparatur hat nur Sekunden gedauert. Schraube festziehen und fertig. Aber leider musste ich dazu den Anhänger etwas ausräumen, um ans passende Werkzeug (hier: Inbus-Schlüssel) zu kommen, und die Schraube saß auch noch so ungünstig, dass ich den Anhänger abkoppeln und die Gepäckträgertasche mit allem, was dranhängt, abnehmen musste. Nervig, aber letzlich halb so schlimm.

Die weitere Fahrt war über weite Strecken weder besonders ereignisreich noch fotogen. Daher kommen wir mal zu lustigen Ortsnamen. Da habe ich immer mal wieder welche gesehen, bei denen ich zumindest schmunzeln musste. – Zum Beispiel den Ort „Grund“, durch den ich irgendwann letzte Woche schon durchgefahren bin. Da muss man wohl hin, wenn man mal keinen Grund hat.

Dem Ort „Kanin“ spendiere ich ein „chen“. 😉

Tja, und so grundsätzlich gibt es natürlich Orte, die ihrem Namen alle Ehre machen. Wenn z. B. in einem Ortsnamen „Berg“ oder „Hohen“ vorkommt, kann man sehr sicher davon ausgehen, dass ordentliche Steigungen auf einen zukommen.

Und dann gibt es aber auch Ortsnamen, die versprechen mehr als sie halten… 😉 [Anm. Tina: Na gottseidank! :-D]

Um dann schnellstmöglich zu meinem heutigen Campingplatz zu kommen, der leider nicht an der vorgesehenen Strecke liegt, habe ich mir eine Route dorthin geplant, die auf der Karte auch ganz gut aussah, mich aber ein Stück über diese extrem sandige Wüstenpiste führte, so dass ich mich festgefahren habe. Die Räder hatten sich z. T. mehrere Zentimeter tief eingegraben. Ich musste zwar absteigen, konnte mein Gefährt dann aber zum Glück wieder selbst befreien… und danach habe ich mich sogar über die anschließende Schotterstrecke gefreut, denn da sank man immerhin nicht mehr im Sand ein. Bei sowas wird man sehr schnell genügsam. Etwas später konnte ich dann aber endlich wieder auf normale Teerstraßen wechseln und so ganz gut den Zeltplatz erreichen, wo ich einen Platz für mein Zelt, Strom, eine Dusche, ein kleines Abendessen (Bockwurst mit Brötchen) und gekühltes Radler bekommen habe; und meine Wäsche konnte ich sogar auch noch waschen. Die Wäsche hängt jetzt im Zelt. Über Nacht soll es allerdings regnen, so dass ich nicht sicher bin, ob die Wäsche morgen früh schon trocken ist. Erfahrungsgemäß eher nicht, aber mal sehen…

Ach ja, und ich habe gerade gesehen, dass ich schon ganz nah an Sachsen-Anhalt dran bin, welches dann das 8. Bundesland sein wird, dass ich durchfahre. Damit werde ich morgen früh schon in der Hälfte der deutschen Bundesländer gewesen sein. Schon mal nicht schlecht. Vor allem, wenn man bedenkt, dass ich mich ja in einem relativ schmalen Streifen in der Mitte Deutschlands bewege. Die nördlichen und südlichen Bundesländer sind damit auf dieser Tour natürlich unerreichbar, aber einige davon habe ich ja auch schon auf der Nord-Süd-Tour 2016 durchquert oder zumindest gestreift.

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Bericht – Sa, 04.06.2022

Auch, wenn ich heute Geburtstag habe, gibt es keine Schonzeit. Es muss ja weitergehen, und heute möchte ich auch bis nach Berlin kommen, was doch eine recht weite Strecke ist. Der anvisierte Campingplatz in Berlin-Kleinmachnow (schon kurz vor Potsdam) ist 128 km weit entfernt, und auf den Campingplatz kommt man nur bis 20 Uhr drauf. Also ist Beeilung angesagt. So bin ich dann auch einigermaßen früh losgekommen; immerhin schon um 9:23 Uhr. Obwohl das Zelt nur wenige Meter vom Wasser entfernt stand, war es heute morgen sehr trocken. Super! – Das Wetter ist auch optimal zum Radfahren, ca. 20 °C und bedeckt, aber trocken. Eigentlich optimal. Mit Sonne sieht die Welt (und damit auch die Fotos) zwar schöner aus, wenn die Sonne scheint, aber man kommt dann auch wesentlich stärker ins Schwitzen. – Im späteren Verlauf der Tour, ab Berlin, kam die Sonne dann aber doch noch raus. Pünktlich zum Sightseeing per Rad.

Aber auch vor Berlin gab es schon einiges zu sehen. Zum Beispiel diese „Amtsscheune“ – vermutlich so eine Art Rathaus – in Treplin.

Kurz dahinter die Kirche mit Storchennest. Wenn man genau hinschaut, sieht man auch, dass tatsächlich Störche drin sind.

In Fürstenwalde/Spree sah ich diese beiden interessanten Wohntürme. Der rechte könnte ein alter Wasserturm gewesen sein, der umgebaut wurde.

Richtiges Frühstück gab’s heute auch erst wieder nach über 30 km, hier in Fürstenwalde, aber da ich schon geahnt hatte, dass es vorher keinen Ort mit Bäcker gibt, habe ich morgens schon eine Kleinigkeit aus dem Fundus gegessen (Bifi Roll und ein paar Haribo-Teile). So habe ich ganz gut bis Fürstenwalde durchgehalten, war dann aber schon froh, als es endlich richtiges Frühstück (belegtes Brötchen vom Bäcker) gab.

Und in Erkner (noch in Brandenburg, aber kurz vor der Stadtgrenze zu Berlin) hat sich jemand eine kleine Burg bauen lassen.

Das erste große Ziel der heutigen Etappe war das Tesla-Werk in Grünheide. Da hinzukommen war allerdings gar nicht so einfach, denn die einzige Straße, die aus Richtung Osten ans Werk führt, war auf den letzten 2 km eigentlich für Räder gesperrt. Kein Radweg, keine vernünftige Alternativroute. Geht’s noch? Ich bin vorher schon viele viele Kilometer auf der Straße gefahren. Da sollte es an den letzten 2 Kilometern auch nicht scheitern. 😉 Zum Glück ist heute Samstag und insgesamt recht wenig Verkehr. Das wäre an einem Werktag möglicherweise problematischer gewesen.

Statt des mir aus diversen YouTube-Videos bekannten Hauptgebäudes der Fabrik, in dem bereits Tesla Model Y produziert werden, sah ich aber erst mal Baustellen von neuen Gebäuden. Vielleicht schon für die geplante Batterieproduktion?

Ein Stückchen weiter sah ich dann das große Hauptgebäude… allerdings – wie man sieht – ist auch um die in Betrieb befindliche Fabrik immer noch sehr viel Baustelle.

Der Haupteingang mit dem „Giga“-Logo. Tesla nennt die Fabrik ja „Giga Factory 4“ oder auch „Giga Berlin“, obwohl die Fabrik ja in Brandenburg steht.

Die Adresse des Werks: Tesla Straße 1.

Dann ging es weiter Richtung Berlin… und hier konnte ich dann doch endlich mal mit einer netten kleinen Fähre fahren (über die Spree)… allerdings fingen die auch wieder mit „Sie müssen aber absteigen und ihr Rad auf die Fähre schieben, falls sie keine Behinderung haben, die das verhindert“. Da ich schon fast drauf war und das Rad nur schlecht wieder zurückbugsiert bekommen hätte, habe ich mich diesmal gebeugt und das Rad mühsam auf die Fähre geschoben. Fahren wäre einfacher, schneller und bestimmt auch nicht gefährlicher gewesen, aber meinetwegen… – Am Häuschen der Kapitänin stand übrigens, dass man einen gültigen Fahrschein haben müsse und da war sogar auch ein Stempelautomat für Fahrkarten… aber als ich fragte, was sie denn für die Überfahrt bekommen würde, meinte sie „nichts“. Ok, prima. Danke. – Ich hatte eigentlich gedacht, dass ich auf der anderen Seite einfach wieder vorwärts rausfahren bzw. -schieben könnte, aber leider musste ich das Rad auf der Fähre umdrehen und über die gleiche Rampe, wie beim Betreten, wieder runter. Das war etwas mühsam, aber da es zum Glück kaum Fahrgäste gab, hatte ich zumindest einigermaßen Platz für die Aktion.

Blick aus der Fähre über die Spree:

Blick von der berühmten Oberbaumbrücke mit den roten Türmen. Hinten in der Mitte sieht man ein paar überdimensionale Metallfiguren, die in der Spree stehen und unter denen meine Tochter Julia schon bei der Klassenfahrt nach Berlin drunter durch gepaddelt ist. (Liebe Grüße!) – Da hätte ich auch Lust zu gehabt, aber keine Zeit.

Und dann bin ich auch schon an der East-Side-Gallery, hier einige kunstvoll bemalte Mauerreste. Dahinter schauen noch die Türme der Oberbaumbrücke hervor.

Vor einem der berühmtesten Bilder der East-Side-Gallery, einer Abbildung des Bruderkusses zwischen den Staatschefs der DDR (Erich Honecker) und der Sowjetunion (Leonid Breschnew) der 1979 anlässlich des 30-jährigen Bestehens der DDR stattfand, standen die meisten Leute.

Und noch ein Bild für Julia. – Ich glaube, das Hotel kennst Du, oder?

Ab jetzt ist immer mal wieder der Fernsehturm zu sehen…

… und plötzlich fahre ich fast direkt am Fernsehturm vorbei…

… was wiederum ganz nah am Roten Rathaus ist, das man aus den Nachrichten kennt. Das war mir nicht bekannt, dass das so nah zusammen liegt. – Woher auch. Ich war erst einmal für 2 Tage in Berlin und das war 1998, kurz vor Ende meines Studiums, auf einer Bewerbungsmesse. Außer dem Hotel, wo den ganzen Tag Vorträge und reihenweise Bewerbungsgespräche stattfanden, haben wir nicht viel gesehen. An einem Abend sind wir vom Hotel (Estrel in Ost-Berlin) mal schnell zum Brandenburger Tor und wieder zurück. Auch heute war’s Berlin in Zeitraffer, aber ich habe heute trotzdem mehr von Berlin gesehen als damals.

Hotel Adlon am Brandenburger Tor.

Brandenburger Tor von der Ostseite, wohin die Quadriga schaut; leider im Gegenlicht.

Und hier im schönen Sonnenlicht die Westseite mit meinen Rad.

Ach ja, ich war auch da! 😉

Auf der Straße des 17. Juni – direkt am Brandenburger Tor – standen diese fünf bunten Trabbis. Keine Ahnung, was die da machen, aber nett. DDR-Kult-Auto!

Dann ging es weiter zum Denkmal für die ermordeten Juden Europas. – Als es dort an einer Ecke mal etwas ruhiger war, hörte ich wieder das bekannte Speichenklacken. Vermutlich ist es nicht gerade erst passiert, sondern schon eine Weile vorher, aber in einer lauten Stadt, wie sie Berlin nun mal ist, habe ich es vermutlich vorher nicht gehört. Ich habe gleich 2 gebrochene, schwarze Speichen gefunden und ersetzt. Da war ich bereits knapp 99 km gefahren. Hat also heute recht lange gehalten… aber leider doch wieder zwei Speichen ausgetauscht, was der übliche Tagesschnitt ist.

Am Rand sind die Blöcke recht flach, aber in der Mitte sind die recht hoch, wie man hier sieht. Wow, echt eine massive Installation im Herzen Berlins.

Weiter geht’s zum Reichstag. Hier mit Rad:

Und nochmal von weiter weg, so dass man die Kuppel besser sieht. Und der allgegenwärtige Fernsehturm hat sich auch noch aufs Foto geschummelt.

Und weiter zum Bundeskanzleramt:

Näher; zwischen den Zaunstäben durchfotografiert:

Und das Kunstwerk in groß. Im Gegenlicht heute alles nicht so einfach. Das Bundeskanzleramt sollte man besser früh morgens fotografieren, um es ins beste Licht zu setzen.

Weiter geht’s die Straße des 17. Juni runter nach Westen… vorbei an der Siegessäule.

Und hier noch der Grunewaldturm. Schick!

Der heutige Campingplatz liegt in Berlin-Kleinmachnow am Teltowkanal. Der Campingplatz ist sehr schmal und sehr langgezogen. Von meinem Zelt (fast ganz am Ende des Platzes) bis zum Sanitärgebäude sind es gute 200 Meter… und von dort zur Rezeption und dem Biergarten nochmal genauso weit. Die Sanitäranlagen sind aber gut. Und im Biergarten gibt es nicht nur was zu Trinken, sondern auch was zu Essen, so dass ich mir zur Feier des Tages eine Bratwurst mit Kartoffelsalat gegönnt habe, statt selbst zu kochen. Einfach, aber sehr lecker, da die Wurst frisch gegrillt wurde.

Ach ja, 2016 hatte ich nur ein recht kurzes Verlängerungskabel mit, was oft sehr knapp war. Diesmal habe ich ein – leider recht schweres – 25 m Kabel mitgenommen. Bisher hätten 10 m (oft sogar weniger) immer gereicht, aber heute habe ich tatsächlich fast die ganzen 25 m abrollen müssen, denn der Platz ist aufgrund des langen Pfingstwochenendes sehr voll mit Wohnmobilen und Wohnwagen, und die Stromkästen stehen recht weit auseinander. Dafür hat sich das Mitschleppen endlich gelohnt!

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